Mit "Endnote" haben die Bostoner 2002 in Sachen Newschool-Hardcore ein Album vorgelegt, das seinesgleichen sucht. Ein brachialer, groovender Sound, der seine Aggressivität vor allem in der Kombination aus enorm treibendem Gitarrensound und leidenschaftlichem Verzweiflungsgeschrei von Frontmann Kevin Baker entfaltet - der Durchschlagskraft von SNAPCASE nicht unähnlich. Vier Jahre sind seither vergangen und die Band ist seitdem durch die halbe Welt getourt. Mit "Death Knows Your Name" ist man wieder zum Heimatlabel Deathwish und damit auch zum befreundeten Produzenten Kurt Ballou (CONVERGE) zurückgekehrt, der auch schon 1999 das Debüt "Cold Blue" produziert hat. Hatten HOPE CONSPIRACY mit "Endnote" und einem Auftritt 2003 auf dem hiesigen Pressure-Festival schon mein Herz im Sturm erobert, lässt mich das neue Werk nun seit Wochen nicht mehr los. Da die Band in nächster Zeit nicht nach Europa kommt, beantwortete mir Jonas Feinberg (Bass) einige Fragen am Telefon. Die Band in der jetzigen Besetzung besteht aus Kevin Baker - Vocals, Jared Shavelson - Drums, Neeraj Kane - Gitarre, Tim Gossar - Gitarre und Jonas Feinberg - Bass.
Ich habe gelesen, dass ihr vor eurem ersten Konzert 1999 noch im Tourbus die Cover für eure Demo-Kassetten falten musstet, um den Leuten überhaupt nach der Show eine Hörprobe bieten zu können. Was hat sich denn letzten Jahren für euch am meisten verändert? Ich denke, in den USA haben sich HOPE CONSPIRACY inzwischen einen Namen gemacht oder?
Schwer zu sagen, ob wir in den USA inzwischen wirklich so bekannt sind. Das mit der Cover-Aktion im Bus ist ja jetzt sieben Jahre her und inzwischen waren wir insbesondere bis 2004, nach "Endnote", verdammt viel auf Tour. Inzwischen hat sich meiner Ansicht nach die Hardcore- beziehungsweise die Band-Szene generell ganz stark verändert, besonders was das Level angeht, auf dem Bands heute arbeiten. Im Gegensatz zu 2003 ist heute fast jede Band eine "Full-Time-Touring-Band". Als wir 1999/2000 angefangen haben, waren wir eigentlich die ganze Zeit nur unterwegs. Wir haben zum Beispiel in großen Städten wie Atlanta, Cleveland oder Philadelphia dreimal im Jahr gespielt. Wenn du damit aufhörst, möglichst oft die großen Städte abzutouren, denken viele Leute inzwischen schnell, dass sich deine Band aufgelöst hat. Wir haben das also ähnlich wie Bands wie KILL YOUR IDOLS, BURIED ALIVE oder INDECISION gemacht, die eigentlich auch die ganze Zeit auf Tour waren. Was aber unseren Bekanntheitsgrad trotz alledem angeht, kann ich nur schwer beurteilen.
Habt ihr für die neue Platte deshalb so lange gebraucht, weil ihr die ganze Zeit getourt seid?
So ähnlich kann man das sehen, aber in die Platte selbst haben wir nicht wirklich viel Zeit investiert. Insgesamt haben wir alles innerhalb von 30 Tagen fertig gehabt. Das Ding war nur, dass wir uns, bevor wir ins Studio gehen, ausreichend proben wollten. Das ging aber nur ungefähr zehn Mal für jeweils drei Tage alle drei Monate. Dadurch hat sich das alles etwas hingezogen. Den Rest der Zeit, bevor wir uns entschieden hatten, überhaupt eine neue Platte zu machen, haben wir fast ausschließlich mit Touren verbracht und sind weit rumgekommen - Puerto Rico, Japan, Europa, Australien.
Warum kam es denn eigentlich zu dem Labelwechsel von Equal Vision zu Deathwish. Ist der Wechsel auf eure Freundschaft zu den Labelmachern Kurt Ballou und Jakob Bannon - auch CONVERGE - zurückzuführen, oder hatte der Wechsel noch andere Gründe?
