LO FAT ORCHESTRA

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Nie wieder Schubladen

"Canned Candies" heißt das Debüt des Schaffhauser Trios. Angetrieben von Chrisi-man am Tasteninstrument sind darauf zehn trashige Süßigkeiten zum Tanzen. "Trailer girl", "Esta noche" und "Sweet soul music" funktionieren auf dem sonnigen Festival genauso wie im dunklen Club, denn Tanzen ist überall erlaubt. Für mich war "Canned Candies" das Debüt des Jahres (2007) und ist seither kaum noch von meinem Plattenteller runter zu bekommen.



Erzählt mal eure Geschichte, alle Tiefen und Höhen in Kürze, für all die verlorenen Seelen, die euch noch nicht kennen.

Chrisi-man: Gegründet im Urlaub in Detroit im Mai 2005 ...

Stan: ... was dazu führte, dass einige ambitionierte Online-Journalisten daraus den Schluss zogen, dass wir auch daher kommen. Höhen und Tiefen kommen und gehen.

Dan: Stan und ich sind 2004 in die Schweiz gezogen.

Stan: Ja genau, da traf ich dann Chrisi wieder, den ich früher schon kannte, und er hatte sehr geile Lieder für sich selbst aufgenommen, die wir zusammen vertonen wollten. Glück war natürlich, dass wir dann auch einen Drummer mit Klasse wie Dan hatten, und so beschlossen wir, erst mal zusammen die alten Lieder von Chrisi neu aufzunehmen und merkten bald, dass da geile Sachen bei rauskommen. Dann rief uns Chrisi an und sagte, wir sollten als Vorband von MEMBERS OF STAFF auftreten, das haben wir dann auch ohne Vorbereitung gemacht, ein paar Wochen später waren wir in die USA und haben beschlossen, die Band definitiv zu gründen.

Ich war ja überrascht zu lesen, dass straighte Rockbands wie die BEATLES, DINOSAUR JR und die LEMONHEADS zu euren Lieblingsbands zählen. Ich hätte da eher an THE MAKE-UP, James Brown und so getippt.

Chrisi-man: Ich habe fast alle MAKE-UP-Platten.

Dan: Und veranstaltet hat er sie auch schon! Das mit den LEMONHEADS und DINOSAUR JR ist wohl eher auf meinem Mist gewachsen. Aber THE MAKE-UP zählen auch zu meinen Favoriten. James Brown muss nicht unbedingt sein, und auf die BEATLES können wir uns sowieso alle einigen!

Stan: Schön, dass du Lieblingsbands und nicht Einflüsse sagst. Wir sind drei Individuen und haben daher auch individuelle Vorlieben. DINOSAUR JR und BEATLES finde ich auch essentiell wichtig: LEMONHEADS-Scheiben habe ich nicht, aber die sind auch gut. Wenn du THE MAKE-UP erwähnst, super, alles, was diese Menschen gemacht haben, von Nation Of Ulysses bis hin zu Weird WaR, ist sehr, sehr geil. Bei mir findest du im Plattenregal eher andere Bands in der ersten Reihe, als du erwähnt hast, aber darum geht es ja auch nicht. Ich denke, dass das LO FAT ORCHESTRA nicht im Zwang ist, so klingen zu wollen wie die Bands, die die einzelnen Mitglieder gut finden. Unser Klang passiert einfach zwischen uns drei, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, nach was es jetzt klingt.

Eines eurer Lieder hat dem neuen Freiburger Label Milk & Chocolate den Namen gegeben. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Chris/THE SEDUCERS?

Dan: Ich kenne Chris schon einige Jahre. Er spielte wohl schon länger mit dem Gedanken, ein Label zu gründen. Als er uns dann bei einem Konzert in Freiburg sah, war er wohl ziemlich begeistert und fragte an, ob wir bei ihm die erste Platte machen wollen. Anschließend ging alles recht schnell. Mittlerweile hat Chris zwei weitere Releases veröffentlicht: Eine 7" der GIRLS aus Seattle und eine 7" von BEAT BEAT aus Österreich. Beide sehr lecker! Seit April wohnt Chris mit Label und Freundin übrigens in München.

