DUM DUM GIRLS

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Keine Vorbildfunktion

Ein hartes Jahr liegt hinter Dee Dee. Ihre Mutter starb und Dee Dee kämpfte auf Tour immer wieder mit Heimweh und Jetlag. All das hat das neue Album „Only In Dreams“ (Sub Pop) der DUM DUM GIRLS beeinflusst. Im RAMONES-Museum in Berlin traf ich die kalifornische Sängerin, um über das zweite Album, Heimweh und Mädchenband-Klischees zu sprechen.

Das neue Album „Only In Dreams“ klingt wesentlich „sauberer“ als das Debüt, wie ich finde, was hat sich seit „I Will Be“ verändert?

Ich habe „I Will Be“ bei mir zu Hause im Wohnzimmer aufgenommen, mit meinem Laptop und ohne einen blassen Schimmer vom Aufnehmen. Das war schon ziemlich LoFi. Diesmal hatten wir ein Budget und konnten in einem vernünftigen Studio aufnehmen. Ich betrachte unser erstes Album sehr liebevoll, es war mehr oder weniger eine Sammlung von Songs, die ich einfach aufgenommen habe, ohne die Absicht, eine wirkliche Band zu gründen oder ein Album daraus zu machen. „Only In Dreams“ ist nun eher ein Zeichen dafür, dass wir erwachsen geworden sind nach zwei Jahren harter Arbeit. Mir war wichtig, dass wir auf dem Album so wiedergegeben werden, wie wir auch auf der Bühne stehen. Die Songs spielten wir zumeist live ein und alles ging recht schnell – wir nahmen 15 Lieder in fünf Tagen auf.

Du sagtest mal, dass du auf der letzten Tour stark unter Heimweh gelitten hast. Jetzt geht ihr wieder auf eine lange Welttour, hast du das Heimweh überwunden?

Ich denke, man muss eben akzeptieren, dass man lange von seinen Liebsten getrennt ist und die Telefonrechnung entsprechend hoch sein wird. In jeder freien Minute sind alle unterwegs, suchen Wifi und sitzen vor ihren Computern, um mit zu Hause zu telefonieren. Diesmal wird es einfacher, wir sind mit der Band meines Mannes unterwegs und seine CROCODILES und die DUM DUM GIRLS sind gute Freunde, so dass wir sicherlich viel Spaß haben werden. Ich freue mich schon.

Begegnet ihr auf Tour oft den alten Klischees, was eine reine Frauenband angeht?

Das ist und bleibt wohl immer ein Problem. Wir sind zwar keineswegs eine politische Band und mir ist es eigentlich vollkommen egal, ob ich nun mit Jungs oder Mädchen auf der Bühne stehe, solange alle die gleiche Intention haben, trotzdem glaube ich, dass wir bei den DUM DUM GIRLS oft zusammenhalten müssen – we do get shit! –, mehr als befreundete Bands. Man muss die Leute mit ihrer Dummheit konfrontieren. Außerdem gibt es eine ganz gute Mischung in der Band – Sandy, die Schlagzeugerin, und ich sind eher ruhig, die Bassistin und die Gitarristin sind die lauteren, und wenn uns jemand dumm kommt, verhauen Bambi und Jules die Idioten dann einfach. Man muss schlicht dafür sorgen, dass man mit Leuten zusammenarbeitet, die respektvoll sind und die dann hoffentlich alles Negative von dir abhalten.

Wenn man euch anschaut und eure Musik anhört, liegt der Gedanke an die Riot Grrrl-Bewegung nahe.

Unsere Gitarristin kommt aus Olympia, WA, einer einst für diese Bewegung wichtigen Stadt, was sich sicherlich auf unsere Arbeit ausgewirkt hat. Es gibt viele Bands aus der Bewegung, die mich beeinflusst haben. Ich hatte als Kind viele Vorbilder, aber erst die Riot Grrrls haben gezeigt, dass man es schaffen kann. Bis heute prägt mich das, vor allem in Bezug auf D.I.Y., ich lege Wert darauf, dass wir die Dinge selbst in die Hand nehmen. Wir sind andererseits aber wirklich keine politische Band und so sehr sie uns auch inspirieren – wir sind nicht die Fackelträger der Riot Grrrls.

Glaubst du trotzdem, dass ihr eine Vorbildfunktion für junge Musikerinnen habt?

Das kann ich schwer sagen. Ich freue mich über jede Person, die kommt und sagt: Hey, du hast da dieses Lied geschrieben, ich fand es großartig und es hat mich nachdenklich gemacht. Ich glaube, das ist wohl das größte Kompliment, das ich als Musikerin bekommen kann. Ich meine, ich versuche sicherlich nicht, irgendjemandes Vorbild zu sein, ich hoffe aber, ich kann andere ein wenig inspirieren, das Gleiche zu machen, und da ist es mir egal, welche Person da zu mir kommt.

Und wie ist das umgekehrt, wer hat euch inspiriert?

Wenn ich mich an das Schreiben von neuen Sachen setze, versuche ich immer, einen guten Popsong zu schreiben und die gibt es in fast jedem Genre. Ich höre eigentlich alles Mögliche, in diesem Fall aber sehr viel THE CURE und THE BANGLES. Gerade THE CURE sind in meinen Augen perfekt. Die Texte und die verträumte Stimmung in ihrer Musik waren eine starke Inspiration für mich. Ich wollte solch einen Sound auch für unser Album einfangen. Gerade bei Songs wie „Coming down“ habe ich mich bemüht, diese Traumwelt und auch eine irgendwie spacige Stimmung zu erzeugen.

Die verträumte Stimmung kommt gut rüber, vor allem wenn man sich das Artwork des Albums anschaut. Auf dem ersten sah man deine Mutter, aber wer ist das Mädchen auf „Only In Dreams“?

Das bin ich. Ich habe mir einige Gedanken über die Themen des Albums gemacht, über den Titel und kam zur Frage, was für eine Trennung es gibt zwischen Traum und Wachsein. Ich begann, einiges über Astralprojektion zu lesen, diese Idee, dass dein Geist sich von deinem Körper trennen kann, während du schläfst. Das Foto auf dem Cover soll so etwas darstellen. Ich finde einfach den Gedanken interessant, dass man über das Träumen hinaus seinen Körper verlassen kann und durch die Gegend laufen – es soll einfach ein verträumtes, etwas gespenstisches Bild sein, das nun, wie ich glaube, die Stimmung des Albums ganz gut widerspiegelt.