Na ja, Kurt Ballou hat ja mit Deathwish an sich nichts zu tun. Er hat sein Godcity-Studio, wo er Bands von Deathwish wie unter anderem CONVERGE produziert. Jakob Bannon und Tre Mc Carthy sind die Labelmacher bei Deathwish und sie sind, wie du sagtest, Freunde von uns, die uns von Anfang an nicht nur als Band auf dem musikalischem, sondern auch auf privatem Wege unterstützt haben. Der andere Punkt ist, dass Equal Vision die neue Platte zwar auch machen wollte, aber wir als Band keine Lust hatten, wieder so viel zu touren wie bisher. Das war aber eine ihrer Bedingungen und so kam es, dass wir uns bei "Death Knows Your Name" lieber für die Deathwish-Option entschieden haben. Hier sind, wie du richtig vermutet hast, unsere Freunde und für uns ist das, wie auch die Zusammenarbeit mit Kurt Ballou, eine Art Rückkehr zu den Wurzeln.
Immer wenn ich eure Platten höre, muss ich häufig an den stellenweise wirren aber moshigen Gitarrensound von CONVERGE denken. Wie würdest du den Einfluss von Kurt auf euren Sound beschreiben?
Ich denke, Kurt hat einen sehr großen Einfluss auf unsere Musik, da er uns seit den Anfangstagen als Freund und Produzent begleitet hat. 75 Prozent von dem, was HOPE CONSPIRACY bisher aufgenommen haben, sind auf ihn zurückzuführen. Wir haben mit ihm das erste Demo aufgenommen und die erste Platte gemacht. Danach folgten noch einige 7"s beziehungsweise EPs. Bei den Songs für das neue Album war es ähnlich. Kurt kam gerade bei mir zu Hause im Proberaum vorbei und wir spielten ihm die ersten Aufnahmen vor. Er fragte uns, ob wir Lust hätten, damit ins Studio zu gehen, und wir sagten sofort ja. Wir respektieren uns gegenseitig als Freunde und Arbeitskollegen und seine Meinung ist uns in musikalischen Dingen sehr wichtig - auch wenn er sagt, dass ihm dieser oder jener Song nicht gefällt und wir anderer Meinung sind. Wir kommen mit ihm einfach wunderbar aus. Auch sein Studio ist für uns als Band wie eine Art Basis geworden, wo sich Arbeit und Freundschaft verbinden lassen. Gerade bei den Aufnahmen zum neuen Album war das ideal, da wir mit diesem Album zu unseren Wurzeln zurückkehren und die Leute involvieren wollten, die für uns zur Familie gehören.
Meinem Empfinden nach sind eure neuen Sachen irgendwie mehr "Rock'n'Roll" - ich meine, sie sind griffiger und rocken mehr. Dennoch schließt es für mich aber in jedem Fall an den Sound von "Endnote" an. Wie würdest du eure Entwicklung bis "Death Knows Your Name" beschreiben?
Ich würde die neue Platte auch eher im Kontext von "Endnote" als unserem ersten Album "Cold Blue" sehen. Was unsere Entwicklung angeht, so würde ich sagen, dass "Cold Blue" sich wie eine typische erste Platte einer Band anhört, "Endnote" zeigt dann eine Band, die weiß was sie macht - wir haben hier unseren Sound entdeckt. "Death Knows Your Name" ist für mich dahingehend eine Weiterentwicklung, da dieses Album die Band, exakt so repräsentiert, wie sie sein will. Hier zeigen wir, dass wir unseren Sound wirklich gefunden und vor allem perfektioniert haben. Was die bessere Hörbarkeit der Songs angeht, so kann ich nur sagen, dass wir nicht vorhatten, radiokompatible Songs machen, doch sollten die Sachen natürlich besser werden, gut hörbar und komponiert sein, so dass die Leute es mögen. Gleichzeitig versuchen wir aber auch nicht zu eingängig zu werden.
Die Lyrics schreibt ja euer Sänger Kevin Baker. Einer meiner Hits ist "Animal farm" - dem Text zu urteilen geht es dabei nicht um einen Roman von George Orwell, sondern eher um die Rache der Tiere für menschliches Fehlverhalten ihnen gegenüber. Liege ich da richtig? Generell scheinen die neuen Songs viel mehr direkte Gesellschaftskritik zu enthalten. Ich denke da an "So few pigs, so many bullets" oder "Hang your cross".
