Die Musik von DVNE (sprich: Dune) ist vielschichtig und lässt sich zwischen Progressive Rock und Post-Metal kategorisieren. Die Band aus Schottland veröffentlicht mit „Etemen Ænka“ ein Album, das mit einem deutlich abwechslungsreichen Sound sowie einem durchdachten Konzept aufwartet. Sänger und Gitarrist Victor Vicart über den neuen musikalischen Ansatz und warum es bei DVNE so viel zu entdecken gibt.
Zugang und Verständnis
Um die Musik und deren Aussage auf „Etemen Ænka“ vollständig zu begreifen und jedes kleine Detail zu entdecken,, benötigt es einige Durchläufe. Victor ist sich bewusst, wie viele Layer es auf dem Album sowohl in den Texten als auch in der Musik gibt und dass das Ganze dem einen oder anderen vielleicht etwas sperrig erscheint. „Es wird immer Zeit benötigen, in das Album einzusteigen, es wird auch Leute geben, die sich vielleicht nur einzelne Songs anhören. Diese Leute haben einen anderen Anspruch an die Musik und es ist okay, wenn sie nicht auf alle Details achten“, denn mit einer Spielzeit von einer knappen Stunde offenbart „Etemen Ænka“ davon etliche.
Der Sound von DVNE ist jedoch nicht darauf ausgelegt, sperrig zu sein. Vielmehr verfolgten die Schotten einen möglichst gegenteiligen Ansatz, so Victor: „Wir wollen nicht, dass die Leute ewig brauchen, um einen Zugang zu finden. Es ist eine gewaltige Menge Musik, die auch funktionieren soll, wenn man sich nur eine Seite der LP oder gar eine Single anhört.“ Laut Victor eignet sich hier „Sì-XIV“ aufgrund seines eingängigen Vibes besonders gut und bietet vielen die Möglichkeit, mit DVNE warm zu werden. „Der Song wird häufig mit alten MASTODON-Tracks verglichen, wodurch er schnell Anklang findet.“
Anders verhält es sich allerdings mit der Single „Omega serverer“, der für ihn klanglich anspruchsvollste Nummer des Albums. „Manche brauchen wahrscheinlich Jahre, bis sich ihnen dieser Song wirklich erschließt“, mutmaßt Victor. „Doch genau diese Abwechslung, dass einzelne Stücke dich in andere Stimmungen versetzen, macht unser Album so besonders.“ Es gibt auf „Etemen Ænka“ keinen Song, der dem vorherigen gleicht. Der Sprung von Oldschool Progressive Rock hin zu atmosphärischen Post-Metal, wie ihn ISIS geprägt haben und der sich in Songlängen weit jenseits der zehn Minuten widerspiegelt, macht für Victor den Reiz an der Musik von DVNE aus. „Unser Anspruch war es immer, verschiedene Dinge und Ideen in unseren Sound zu integrieren.“
Härte und Cleans
Fragt man DVNE, ob sie sich als Rock- oder Metalband verstehen, überwiegt mittlerweile eine Meinung. „Wir sind definitiv eine Metalband. Vielleicht hätte ich das vor ein paar Jahren noch anders gesehen, aber der Sound ist ganz klar im Metal zu verorten.“ Dennoch verwenden DVNE noch immer sehr viele ruhige Rock-Elemente, die sich im Kontrast großartig auswirken, wie Victor anmerkt. „Etwas, das wir auf diesem Album und in der Zukunft vermehrt machen: wir werden extremer. Wenn wir cleane Parts haben, sind sie cleaner als je zuvor. Haben wir aber harte Parts, sind diese ebenfalls härter als bisher. Ich denke, diese Wechsel machen unsere Musik so unfassbar spannend und dieser Austausch der Energien ist das, was mit den Leuten resoniert.“ Alles in allem würde er den Stil von DVNE als modernen Metal beschreiben, der durch seine Kontraste hervorsticht und dadurch einen stärkeren Impact auf die Hörer:innen hat.
Modern an der Musik von DVNE ist auch der vermehrte Einsatz von Synthesizern, die dem Album einen cinematografischen Anstrich verleihen. „Das erzeugt jede Menge SciFi-Atmosphäre“, findet Victor. „Darüber hinaus ist es auch eine Referenz an unsere früheren Sachen und sorgt damit für eine gewisse Konsequenz.“ Doch dies in den wechselhaften Sound von „Etemen Ænka“ einzubauen, war nicht einfach. „Die Synths nehmen viel Raum ein und können sowohl als atmosphärische wie auch als führende Komponente dienen, bei der wir die Gitarren dann zurückschrauben müssen, damit dieser Effekt durchblitzt.“ Eine Herausforderung, die nicht nur im Studio, sondern auch live gemeistert werden will. Doch was die Konzerte betrifft, macht sich Victor keine Sorgen, sondern er empfindet vor allem Vorfreude. „Seit wir das Album geschrieben haben, haben wir mega viel geprobt. Auch weil wir Live-Sessions aufgenommen haben. Dafür muss alles sitzen, du musst extrem tight spielen und darfst keine Fehler machen. Es ist anspruchsvoller als im Studio, aber dadurch haben wir uns in allen Bereichen wirklich enorm verbessert.“
Integrität und Anspruch
Trotz des breitgefächerten Sounds verfolgen DVNE mit dem Album ein Konzept, das im digitalen Zeitalter und im Hype der Playlists fast schon konservativ wirkt. Die Möglichkeiten, die Spotify offenbart, sind für Victor definiert durch einen Algorithmus , der einen gänzlich anderen Markt bedient. „Spotify pusht besonders Singles. Ich selbst konsumiere Alben am liebsten in physischer Form, aber hin und wieder eben auch über Plattformen wie Spotify.“ Wenn Leute allerdings über solche Plattformen auf ihre Musik aufmerksam werden und schließlich das Album entdecken, ist dies ein klarer Vorteil für die Band. Es galt für die Briten jedoch nie, sich einem Markt aus Marketinggründen anzupassen. „Das wird niemals passieren, denn es entspricht nicht unserer künstlerischen Integrität“, sagt Victor. „Für mich ist es am wichtigsten, dass wir das machen, was sich richtig anfühlt. Wir würden uns niemals verbiegen, um einer bestimmten Erwartung gerecht zu werden. Unsere Musik ist dafür da, gehört zu werden, ob es am Ende ein einzelner Song oder das ganze Album ist, ist Sache der Hörer:innen.“
© by Fuze - Ausgabe #87 April/Mai 2021 und Rodney Fuchs
© by Fuze - Ausgabe #105 April/Mai 2024 und Rodney Fuchs