Schon der Titel der aktuellen 4-Track-EP von CITY LIGHT THIEF verrät, dass sich dieses Mal scheinbar etwas geändert hat. Kurz und direkt hat die Band aus Grevenbroich und Köln – bestehend aus Benjamin Mirtschin, Tobias Schmidt, Tobias Brings, Roman Laube, Mario Wolf und Robert Matyjaszczyk – ihre Platte „Shame“ genannt. Verpackt in ein Post-Hardcore-Gewand, wagen sich CITY LIGHT THIEF an ihre womöglich eingängigsten und persönlichsten Songs heran. Und sie verlangen dabei vor allem eins: viel Aufmerksamkeit.
Es gibt so vieles, das an „Shame“ interessant anmutet. Sei es, dass die Band den imposanten Versuch gestartet hat, alle Stücke live einzuspielen – was fantastisch funktioniert. Oder seien es die interessanten und sehr persönlichen Texte von Sänger Benjamin Mirtschin, welche dieses Mal so emotional und dabei auch so direkt wie möglich geraten sind. „Der Song ,Plus & Plus‘ ist unser erstes Stück, bei dem es einen ernsthaften gesellschaftlichen Hintergrund gibt, welcher die Band und mich sehr nachdenklich und wütend gemacht hat. Er handelt von den Problemen oder besser gesagt Schikanen, mit denen homosexuelle Paare in unserer heutigen Zeit zu kämpfen haben. Dabei ist der Text zu diesem Song eigentlich sehr positiv ausgefallen, obwohl er enorme Ungerechtigkeiten thematisiert.“
Der vermeintliche politische Hintergrund steht in enger persönlichen Verbindung und Erfahrungen, die der Sänger in seinem Umfeld erleben musste. „Die vier Songs auf ,Shame‘ kombinieren meine vielleicht persönlichsten und dabei auch direktesten Lyrics mit den eingängigsten Songs, die wir bis jetzt geschrieben haben.“ Auf die Frage, wieso es gerade jetzt an der Zeit für diesen musikalischen Output ist, antwortet der Sänger: „Früher haben wir versucht, uns an Vorbildern wie THRICE oder BRAND NEW zu orientieren und davon ausgehend unseren eigenen Sound zu entwickeln. Hatten wir damals einen Song zum Teil fertig geschrieben, der auf den ersten Blick eingängiger wirkte, wollten wir mit einem zusätzlichen vertrackteren Teil zeigen, dass wir unsere Musik möglichst interessant und spannend halten können. Was das angeht, sind wir nun entspannter.“
Dass die Platte dennoch keinen Deut langweiliger oder weniger spannend klingt als ihre Vorgänger „Laviin“ oder „Vacilando“ kann man beim Hören von Songs wie „Wild truth“ und „Younger you“ recht schnell feststellen. Vor allem letzterer hat laut Benjamin eine außergewöhnliche Geschichte: „Der Text entstand schon vor einigen Jahren, als ich ein wenig angetrunken und arg selbstkritisch ein paar Zeilen in mein Handy tippte, mit denen ich mir selber meine Fehler vorhielt. Grundsätzlich bin ich, was meine Texte angeht, sowieso sehr kritisch und vergewissere mich, dass sie die Jungs in meiner Band nicht vor den Kopf stoßen.“ Durch die sehr enge Zusammenarbeit kam es auch, dass Bassist Tobias Brings den roten Faden in Bennis Texten entdeckte und der Platte ihren Namen gab. „Tobias hat, als wir die Texte gemeinsam besprochen haben, bemerkt, dass sie alle von einer ganz bestimmten Form von Scham handeln. Sei es eine Art Fremdschämen oder die Scham vor den eigenen Handlungen. Unbewusst zog sich das Thema durch alle vier Songs. Daher passt der Titel perfekt.“
Im Musikvideo zu „Younger you“ ist ein hitziges Tischtennismatch zwischen dem scheinbar Guten und Bösen zu sehen; eine für CITY LIGHT THIEF schon typische Art, sich selbst in Szene zu setzen. „Wir haben im Zuge dieser Platte wieder mit einer Menge fantastischer Leuten zusammengearbeitet, die uns die Arbeit an den Songs sehr erleichtert haben. Obwohl wir alle Jobs nachgehen, stecken wir viel Energie und vor allem Zeit in CLT.“ Dass sich dieser Einsatz gelohnt hat, zeigte sich in der Vergangenheit dadurch, dass die Band unter anderem zusammen mit TAKING BACK SUNDAY auf Tour war und einen Slot auf dem Hurricane-Festival ergattern konnte. „Wir haben in letzter Zeit genug Scham empfinden müssen, und nun ist es an der Zeit, etwas zu ändern.“ Dass sie dabei auf die Unterstützung ihrer Freunde und Hörer zählen können, zeigt sich auch durch die Begeisterung, mit der die Veröffentlichung von „Shame“ aufgenommen wurde: Die Vinyledition der Platte war binnen weniger Tage komplett ausverkauft. Da wächst etwas zusammen, und wächst und wächst und wächst ...
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