Ja, verglichen mit den Songs zuvor spricht diese Platte definitiv eine klarere Sprache bezüglich der Kritik an der Gesellschaft, Parteien und so weiter. "Endnote" hatte mehr den persönlichen, mehr gefühlten Wahnsinn und die eigenen Frustration zum Thema. Die neuen Songs sollen hingegen mehr unser Bild der jetzigen Gesellschaft wiedergeben - und deren Zustand verschlechtert sich einfach nur noch. Was insbesondere "Animal farm" angeht, liegst du völlig falsch. Es geht in dem Song, so wie ich es interpretiere, um jeden, der in einer Gesellschaft lebt und hart für die Sache arbeitet, an die er glaubt und der von denen, die meinen, die Macht zu haben, ausgebeutet wird. Die Tiermetapher kann in diesem Kontext so interpretiert werden, dass es Menschen gibt, die sich in ihren Positionen wie blutrünstige Tiere verhalten, die Arbeit anderer für selbstverständlich halten und denken, ihr Verhalten hätte keinerlei Konsequenzen.
Euer Coverartwork der neuen CD ist ja von dem genialen Künstler und Grafikdesigner Aaron Horkey. Wie kam denn der Kontakt zustande?
Jakob Bannon hat ja, was dann angeht, auch eine Menge drauf ...
Na ja, stimmt, aber wir wollten für dieses Album ein ganz neues Coverartwork haben. Etwas Plakatives, ähnlich wie das Cover einer MOTÖRHEAD-Platte mit einem "Warpig" als Cover oder so wie das "Uprising"-Cover von ENTOMBED. Der Kontakt zu Aaron Horkey hat Jake organisiert, weil er ihn kennt und er glücklicherweise auch noch unsere Musik mag. Wir sind auf jeden Fall begeistert von seiner Arbeit.
Wie denkst du über die Hardcore-Szene heute generell? Ich habe den Eindruck, dass viele Kids, die heute in Kontakt mit Hardcore kommen, gar nicht mehr wirklich an der Sache an sich interessiert sind. Sie lieben Bands wie HATEBREED oder UNEARTH, wollen sich aber weder mit der Szene und ihrem Gedankengut, geschweige denn mit ihren Punk-Wurzeln auseinander setzen.
Ich mache mir über die Hardcore-Szene von heute überhaupt keine Gedanken, da die heutige Situation keine Auswirkungen auf mich hat. Das heißt nicht, dass ich jetzt zu Hause sitze und denke: "Scheiß auf Hardcore!", aber wenn ich heute zu einer Show gehe, fühle ich mich einfach nicht mehr so dazugehörig, da das ganze Ding nicht mehr Teil meines Lebens ist. Die Hardcore-Szene und alles, was sie ausmacht, hat mich definitiv geprägt und war ganz lange ein wichtiger Teil meines Lebens, den ich niemals missen möchte. Heute ist ein großer Teil der Szene stark vom Metal beeinflusst und das hat nichts mit Hardcore an sich zu tun. Wenn heute jemand Bands wie HATEBREED oder UNEARTH abfeiert oder aufgrund dessen selbst eine ähnliche Band gründet, tut er das nicht, weil es mit Hardcore zu tun hat, sondern weil er einfach auf harte Musik steht. Für jemanden, der Moshparts liebt, ist es egal, welche musikalischen Wurzeln das hat oder welchen politischen Background die eine oder andere Band mitbringt - also ob sie sich jetzt speziell für Tierschutz einsetzt oder irgendwelche "Food not bombs"- Pamphlete in ihren Texten verarbeitet.
Wann dürfen wir euch in Deutschland wieder live erleben? Wie wäre es denn mit einer Tour zusammen mit CONVERGE?
Klar, gerne. Haha ... ja, wenn das alles so einfach wäre. Wir planen einige Shows für Deutschland und Holland, aber wir haben noch überhaupt keinen aktuellen Zeitplan. Jetzt steht erst mal unsere US-Tour an und dabei grasen wir erst die Ost- und dann die ganze Westküste ab. Aber hey, wir kommen gerne und ich würde mich freuen, wenn das klappt.
Okay, dann hoffentlich bis bald und Danke für das Interview.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #70 Februar/März 2007 und Carsten Hanke
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #41 Dezember 2000/Januar/Februar 2001 und Dominik Winter
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #69 Dezember 2006/Januar 2007 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #49 Dezember 2002/Januar/Februar 2003 und Fabian Dünkelmann
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #47 Juni/Juli/August 2002 und Dominik Winter