MAFFAI

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Mit dem Zweiten hört man besser

Mit „Zen“ haben MAFFAI vor zwei Jahren ordentlich Staub aufgewirbelt. Ein schillernder Indiepop-Goldfisch im Karpfenteich der Turbostaaten und Marathonmänner. Vergangenes Jahr wollte das Quartett sein Debütalbum in allen Ecken der Republik vorstellen. Aber dann machte die Corona-Pandemie der Band einen Strich durch die Rechnung. Deshalb haben MAFFAI aus der Not eine Tugend gemacht und einfach ihr zweites Album aufgenommen. Und das klingt noch poppiger als der Vorgänger, erzählt Bassist Daniel Schmitt, der optisch wirkt wie ein verlorenes Bandmitglied von KORN.

Euer Debütalbum „Zen“ ist noch gar nicht so alt. Es ist im Oktober 2019 herausgekommen. Was ist seitdem passiert?

Wir haben eine kleine Tour zum Release gespielt. Im März und April 2020 hätten wir noch eine zweite Rutsche spielen sollen. Eigentlich hatten wir auch geplant, im Sommer eine Vinylsingle mit zwei Songs zu veröffentlichen und bei jeder Menge Festivals aufzutreten. Dann kam Corona. Wir haben die Pandemie aber ziemlich schnell als Chance betrachtet, weil wir wahrscheinlich nie so viel Zeit für ein neues Album gehabt hätten. Das ging bei uns relativ problemlos, weil wir uns gegenseitig Ideen per File zuschicken und unser Drummer Jan bastelt die Songs dann zu Hause zusammen. In dieser Zeit waren wir extrem kreativ, wir hatten etwa fünfzig konkrete Tracks beisammen, von denen haben es elf aufs Album geschafft. Inzwischen arbeiten wir schon wieder an neuem Material. Mittlerweile dürfen wir ja sogar wieder proben.

Heißt das, ohne Corona wäre das zweite Album nicht so schnell gekommen?
Auf jeden Fall. Ohne die Pandemie wäre es wohl auch ganz anders geworden. Es gibt zwar keinen konkreten Song über Lockdown oder Pandemie, aber es gibt Textstellen, die ich ohne meine Beobachtungen in dieser Zeit nie so geschrieben hätte. Ich versuche ja immer, in meinen Texten einen gewissen Interpretationsspielraum offen zu lassen, ein konkreter Corona-Song hätte mich nicht gekickt.

Warum textest du lieber abstrakt, als konkret Dinge zu benennen?
Ich mag einfach Metaphern, weil es dann nicht nur eine Wahrheit gibt und man die Texte auf unterschiedlichste Weise lesen kann. Allerdings wollte ich diesmal ein bisschen greifbarer und weniger kryptisch als bei den früheren Songs werden. Wie bei „Wölfe“, in dem es uns wichtig war, eine deutliche Haltung gegen die AfD zu beziehen. Deshalb gibt’s da auch mal „Fick dich“ oder „Wichser“ im Text, was ich sonst nicht verwenden würde. Das Thema Zeitlosigkeit spielt bei uns auch eine Rolle. Wenn ich zum Beispiel ein Lied zur EM schreiben würde, dann wäre der Song zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon wieder veraltet. Wir haben einfach den Anspruch, dass unsere Songs auch in fünf Jahren noch gut funktionieren.

Habt ihr inzwischen euer Publikum gefunden? Ihr kommt ja eigentlich aus der Punk- und Hardcore-Ecke, macht aber sehr poppige Tunes ...
Das kann man noch gar nicht sagen. Vielleicht ist der weibliche Anteil im Publikum höher als bei unseren anderen Bands. Durch Corona wurde uns auch ein großes Stück Entwicklungsmöglichkeit genommen. Es standen einige Festivals im Raum, die wir dann nicht wahrnehmen konnten. Da hätten wir sehr unterschiedliches Publikum erreicht. Uns fehlt damit quasi ein ganzes Jahr Konzerterfahrung. Wir sind eigentlich immer noch da, wo wir Ende 2019 standen. Wenn dieses Jahr der Konzertbetrieb wieder startet, kann ich die Frage vielleicht besser beantworten.

Euer Sound hat sich seit dem Debütalbum spürbar verändert. Die Songs sind noch poppiger geworden. Ihr verwendet mehr Synthies und weniger Gitarren. War das so geplant?
Das war wirklich Absicht. Wir wollten mehr Synthies in unseren Sound einbauen, es sollte tanzbarer werden. Jetzt haben wir natürlich auch ein paar richtig krasse Pop-Nummern wie „Down“ auf dem Album, die kurz vor dem Schlager rangieren, haha. Aber irgendwie stehen wir darauf, und wir haben uns gedacht, das trauen wir uns jetzt einfach. Das kann MAFFAI für uns eben auch sein. Uns ging es vor allem darum, am eigenen Trademark zu arbeiten und noch mehr Alleinstellungsmerkmale herauszukitzeln. Viele Bands können prima rocken, aber auf Synthies bauen nicht so viele. Früher wurden wir sehr oft mit TURBOSTAAT verglichen, das wird jetzt vermutlich nicht mehr so häufig kommen. Uns haben einfach diese Eighties-Vibes sehr begeistert.

