COWBOYS ON DOPE

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Zwischen Rausch und Wahnsinn

Seit über zehn Jahren begleite ich diese Band bei zahllosen Auftritten in meiner Heimatstadt Köln, wo die COWBOYS ON DOPE in stetiger Regelmäßigkeit durch die Lokalitäten tingeln und in ihrem ganz eigenen Stil Country, Punk, Folk und Rockgeschichte neu interpretieren. Die Idee, die beiden hauptamtlichen Cowboys Peter Sarach, Gesang und Akustikgitarre, und Wolly Düse, Gitarrenkoffer, zu interviewen, gab es schon lange, vor allem, weil ich keine Band so oft live gesehen habe wie COD. Den Älteren dürften beide noch von der in den späten 80ern bis Mitte 90er populären Band RAUSCH in Erinnerung sein. Und so sah ich mich anlässlich des aktuellen zweiten Longplayers „Black Money“ nun in der Pflicht, die Kölner Band zu einem Gespräch aufzusuchen.


Ihr wart mit RAUSCH mal so was wie die Shooting Stars am deutschen Rockhimmel, bis irgendwann der ganz große Einbruch kam. Wie kam es dazu?

Wolly: Es ging unter anderen darum, dass wir so genannte Zessionen unterschrieben hatten, das heißt man leiht sich beim Label Geld, welches durch die GEMA-Ausschüttungen wieder reinkommt. Daran zahlen wir heute noch ab.
Peter: Ein großes Problem war auch, dass wir innerhalb der Band ziemlich zerstritten waren und obendrein alle unsere Drogenprobleme hatten. Und alle dachten irgendwie, damit das RAUSCH-Programm zu erfüllen. Daher war unser Produzent und Manager vollkommen überfordert, weil er für uns auch noch das Kindermädchen spielen musste. Nebenbei hatte er schon andere Bands am Start, die erstens mehr Geld einbrachten und zweitens viel seriöser waren und nicht dauernd stoned. Deswegen ging das auseinander, und der neue Manager hatte dann noch höher gepokert als der davor.

Das Thema Drogen hattet ihr ziemlich propagiert seinerzeit.

Wolly: Ja, aber eigentlich nur Hanf. Allerdings fing das auch mit Heroin und dem ganzen Dreck an. Und unser damaliger Gitarrist meinte, er müsse jetzt erst mal mit seiner neuen Ische nach Indien gehen auf einen Selbstfindungstrip. So ein Scheiß eben.
Peter: Wobei man dazu sagen muss, dass wir beide unsere Drogenprobleme da schon hinter uns hatten.

Hört sich so an, als hättet ihr den Überflieger bekommen.

Wolly: Natürlich. Wir hatten auf einmal jede Menge Kohle, ein vermeintlich gut funktionierendes Büro, und so hat sich keiner von uns Gedanken gemacht, wie wir an die Sache ranzugehen haben. Wir dachten, als erfolgreiche Rockband gehört es dazu, dass man eine eigene Crew hat, Lichtanlage und das ganze Equipment selbst kauft. Was das für enorme Produktionskosten bedeutete haben wir einfach nicht geschnallt.
Peter: Wir dachten, das käme alles wieder rein. Aber wenn unvorhergesehene Schwierigkeiten auftauchen, gibt es Probleme. 1992 bei unserer Tour gab es den großen Poststreik und keinerlei Werbematerial kam an, die Konzerte wurden so gut wie nicht beworben. Wir waren zu der Zeit im Musikexpress Platte des Monats und es kamen kaum Leute zum Konzert. Wir hatten mit 1.000 gerechnet und dann standen da 300. Heute sind wir froh, wenn 150 Leute kommen. Wenn du in so einem Wahn bist, merkst du zu spät, was wirklich abgeht. Schlau waren wir nicht!
Wolly: Ab da ging es völlig bergab, wir waren eigentlich zehn Jahre im Keller. Und erst seit wir die erste CD „High Noon“ rausgebracht haben, geht es langsam bergauf.

Wobei es natürlich noch ein erheblicher Unterschied ist, wenn ihr heute vor 150 Leuten spielt und damals auf dem Bizarre vor 35.000. Hat man da nicht Wehmut nach den „goldenen“ Zeiten?