Live habt ihr anscheinend gar keine Berührungsängste: neben einem Cover von Springsteens "I'm on fire" stehen vor allem Soul, aber auch Dance-Rhythmen. Wie soll man euch denn so in eine Schublade stecken, bitte?!

Chrisi-man: Toll! Keine Schubladen, das ist das LO FAT ORCHESTRA! Oder wie war das noch, Dani: Minimalkrautrock? Musikalische Freiheit ist sehr wichtig, sonst steckt man uns doch noch in eine Schublade.

Stan: Ich hab seit meiner Schreinerlehre mit Schubladen nichts mehr am Hut, aber beim Bier neulich fand ich Minimalkrautrock irgendwie geil.

Dan: "I'm on fire" haben wir im April noch auf die Schnelle für ein Coverfestival in Bern gemacht. Der Song ist seitdem irgendwie ins Programm gerutscht. "Turbo lover" von JUDAS PRIEST hat diesen einen Abend leider - oder zum Glück - nicht überlebt.

Beim ersten Gig, den ich sah, standen die Songs noch stark nebeneinander, beim dritten Gig scheint mir alles homogener, auch wenn die unterschiedlichen Einflüsse immer noch deutlich sind. Kristallisiert sich langsam eigener Sound heraus?

Chrisi-man: Der Sound ist das eine: Beat, Fuzz, Farfisa, Casio! Kristallklar! Der Song das andere ... wir wollen gute Songs schreiben.

Stan: Ich denke, wir waren uns über unseren Sound eigentlich schon immer einig und eigentlich haben wir auch nicht viel dran verändert, eventuell werden einfach das Songwriting und die Performance besser, keine Ahnung.

Was geht in der Schweiz? Den Beat-Man und Voodoo Rhythm kennen mittlerweile vermutlich alle, aber wie steht es mit Auftrittsmöglichkeiten etc.?

Chrisi-man: Wir fassen langsam Fuß, aber spielen immer noch mehr Konzerte im Ausland.

Ihr spielt ziemlich tanzbare Musik, was geht bei euren Konzerten so ab?

Chrisi-man: Sie tanzen, sie schauen uns gerne zu, sie trinken, rauchen und lachen. Mir gefällt es, wenn wir aufheitern.

Dan: Manchmal finden sie uns auch kacke, zum Glück aber eher selten.

Chris, du bist als DJ Lo Fat auf Radio Rasa, einem Schaffhauser Sender. Ist das ein unabhängiger Sender? Was für Musik legst du auf und wann?

Chrisi-man: Meine Sendung heißt "Pop-Pandemie". Ich lege auf, was mir gefällt: Neuheiten, unbekannte Sounds, alte Perlen, whatever ... Jeden Samstag zwölf Uhr, meistens bin ich zu der Zeit noch nicht sehr fit, die Sendungen sind meistens sehr low. Check out rasa.ch.

Und Stan spielt auch noch beim Trash-Duo MARVIN FIREWALL & BUDDY BRESLAUER. Gibt es da nicht Terminschwierigkeiten? Welche anderen Bands habt ihr drei noch am Start?

Stan: Ja klar, Terminschwierigkeiten gibt es immer, vor allem gehen Marvin Firewall und ich ja auch noch geregelten Vollzeitarbeiten nach, und Marvin wird demnächst zum zweiten Mal Vater, von daher ist die Zeit etwas knapp. Nichtsdestotrotz gibt es FIREWALL/BRESLAUER jetzt seit neun Jahren, dieses Jahr wird eine neue LP bei Rhythm Island Records erscheinen, es geht also immer weiter, auch wenn das Duo eher selten live auftritt.

Und noch je drei Worte zu drei eidgenössischen Kultbands: YELLO, KROKUS und den YOUNG GODS.

Chrisi-man: YELLO: Mag ich nicht. KROKUS: DJ Bobo ist besser. YOUNG GODS: Kenn' ich nicht.

Stan: YELLO: Feinschmecker, Restaurantbesitzer, reich. KROKUS: Was, wo, wie? YOUNG GODS: Sehr, sehr geil.

Dan: YELLO: Sind, glaub' ich, Schweizer. KROKUS: Chris von Bohlen. YOUNG GODS: Was für Stan!