Gibt es noch andere Bands, mit denen ihr sonst gerne verglichen werdet?
Die Vergleiche mit DRANGSAL lassen sich nicht von der Hand weisen. Das finden wir auch schmeichelhaft. Das ist im deutschsprachigen Raum der Künstler, bei dem der Vergleich mit uns auch am besten passt. Das sehe ich bei TURBOSTAAT nicht so, obwohl ich die sehr mag. Deshalb haben wir die Hoffnung, uns mit dem neuen Album von diesem Vergleich ein bisschen zu lösen. Aber ich kann die Verwendung dieser Referenzen schon nachvollziehen, ich bespreche ja in meinem Blog „Der Daniel ist cool“ auch Platten von anderen Künstlern. Das macht es einfacher zu erklären, wie eine Platte klingt.

Ihr habt ein ausgesprochen enges Verhältnis zu AKNE KID JOE, die in dieser Ox-Ausgabe Titelthema sind. Was verbindet euch mit ihnen?
Mit AKNE KID JOE verbindet uns wahnsinnig viel. Das Offensichtlichste ist, dass unser Sänger Mike und der neue AKJ-Drummer René Zwillingsbrüder sind. Wir teilen uns mit AKNE KID JOE in Nürnberg einen Proberaum, unser Drummer Jan ist verantwortlich für fast alle Videos von AKJ. Sarah war mal meine Chefin im Praktikum in einem Nürnberger Jugendzentrum. Damals gab es MAFFAI noch gar nicht und ich habe eine der ersten Shows von AKNE KID JOE gesehen. Mit Kidnap haben wir dasselbe Label und mit Audiolith dieselbe Booking-Agentur. Außerdem helfen sich Peter von AKJ und unser Drummer Jan gegenseitig bei der Albumproduktion, weil wir sehr ähnlich arbeiten. Da gibt es hinter den Kulissen viele Verbindungen und natürlich spielen wir auch immer wieder Konzerte zusammen. Mit dem Song „Tunnelblick“ haben wir sogar einen Song auf unserem Debütalbum, den wir gemeinsam mit Sarah und Matti geschrieben haben. Dazu ist auch ein Video im Stil einer „Wetten, dass ...“-Persiflage entstanden. Das ist eigentlich nicht unser Stil, aber in der Kollaboration mit AKNE KID JOE hat es einfach gepasst. Wir schätzen uns gegenseitig auf jeden Fall sehr.

Ihr stammt alle vier aus kleinen Dörfern in der Rhön oder dem Spessart und seid irgendwann nach Nürnberg gezogen. Inwiefern verbindet euch das?
Als ich 17 war, hatte ich mit Jan schon eine Band in dem Ort Premich, aus dem ich komme. Er kommt ja aus dem Nachbarort Stralsbach. In dieser Band hat damals auch Dominik Müller Gitarre gespielt, der sich aktuell um das Artwork von MAFFAI kümmert. Unsere Jugendband hieß INVISIBLE UMBRELLA, das war eine Screamo-Band mit der wir einige Shows im Immerhin in Würzburg gespielt haben. Jan ist dann nach Nürnberg gezogen und ich bin ihm später zum Studieren gefolgt. Dann kam irgendwann Simon, der eigentlich in einer Band namens GODZILLA WAS A FRIEND OF MINE aus Hammelburg spielt. Bei denen habe ich auch schon mal am Bass ausgeholfen. Jan hat dann über mich Mike kennen gelernt, mit dem ich gemeinsam bei der Stoner-Band CANNAHANN bin. Mike kommt ja auch aus der Rhön, aus Hohenroth. Wir kannten uns also alle schon von vorherigen Bands in der unterfränkischen Provinz.

Gibt’s diese anderen Bands noch oder seid ihr noch woanders aktiv?
Bei CANNAHANN geht gerade gar nichts. Wir befinden uns aktuell in einer Art Langzeitwinterschlaf. Keine Ahnung, ob da noch mal was passiert. Das liegt aber nicht an MAFFAI, sondern daran, dass zwei Bandmitglieder Väter geworden sind. Meine andere Band PAULINCHEN BRENNT, die eher experimentell angelegt ist, gibt es noch. Allerdings hat uns Corona voll ausgebremst. Unser Drummer wohnt in Leipzig und wir arbeiten ganz anders als MAFFAI. Wir entwickeln die Songs im Proberaum. Eigentlich hatten wir schon einen Studiotermin gebucht, den mussten wir aber canceln. Da gibt es jede Menge neue Songs, aber es wird wohl noch dauern, bis die herauskommen. Vermutlich werden wir erst Ende des Jahres weitermachen. Dann gibt es noch SOMEWHERE UNDERWATER, die Band, in der Jan unter anderem mit Florian von HEIM aus Bamberg zusammenspielt, die es ja leider nicht mehr gibt.

Habt ihr Pläne mit MAFFAI für den Rest des Jahres?
Für den Sommer haben wir eine Handvoll Shows geplant. Abgesehen davon warten wir ab, wie sich der Herbst entwickelt, ob man da Konzerte spielen kann. Und nächstes Jahr im Frühjahr soll es dann auf jeden Fall eine ordentliche Tour geben.