Peter: Ohne Scheiß, ich finde das heute geiler, so nah an den Leuten zu sein.
Wolly: Bizarre und so was waren Ausnahmen. Normalerweise haben wir vor 1.000 Leuten gespielt. Wir haben aus unserer Vergangenheit ja was gelernt. In normalen Clubs läuft das ja nur noch nach dem Pay-to-Play-Prinzip. Du musst erst 500 Euro einspielen, bevor du einen einzigen Cent siehst. Da spiele ich doch lieber in Kneipen. Unser kleines Equipment passt überall hin, wir können uns von der Lautstärke optimal anpassen und haben hundert Prozent Gage.
Peter: Das wird immer familiärer mit der Zeit. Du spielst überall in Deutschland in Kneipen und bei vier von fünf Gigs ist es super, dann fährst du da immer wieder hin und das werden Freunde fürs Leben. Was unsere Gagen angeht, sind wir die ganzen Jahre umsonst aufgetreten und in der Pause mit dem Hut rumgegangen. Mittlerweile kommen immer mehr Leute und wir können daher auch etwas Eintritt nehmen. Einen Schub hat natürlich unser Auftritt beim WDR-Rockpalast gegeben, zumindest was die Bekanntheit angeht.

Hand aufs Herz: Wenn jetzt ein Major käme und euch kaufen wollte, wäre das nicht doch wieder verlockend?

Wolly: Wenn man sich nicht über den Tisch ziehen lässt, ist vieles möglich. Aber natürlich müsste auch die Summe stimmen, haha.
Peter: Jeder Musiker will, dass seine Sachen erscheinen und möglichst vielen Leuten zugänglich werden. Wenn man dann damit noch Geld verdienen kann, wäre man blöd, so was generell abzulehnen.

Trotz der negativen Erfahrungen, die ihr gemacht habt?

Wolly: Das war ja nicht nur negativ. Wir hatten auf einmal Kohle ohne Ende. Die haben uns fast eine Million Mark pro Platte bezahlt. Das war inklusive der Produktionskosten eine ganze Menge Geld. Das Problem ist, wenn man viel hat, will man immer mehr, und das funktioniert eben nicht. Aber ganz käuflich sind wir auch nicht, wir würden nie für die CDU spielen. Wobei uns ein Kumpel einen Auftritt bei der PDS besorgt hatte, die dafür ordentlich bezahlt hatten. Allerdings hatte sich Bisky bei dem Auftritt dahingehend geäußert, was wir denn für Typen seien: „So was hätten wir früher ins Lager gesteckt.“ Ohne Scheiß ...
Peter: Obwohl wir schon vor dem Mauerfall in der DDR gespielt hatten. Da flogen sogar Stühle durch die Luft, das wurde dann im „Express“ richtig aufgebauscht.
Wolly: Was aber cool war, wir sind mit einer DDR-Band in der Kneipe gewesen, und die rauchten da ihre Joints. Wir meinten, ob die bekloppt wären, in der DDR, viel zu gefährlich. „Kennt doch keiner hier“, sagten die, haha.

Das Besondere an den COWBOYS ON DOPE dürfte Wollys Percussion sein. Statt auf einem Schlagzeug spielst du auf dem Gitarrenkoffer. Schade fand ich, als ich seinerzeit euer erstes Demo gehört hatte, dass ihr im Studio doch auf ein echtes Schlagzeug zurückgegriffen habt.

Wolly: Aus dem einfachen Grund, weil wir noch keine Ahnung hatten, wie wir den Sound vom Koffer aufnehmen konnten, ohne das sich das vollkommen beschissen anhört. Auf der neuen CD „Black Money“ sind aber alle Stücke nur mit Koffer.
Peter: Bei den Aufnahmen zu „High Noon“ ging alles sehr schnell. Wir hatten einen guten Deal mit den Kölner Kneipen gemacht, wo wir immer spielen. Die haben uns jeweils 200 Euro gegeben, im Gegenzug haben sie 25 CDs erhalten.
Wolly: Was Ähnliches haben wir jetzt bei „Black Money“ mit Pro Bike gemacht. Die haben unsere Produktionskosten übernommen und dafür CDs erhalten. Außerdem organisieren die jedes Jahr ein Musikfestival, wo wir letztes Jahr noch mal als RAUSCH aufgetreten sind, vor DEEP PURPLE.

Das heißt, wenn Nachfrage besteht, gibt es RAUSCH immer noch?

Peter: Ich hatte damals gesagt, dass sei schwierig, die Band wieder zusammen zu kriegen, so wie bei den BLUES BROTHERS. Dabei habe ich eine Gehaltsforderung gestellt, von der ich dachte, das lehnen die auf alle Fälle ab, vor allem, weil die meisten Bands da fast umsonst spielen. Aber eine Woche später kam das OK, haha. Wir sind dann da mit einem Kadett vorgefahren, wo wir alles drin hatten.
Wolly: Und die anderen Bands kamen mit Sattelschleppern an, haha. Lautstärkemäßig haben wir DEEP PURPLE massakriert, das Wetter war bombig, es gab von uns eine anderthalb Stunden Show und alle waren begeistert.
cowboysondope.de