Hamburg hat eine One-Man-Band. Na ja, vielleicht auch noch die eine oder andere mehr. Aber mit HORST WITH NO NAME steht diesem Genre in der Hansestadt nun ein neues Flaggschiff vor. Mit Gitarre, Mikrofon und Drum-Machine bewaffnet, steht HORST WITH NO NAME ganz in der Tradition von Künstlern wie BOB LOG III und macht auch keinen Hehl aus seiner Verehrung für eben solche Ein-Mann-Wunder. Soeben ist mit „Boogie Machine“ sein Debütalbum bei Part Records erschienen – kurz nach seinem Ausstieg bei seiner bisherigen Band HELLDRIVER. Genügend Gesprächsstoff also für ein Interview, das wir im Hamburger Schanzenviertel führten.
Warum eine One-Man-Band?
Den Gedanken, eine One-Man-Band ins Leben zu rufen, hatte ich schon ganz lange. Als ich zum ersten Mal im Alter von 16 Jahren Hasil Adkins gehört hatte, wusste ich, so was ist extrem crazy. Mitte der Neunziger Jahre bekam ich dann eine Platte von BOB LOG III in die Finger und sagte mir, dass muss ich auch mal machen. Nicht zuletzt, weil ich mich wieder an Hasil Adkins erinnert fühlte. Daraufhin habe ich über einige Jahre hinweg BOB LOG III und diverse andere One-Man-Bands verfolgt, bis ich vor rund vier Jahren beschloss, so etwas nun endlich auch mal selber zu machen. Zumal ich bereits viel Garagen-Rock’n’Roll mit Bands spielte und dachte, das Ganze – Schlagzeug, Gitarre, Gesang – kann ich auch alleine. Bei meiner Hauptband HELLDRIVER wurde es immer sauberer und mir damit auch langweiliger. Ich wollte es rotziger ... Mein Equipment habe ich mir dann während der Fußball-EM 2008 im Internet ersteigert. Die Schlagzeugteile habe ich danach ausgewählt, dass die Auktion immer endete, wenn gerade Deutschland spielte. So habe ich für meine gesamte Rhythmusmaschine weniger als 100 Euro bezahlt.
Die musikalische Umsetzung, also zum Gesang und dem Gitarrenspiel nun auch noch mit den Füßen Schlagzeug zu spielen, stellte kein Problem für dich dar?
In meiner Jugend habe ich mal in einer Band Schlagzeug gespielt und da gelernt, wie man lange eine Basedrum treten kann, ohne dass einem der Fuß wehtut. Das kam mir zugute. Ich habe dann das Ganze zu Hause ausprobiert und es klappte. Mit den Nachbarn dann zwar nicht mehr so gut, aber das musste ich in Kauf nehmen.
Aber woher rührt die Faszination, ganz alleine im Proberaum zu sitzen und alle Instrumente selber zu spielen, so ganz ohne Mitmusiker?
Die Faszination liegt für mich darin, alles – sowohl die Musik als auch die Instrumentierung – herunterzubrechen. Bei HELLDRIVER war alles sehr durcharrangiert und melodiös und der ganze Trash-Faktor ging immer mehr verloren. Aber genau das war die Musik, die ich seit Jahr und Tag höre. So wollte ich das Ganze mal maximal reduzieren und schauen, was dabei herauskommt.
Muss man nicht schon misanthropische Züge oder zumindest den Hang zum Einzelgängertum haben, um sich immer wieder ganz alleine in einen Proberaum zurückzuziehen?
Ich habe ja im Grunde genommen erst fünf Mal wirklich ganz alleine in einem Proberaum geübt. Der Rest wächst so zusammen. Darüber hinaus habe ich es als sehr großen Vorteil zu schätzen gelernt, alleine unterwegs zu sein. Ich bin für all mein Tun und Handeln vor und hinter der Bühne selber verantwortlich und muss auf niemanden Rücksicht nehmen oder mich auf andere verlassen. Ich kann spontan das Programm verändern und auf die Stimmung im Publikum reagieren. Das ist mit einer mehrköpfigen Band viel schwieriger. Es ist ein großes Privileg, in einen Club zu kommen und zu sagen, man sei die Band. Bei den ersten Auftritten war ich natürlich sehr nervös, vor allem als ich für drei Shows nach Frankreich eingeladen wurde. Aber dann merkte ich, es ist scheißegal. Die Leute kriegen das, was sie sehen, bei mir auch zu hören. Der Nachteil ist dagegen, dass man immer sehr viel schleppen, auf- und abbauen muss. Und lange Fahrten sind auch manchmal etwas langweiliger, wobei ich, um dem vorzubeugen, meistens einen Stargast zu den Konzerten mitnehme. Häufig ist das Winchester, der ja auch meine Platte produziert hat. Misanthrop muss man wirklich nicht sein, da man alleine viel mehr Leute kennen lernt, als wenn man in einer Gruppe unterwegs ist.
Wie erklärst du dir, dass das Phänomen One-Man-Band in den letzten Jahren immer populärer geworden ist?
Das hängt sicher mit dem Internet und den Social Networks zusammen. Die Leute, die so was machen, gibt es ja in der Regel schon länger. Aber nun finden sie viel leichter Gehör und Verbreitung. Und durch die technische Entwicklung, Musik viel einfacher auch am Computer machen zu können, tauchen da auch immer mehr One-Man-Bands auf. Das hat dann aber mit dem, was ich mache, nicht viel gemein.
Aber musikalisch ist man natürlich stark limitiert ...
Das finde ich gerade gut. Ich habe zum Bespiel gerade ein neues Lied geschrieben. Das heißt „Rockabilly Baby“ und hat nur zwei Akkorde. Es geht mir also wirklich viel um das Herunterbrechen. Im Grunde kann man da auch Parallelen zur Idee ziehen, die hinter den RAMONES steckte.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #105 Dezember 2012/Januar 2013 und Lars "Abel" Gebhardt
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