Die DICKIES sind zurück! Von der ´77er Originalbesetzung sind zwar nur noch Sänger Leonard und Gitarrist Stan übriggeblieben, aber die sind dafür nach langer Zeit - angeblich? - clean. Nach dem Konzert sprach ich mit Gitarrist Stan Lee über Vergangenheit und Zukunft jener Band, die als Erfinder des "Bubblegum-Punk" gilt. Wir sassen vor dem Eingang des Schacht 8 in Marl auf der Bordsteinkante, umringt von jungen Punks, die noch nicht mal geboren waren, als die DICKIES seinerzeit gegründet wurden.
In Kürze das Wann & Wo, bitte.
Los Angeles, 1977 - Mann, ich schäme mich beinahe dafür... Ich war 19, hörte langweilige Scheisse wie BOSTON oder Jeff Beck und hatte gerade angefangen Gitarre zu spielen. Der Typ, der später unser erster Bassist werden sollte, war gerade in England gewesen und brachte jede Menge Platten von Bands wie THE DAMNED oder CLASH mit. Ich hörte mir die an, war begeistert, und einen Tag später gründeten wir die Band. Punk war einfach toll, jeder konnte eine Band gründen. Die DICKIES waren geboren, und ich dachte, länger als sechs Monate geht das sowieso nicht gut - und hier bin ich, 21 Jahre später!
Und wie habt ihr den typischen DICKIES-Sound erfunden?
Naja, ich habe meine BEATLES-Platten rauf- und runtergespielt und dann kamen plötzlich die RAMONES daher. Misch beide zusammen und du bekommst als Ergebnis die DICKIES.
In den letzten 20 Jahren habt ihr so ziemlich alle Ups & Downs mitgemacht.
Oh ja! Drogen haben uns immer wieder aus der Bahn geworfen - Heroin vor allem. Wir haben so ziemlich alles verbockt, was man verbocken kann, um ehrlich zu sein. Jahrelang war uns alles scheissegal, ausser der Droge. Letztendlich haben wir dann aber den Absprung geschafft, jetzt scheint alles ganz gut zu laufen, wir haben einen neuen Plattendeal mit Fat Wreck Chords - und wir sind seit Jahren mal wieder in Europa. Das ist ein gutes Gefühl - und auch, dass wir ganz auf uns alleine gestellt sind, kein wichtiges Management, das uns im Nacken sitzt, keine Plattenfirma.
Ihr wart ja mal ganz oben, hatten einen Majordeal, jetzt fangt ihr wieder klein an.
So isses. Ich denke, Fat Wreck ist genau das richtige Label für uns, obwohl ich das auch nicht so recht beurteilen kann, da ich nicht mehr so in der Szene drinstecke und alles mitbekomme. Aber sie haben uns Geld gegeben, also schätze ich mal, sie sind o.k., haha.
Auf Fat Wreck ist dieser Tage eure neue 7" erschienen.
Richtig, und sobald wir wieder zuhause sind, nehmen wir ein Album für sie auf - unser zweites innerhalb von kurzer Zeit. Du hast vielleicht gesehen, dass auf den Plakaten unser neues Album auf Triple X angekündigt ist. Das ist seit einem halben Jahr fertig, aber die haben es bisher nicht geschafft, die Scheibe rauszubringen. Neuer Termin ist jetzt Mitte August, und wenn das Interview erscheint, müsste es eigentlich zu haben sein.
Eure Spezalität und wohl auch grössten Erfolge waren bzw. sind eure Coverversion, etwa "Paranoid" von BLACK SABBATH, "Sounds of silence" von SIMON & GARFUNKEL oder "Nights in white satin" von THE MOODY BLUES, die ihr durch den DICKIES-Fleischwolf gedreht habt. Wird´s auf den neuen Platten wieder Coverversionen geben?
Natürlich - die eine Platte enthält sogar nur Coverversionen! Darunter sind die BEATLES, IRON BUTTERFLY, HUMAN BEANS und ein paar eher obskure Sachen. Wir haben bei Coversongs noch den Ehrgeiz gehabt, das Original irgendwie zu bewahren, uns geht es nur darum, den Songs durch den Wolf zu drehen, to fuck it up. Heute abend haben wir auch ein paar Coverversionen gespielt, etwa "Solitary confinement" von den WEIRDOS sowie "Nobody but me" von den HUMAN BEANS. Letzterer Song wird auch Teil eines Film-Soundtracks sein, der dieser Tage erscheint. Kennst du die TV-Serie "South Park"? Das ist ein Cartoon so ähnlich wie die Simpsons, der derzeit total abgefeiert wird. Jedenfalls hat der Macher von "South Park" einen Film gedreht, für Universal, und wir sind auf dem Soundtrack. Für den Song werden wir auch ein Video drehen und wir hoffen schon, dass uns das noch eine guten Push gibt.
Was habt ihr eigentlich in den letzten vier Jahren getrieben, seit das letzte Album "Idjit savant" erschienen ist?
Nicht viel, haha. Wir haben allein drei Jahre gebraucht, um das neue Album fertigzukriegen. Wir waren eben auf Drogen und superlangsam.
Und? Hast du heute eine Botschaft für die Kids bezüglich Drogen?
Nur soviel: die Drogen haben mir 20 Jahre meines Lebens gestohlen. ich kann also niemandem empfehlen, es uns nachzumachen. Andererseits hatte ich die Hälfte dieser Zeit auch jede Menge Spass, haha. Trotzdem, Drogen, Heroin, sind ein verdammter Alptraum, der dir die Seele raubt. Aber das Gute daran: du kannst da auch wieder rauskommen. Ich bin jetzt zwei Jahre clean...
Zum Schluss noch das Urteil eines Veteranen zum Stand von Punkrock 1998.
Punk ist heute eine total kommerzialisierte Sache, so ziemlich das genaue Gegenteil von dem, was Punk für uns damals darstellte. Wahrscheinlich waren wir damals zu früh dabei, um richtig gross zu werden, und kommen jetzt zu spät - aber was soll´s?
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #43 Juni/Juli/August 2001 und Jörkk Mechenbier
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #92 Oktober/November 2010 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #75 Dezember 2007/Januar 2008 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #77 April/Mai 2008 und Guntram Pintgen
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #145 August/September 2019 und Kalle Stille
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #75 Dezember 2007/Januar 2008 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #73 August/September 2007 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #36 III 1999 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #32 III 1998 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #56 September/Oktober/November 2004 und André Bohnensack
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #41 Dezember 2000/Januar/Februar 2001 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #41 Dezember 2000/Januar/Februar 2001 und Joachim Hiller