Dass COHEED AND CAMBRIA eines Tages eine der renommiertesten Konzeptbands der Welt seien würden, hätte ihr Frontmann Claudio Sanchez zu Beginn wohl nicht gedacht. Wir sprechen mit Gitarrist Travis Stever über das neue Album „Vaxis – Act I: The Unheavenly Creatures“, dem neuen Kapitel im Heaven’s Fence-Universum.
Anfang der 2000er entstand die Idee eines Science Fiction-basierten Konzeptalbums. Der New Yorker Claudio Sanchez beginnt, mit COHEED AND CAMBRIA eine Geschichte zu erzählen. Die Geschichte eines intergalaktischen Ehepaars und diverser Abenteuer. Seit der Veröffentlichung des Debüts „The Second Stage Turbine Blade“ 2002 ist von COHEED AND CAMBRIA nur ein Album erschienen, das nicht der Storyline der „Amory Wars“ folgt.
„The Color Before The Sun“ war einfach nur ein Album, nicht mehr und nicht weniger. Kein Konzept, sondern ein Album, das nicht nur auf den Fantasien eines Comic-verliebten Sängers beruht. Doch liegt auch diesem Titel ein gewisses Konzept zu Grunde, da Sanchez die Songs alle vor dem Sonnenaufgang komponierte, was sich auch im Namen reflektiert. Ich frage Travis, ob es nicht hart ist, sich in den Kopf eines anderen hineinzuversetzen und sich nach einem Konzept zu richten, das man selbst nicht erdacht hat. Doch Travis genießt es, ein Teil des Ganzen zu sein. „Es sind die kleinen Melodien, die ich zu der Musik schreibe, die mich komplett erfüllen. Ich kann das Konzept in diesen Melodien genauso umsetzen und das macht mich verdammt stolz. So steuert jeder seinen Teil dazu bei.“
Jedes Mitglied steuert Würze zu den Songs von COHEED AND CAMBRIA bei und teilt den selben Anspruch, dass sich die Musik klanglich zum Songwriting und zur Story fügt. Manchmal ist es eine simple Idee, die ein Feuer entfacht. „Es benötigt aber verdammt viel Zeit, die Songs mit der Geschichte zu vereinbaren.“ Die Musik muss der Story dienlich sein, weshalb Detailarbeit gefragt ist. „Es gibt einen schmalen Grat dazwischen, einen verdammt guten Song zu schreiben und den Song in die Geschichte zu integrieren. Wir wollen, dass jeder Song beides leistet, und haben uns dieses Mal noch darum mehr bemüht als je zuvor“, sagt Stever. Ein Vorhaben, das auf „Vaxis – Act I: The Unheavenly Creatures“ aus Sicht der Band gelungen ist.
Ein großer Unterschied ist jedoch, dass COHEED AND CAMBRIA ihr Album selbst produzieren konnten. Nach Absprache mit dem Label und Vorlage zweier Rough-Mixes willigte Roadrunner ein und gab den Startschuss für die Produktion. Die damit gewonnene künstlerische Freiheit ermöglichte erst die kompositorische Detailarbeit. „Das war für uns ein großer Erfolg und ist der Schlüssel dazu, wie das Album jetzt geworden ist“, so Stever. Insgesamt ist es die generelle Aufregung über die verschiedenen Aspekte des Konzepts, die die Musik der Band kreativ beeinflusst. „Die Story lebt durch die Charaktere und diese führen zum Prozess des Songwritings“, erläutert Travis.
Doch wie wichtig ist ein solches Konzept für die Fans? „Ich denke, dass die übergeordnete Story den Fans etwas gibt, womit sie sich inzwischen identifizieren können. Viele wird es gefreut haben, dass es weitergeht. Unsere Fans unterstützen uns da sehr.“ Doch auch „The Color Before The Sun“ wurde positiv aufgenommen, da es laut Travis eine andere Seite der Band zeigte, die die Fans zuvor nie zu hören bekommen haben. Es wirkt, als wäre die beim Songwriting entstandene Begeisterung über die neue Musik auf die Fans übergesprungen.
An ein Aufhören ist nicht zu denken, und ob die Geschichte von Coheed und Cambria je zu Ende erzählt wird, ist ebenfalls unklar. Doch was wäre die Band ohne ihr Konzept? Stever kämpft hörbar mit dieser Frage. „Das ist wirklich schwierig. Ich denke, wir hätten viele unserer Fans trotzdem. Wir haben ja ein Album abseits des Konzepts veröffentlicht, aber trotzdem ist es unfassbar schwer, sich das vorzustellen. Als wir das erste Album geschrieben haben, gab es nur eine grobe Skizze.“ Aus dieser Idee sprudelte schillernde Qualität auf musikalischer Seite. Daraus entwickelte sich der musikalische Ansatz, jeder Melodie eine narrative Funktion zuzuordnen und sie filmisch arbeiten zu lassen.
Doch auf die gestellte Frage gibt es keine Antwort. Zwar hat das zugrundeliegende Konzept zum Erfolg von COHEED AND CAMBRIA beigetragen, doch ist es laut Travis keine Garantie für einen solchen Erfolg, nur weil man ein gutes Konzept hat. „Manchmal habe ich das Gefühl, dass Konzeptalben für manche Leute sogar zu viel und zu überwältigend sind“, erzählt Travis, der auch Frustration mit dieser Erkenntnis verbindet. „Wir haben wirklich Glück gehabt, dass die Leute offen dafür sind und uns feiern.“
Im Rahmen des Interviews gesteht Travis seine Vorliebe für Gürkchen und andere eingelegte Gemüsesorten. Warum er das erzählt? Weil er auf Tour verschiedene Sorten aus dem Backstageraum von TAKING BACK SUNDAY stibitzt hat. Für Travis ist ein Interview immer die Gelegenheit zu erkunden, was ihm daran gefällt ein Teil von COHEED AND CAMBRIA zu sein. „Wir machen das so lange und man hat fast jede Frage schon einmal gehört.“ Es gibt jedoch einen Aspekt, den er wieder und wieder betont: „Hört euch das Album in seiner Gänze an und spielt nicht bloß einen einzelnen Song. Es ist als Gesamtwerk beziehungsweise als Reise gedacht.“
Durch die Veröffentlichung von Comics, Alben und Merchandise geben COHEED AND CAMBRIA ihren Fans jede Menge Identifikationsmöglichkeiten. So ist es kein Wunder, dass sich einige von ihnen eine Verfilmung der Geschichte wünschen. Bereits 2012 kursierten Gerüchte, dass COHEED AND CAMBRIA ebenfalls über einen Spielfilm nachdenken. Einer der genannten Namen war Produzent Mark Wahlberg, doch wie ist der Stand heute? „Da gibt es definitiv Gespräche, aber mehr kann ich dazu aktuell noch nicht sagen“, wehrt Travis ab. Bis dahin wird er sicher auch noch die eine oder andere Essiggurke verzehren, doch vorerst wird die Story des intergalaktischen Ehepaars mit „Vaxis – Act I: The Unheavenly Creatures“ weiter erzählt.
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