Mit ihrem furiosen Punk-Rock’n’Roll-Brett und einer äußerst energiegeladenen Bühnenshow waren dragSTER 2014 eines der Highlights des Rebellion Festivals in Blackpool. Die Band aus Coventry gründete sich 2005 und veröffentlichte mit „Dead Punk“ unlängst ihr drittes Album. Wir sprachen mit Sängerin Fi.
Fi, euer Song „Dead punk“ hat die Botschaft: Hört auf, euch an den guten alten Zeiten festzuklammern. Wo seht ihr euch in dreißig Jahren?
Nun in dreißig Jahren werden ein paar der Bands höchstwahrscheinlich nur noch Geschichte sein. Wir haben kein Problem mit alten Bands, die weiterhin spielen. In „Dead punk“ geht es nicht um irgendwelche negativen Aspekte der Daseinsberechtigung von alten Punks, sondern es ist als Aufruf zu verstehen, innovativ zu bleiben und von den allgemeinen Medien ernster genommen und nicht nur als 1977-Revival Bewegung abgestempelt zu werden. Wir brauchen ursprüngliche Punkbands, aber neue Punkbands sind wichtiger.
Eure erste EP „Trailer Trash“ wurde ja von Rat Scabies von THE DAMNED produziert ...
Zu dieser Zeit wurden wir von Jah Wobble von PiL und einem Typen namens Simon Mattocks gemeinsam gemanaget. Simon kannte Rat und bat ihn, unsere EP zu produzieren. Wir verschanzten uns für drei Tage mit ihm in einem Studio mitten im Nirgendwo. Er recherchierte zu dieser Zeit für ein Buch über die Suche nach dem Heiligen Gral. Rat ist ein wirklich exzentrischer und interessanter Typ, mit einem gestörten Talent.
Wie war die Zusammenarbeit mit Jah Wobble?
Er half uns beim Start der Band, gab uns viele Ratschläge über die Fallstricke der Musik-Industrie, nahm uns mit auf Partys in London stellte und uns einer Menge Leute vor. Es war eine tolle Zeit. Er ist ein wahrer Gentleman und einer der besten Bassisten dieser Welt. Er hat uns so weit wie er konnte geholfen, etwa sechs Monate lang.
Welche schrägen Begegnungen gab es während eurer letzten Europatour?
Wir tourten durch neun Länder in 16 Tagen, was für uns schon an sich seltsam war. Unterwegs stößt man immer auf interessante Charaktere, vor allem auf dem europäischen Festland! Wir trafen Howard von der Popband TAKE THAT an einer Tankstelle in der Nähe von Hamburg – das war rein zufällig und irgendwie surreal. In der Schweiz lernten wir einen völlig aggressiven und exzentrischen Kerl kennen, dem die Bar gehörte, in der wir spielten. Dort sah es aus wie Alices Wunderland auf Acid. Der Typ verhielt sich sehr merkwürdig, wechselte jede Stunde seine Klamotten und ließ nicht zu, dass wir den Backstagebereich verlassen, bevor wir nicht all seine hausgemachten Speisen aufgegessen hatten. Im Norden von Spanien verbrachten wir einen ganzen Tag im Krankenhaus, weil ich mir eine Halsentzündung eingefangen hatte, was bedeutete, dass ich für drei Shows ausfiel, so dass unser Bassist Tom den Gesang übernehmen musste, was er noch nie zuvor gemacht hatte. Wir wurden an Grenzen angehalten und insgesamt dreimal durchsucht, in Spanien wegen Geschwindigkeitsüberschreitung zur Kasse gebeten und haben bei einer Menge Bands übernachtet. Manchmal haben wir uns gegenseitig gehasst, aber in der Regel hatten wir viel Spaß. Würden wir es wieder tun? Jederzeit!
Warum bezeichnet ihr Coventry als Geisterstadt?
Die Meisten in unserer Band stammt aus Coventry. THE SPECIALS kommen auch dorther, und es ist eine Referenz an ihren Song „Ghost town“, der ja vom Coventry der späten Siebziger Jahre handelt. In einer Zeile des Liedes heißt es „All the clubs are being closed down“, und das gilt heutzutage noch immer. Viele Läden haben dicht gemacht, und es gibt keinen Treffpunkt mehr für Punks, Skins, Rocker oder andere Leute mit alternativem Lebensstil. Es ist eine Kleinstadt mit zwei Universitäten, und wenn die Studenten weg sind, scheint es ein sehr leerer und grauer Ort zum Leben, ohne Seele, eben wie eine Geisterstadt.
Aus Coventry kommt ja auch eine alte Oi!-Band: CRIMINAL CLASS.
Ja, unser Bassist Tom singt mittlerweile bei denen. Aber wir spielen nicht viele Konzerte in Coventry, da es keine richtige Szene mehr zu geben scheint. Durch neue Lautstärkegesetze wird es immer schwieriger, irgendwo Konzerte zu veranstalten, und das macht letztendlich die Szene kaputt.
Wer von euch hat denn mal bei den UK SUBS oder Texas Terri gespielt?
Unser ehemaliger Gitarrist AC Speed ist mit Texas Terri in England getourt, als diese THE DAMNED supportet hat und hat auch ein paar Europa-Shows mit ihr gespielt; sie ist eine herausragende Künstlerin. AC hat uns vor einigen Monaten verlassen. Tom AK, unser Bassist, war vor einigen Jahren bei UK SUBS, als Alvin die Band verlassen hatte. Sechs Monate lang, dann entschied sich Alvin zurückzukehren. Jamie Oliver, der Schlagzeuger der UK SUBS, war auch mal zwei Jahre bei dragSTER dabei. UK SUBS sind ein Paradebeispiel für eine ausgezeichnete Original-Siebziger-Jahre-Punkband.
Die Mehrzahl der Bands, die auf dem Rebellion Festival in Blackpool spielen, gibt es bereits sehr lange. Wie habt ihr es geschafft, dort angenommen zu werden? Muss man da einen der Organisatoren persönlich kennen?
Seit zehn Jahren veröffentlichen wir nunmehr Platten und sind auf Tour. Es gibt keine Abkürzungen im Punkrock. Man muss viel Zeit investieren, an der Musik arbeiten, eine Fanbasis aufbauen und sehr viel touren. Ich denke, dass man es auf das Rebellion schafft, wenn man den Ruf erworben hat, eine gute Live-Band zu sein. Viele der Bands auf dem Festival sind älter als wir; sie bestehen entweder aus Original-77er-Punks oder haben sich durch mühselige jahrelange Arbeit eine Anhängerschaft aufgebaut. Haha, nein, wir kennen die Organisatoren nicht persönlich. Unser Tip für alle, die beim Rebellion mal auftreten möchten, ist der Weg über die dortige „New Band Stage“.
Eure Favoriten beim Rebellion 2014?
KILLING JOKE waren fantastisch, ebenso UK SUBS, SICK ON THE BUS, CHURCH OF CONFIDENCE, NOFX. Und eine Band, die jeder mal anchecken sollte, sind OBSESSIVE COMPULSIVE, die haben einen grandiosen Auftritt hingelegt. Weitere Highlights waren unsere Labelkollegen HEALTHY JUNKIES und IN EVIL HOUR.
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