GOLDUST

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We Are All Guilty

GOLDUST aus Münster sind eine Hardcore-Band, die musikalisch zwischen den Stühlen sitzt. „Axis“ ist soeben erschienen und wird mit positiven Reviews überhäuft, die neue 7“ „Noir“ erscheint Anfang 2009 über Apil, Breakout und My Fist Your Face Records. Grund genug, mich mit Chris und Lars zusammenzusetzen, um mehr über die Band zu erfahren.

Ihr habt ja als sXe-Band angefangen. Wie schwer fällt es einem denn, seine „edge zu droppen“, wenn man in einer solchen Band spielt?


Lars: Zu Anfang der Band war Straight Edge der gemeinsame Nenner. Nach einiger Zeit hat es in den Texten aber keine Rolle mehr gespielt, so dass der Schritt zweier Mitglieder, nicht mehr „edge“ zu sein, keine Bedeutung für die Band hatte.

Also GOLDUST haben sich verändert. In manchen Reviews werdet ihr als Nachfolger von INTEGRITY bezeichnet.

Lars: Was ich für Bullshit halte. Für mich gibt es keine größere Band als INTEGRITY, deswegen ehrt mich das natürlich, aber es offenbart auch typisches Schubladendenken.

Chris: Ich sehe uns einfach nur als Hardcore-Band. Vergleiche können einen ehren, oder eben nicht. Wir versuchen nicht, wie INTEGRITY zu klingen, wir sind einfach eine Hardcore-Band, nichts weiter.

Was ist denn Hardcore für euch?

Chris: Für mich ist das kein musikalisches Merkmal. Für mich ist das eine Einstellungssache, der D.I.Y.-Gedanke ist das, was Hardcore für mich ausmacht. Musikalisch klingen wir immer anders. Auch die neuen Songs, die wir jetzt schreiben, klingen wieder anders.

Ihr schreibt schon wieder an neuen Songs?

Chris: Wir schreiben eigentlich immer an Songs. Wir können wegen Arbeit und Studium nur selten touren, also schreiben wir lieber Songs. Wenn wir müssten, könnten wir jede Woche einen neuen Song fertig haben.

Bedient ihr mit den ganzen unterschiedlichen Pressungen eurer Platten und dergleichen eventuell auch eure eigenen Interessen?

Chris: Von uns ist keiner ein Sammel-Nerd.

Lars: Na ja, es ist immer die Frage: Wie viele Cover, wie viele Farben machen wir? Bei „Axis“ wollten wir es ziemlich simpel halten. Worüber ich mir heute Gedanken gemacht habe, ist, dass man nur mit Spritgeld eine Band nicht am Laufen halten kann. Aber das ist für uns jetzt kein Grund, einen Merch-Krieg aufzufahren.

Ist euch denn das schon mal vorgeworfen worden?

Lars: Uns sind schon viele Sachen vorgeworfen worden, aber das noch nicht.

Was ist denn euer Lieblingsvorwurf?

Chris: Einer der neueren ist die Meinung, wir würden gewissen Dingen hinterherlaufen, wir würden nicht wirklich „real“ sein, was auch immer das bedeuten mag. Aber seien wir ehrlich, Hardcore lebt auch immer ein bisschen vom Gossip.

Lars: Eine Band kann ein Produkt sein, das du gestalten kannst, aber das war nie unser Interesse. Der Gossip jedenfalls ist von alleine entstanden. Aber wenn man uns öffentlich als Antisemiten bezeichnet, dann wird da eine Grenze überschritten.

Als ich mich mit euren Sachen beschäftigt habe, ist mir aufgefallen, dass ihr mittelalterliche Bilder verwendet, viel christliche Metaphorik. Dieses Schuld-Sühne-Ding eben, das man ja auch ohne kirchlichen Background versteht, und beim „Axis“-Album steht vorne drin: „We are guilty“. Warum?

Lars: GOLDUST sind weder christlich noch politisch. Was die Lyrics angeht: das sind Dinge, mit denen ich zu tun hatte. Ich bin mit einem christlichen Hintergrund erzogen worden und ich habe entdeckt, dass ich das, was ich sagen will, dadurch besser verpacken kann. „We are guilty“ ist in gewisser Weise Ausdruck einer Weltanschauung.

Chris: Da haben auch alle in der Band zugestimmt. Für mich geht davon eine ungemeine Faszination aus, auch auf rein künstlerischer oder ästhetischer Ebene. Wie mit Schuld und Sühne im Mittelalter umgegangen wurde, wie das auch von kirchlicher Seite missbraucht worden ist, aber auch der Glaube der Menschen an sich, ohne jedes Hinterfragen.

Und warum sind wir jetzt alle schuldig?

Lars: Ich denke, dass jede Handlung, unseren Mitmenschen oder uns selbst gegenüber, mit Schuld belastet ist.

Chris: Sämtliche Probleme, die der Mensch in der Moderne hat, werden von ihm gemacht. Die Menschheit, die permanent an der Katastrophe vorbei schrammt – dieser Zustand ist nichts Naturgegebenes.

Ich habe das Gefühl, dass es bei euch ein Spiel mit Zitaten ist. Zum Beispiel das JOY DIVISION-Rip-off oder Zitate von CONVERGE oder auch TEXAS IS THE REASON.

Lars: Du verwertest halt das, was andere gemacht haben, für dich selbst. Du nimmst ein Zitat und setzt es in einen anderen Kontext, vielleicht auch in denselben Kontext, nur auf eine andere Situation bezogen, so dass du als Leser oder Hörer eine andere Konnotation entwickelst. Wenn ich sage: „Do you know who you are?“, dann ist das TEXAS IS THE REASON. Ich drücke meine Liebe zu der Band aus, aber ich bringe auch eine Bedeutung rein, die dieses Lied, dieses Album für mich die ganze Zeit hatte, in einem Kontext, den ich vorher nicht greifen konnte. Da sind auf „Axis“ noch ein paar mehr Sachen zu finden.