FINDUS

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Dorfpunks feat. the König of Großstadt

Wenn der Postbote ein Päckchen aus dem Ox-Headquarter oder gerne auch persönlich von einem Label oder der Promo-Agentur bringt, ist das immer ein aufregender, ein knisternder Moment. Dann packst du als besprechende Person gespannt alles aus, nimmst das Artwork unter die Lupe, wirfst das Album in die Anlage, liest dir den beiliegenden Zettel durch, scannst diesen auf vergleichbare Namen und sobald der erste Ton aus der Anlage kommt, versuchst du (oft) eben diese und andere Namen aus dem Gehörten herauszufiltern. „Mrugalla“, das zweite Album von FINDUS, hat einen solchen Filterungsprozess nicht nötig. Denn die fünf Jungs aus dem Dörfchen hoch oben in Deutschlands Norden beherrschen es wie kaum eine andere junge, sich relativ neu im Geschäft befindende Band, ihren ganz persönlichen, eigenen Stil zu kreieren und rüberzubringen. Schon ab dem ersten Riff erkennst du die Gitarren, ab dem ersten Wort packt dich der markante Gesang, nehmen dich die wunderbaren Texte mit in neu zu entdeckende Welten. Und genau deshalb wurde Sänger Simeon – nach einem Interview in Ox #89 – von mir nun einmal mehr an den Rechner gebeten.

Ihr wohnt jetzt in Hamburg?

Ja, wir wohnen mittlerweile alle in Hamburg. Stefan beispielsweise ist im letzten Jahr hergekommen. Hamburg ist gut für uns. Wir kennen uns hier etwas aus, die Wege sind kürzer und es gibt ein paar nette Leute, mit denen wir gerne unserer Freizeit verbringen, ohne dafür stundenlang unterwegs zu sein.

Hat das eure Musik, eure Texte beeinflusst, das Leben in der Großstadt, einer Musik- und Hafenstadt wie Hamburg?

Diese Stadt beeinflusst einen schon, aber eher, weil sie das ganze Leben beeinflusst und somit auch die Texte. Es ist aber nicht so, dass wir auf einmal angefangen haben, über die Reeperbahn und den FC St. Pauli zu singen. Und wenn doch, dann sehr diskret. Ich selbst halte auch nicht besonders viel von diesem Lokalpatriotismus. Hamburg ist eine Stadt und wir leben in dieser Stadt. Wir fühlen uns hier wohl, deshalb bleiben wir hier. Aber nicht wegen irgendeiner Bedeutung, die Hamburg mit sich bringt. Aber um auf die Frage zurückzukommen: Man hört der Platte ein Hamburg an, welches das genau ist, das weiß ich selbst nicht so genau.

Die Presseinfo ordnet euch stilistisch zwischen OMA HANS und den STROKES ein. Seht ihr das auch so? Sind das Vorbilder für euch?

Also, ich kann OMA HANS eine Menge abgewinnen und ich kann den STROKES einiges abgewinnen. Aber der Begriff Vorbilder passt hier nicht. Ich kann auch gar nicht sagen, was ein Vorbild ist. Will man dann so werden wie der oder die? Wir wollen nicht werden wie OMA HANS und wir wollen nicht werden wie die STROKES. Vielleicht von beiden etwas. Ich sehe den Vergleich in diesem Presseinfo auch eher als stilistische Einordnung, die total viel offen lässt und das finde ich super. Aber im Endeffekt sind wir FINDUS, und das kann man hören.

Elektronische Elemente haben Einzug gehalten, ich finde auch, das neue Album ist tanzbar oder wenigstens tanzbarer geworden. Wie kommt’s?

Ich kann mir vorstellen, dass es einfach dadurch kam, dass wir die Platte in einer Zeit geschrieben und aufgenommen haben, in der wir sehr viel live gespielt haben. Dadurch haben wir vielleicht viel Energie von den Konzerten mit in den Proberaum und ins Studio getragen, aber eine bewusste Entscheidung war das nicht.

Zu den Texten: Da werden Piraten durch das Meer gejagt, Pflastersteine regnen vom Himmel, in Paris brennt ein Feuer, wir gehen über den Jordan. Was steckt dahinter, wie entstehen die Texte? Muss man alles verstehen?

Die Texte schreibe ich ganz alleine. Da habe ich tatsächlich die totale Narrenfreiheit. Und sobald ich mich dazu entschlossen habe, einen Text zu schreiben, geht das auch recht schnell. Allerdings ist der Prozess immer ein anderer. Manchmal entstehen Texte, zu denen ich beziehungsweise wir dann ein Lied machen, manchmal läuft es auch genau umgekehrt.

Ich picke mal eben zwei Textstellen raus: „Wir verdienen Geld mit dem Krieg und sie verlieren Kinder“ aus „Gehen im Schnee“; „Bomben fallen ins Meer und wir stehen am Strand“ aus „Delphine“. Sozialkritik oder Metaphorik?

Ich würde sagen, von beidem etwas. Ich schreibe die Texte einfach so auf, wie sie kommen, habe dabei aber immer ein bestimmtes Thema im Kopf. Oder etwas, das mich beschäftigt. Manchmal ist das ein Beziehungsthema und manchmal einfach unsere Gesellschaft, die sich immer mehr vom Menschen und der Menschlichkeit entfernt. Ich bin einfach ein Junge, der Dinge sieht und erlebt und diese in seinen Texten zum Ausdruck bringe. Aber natürlich müssen die Texte auch zur Musik klingen, und da kommt dann die Metaphorik ins Spiel.

Und überhaupt: „Mrugalla“?

Mrugalla ist der König der Kunstfälscher und ein schön klingender, verwirrungsstiftender Plattenname.