CAVE IN wechseln mit dem Erfolg von „Jupiter“ zu RCA, Victory Records veröffentlichen DARKEST HOUR, deren Sound mehr mit melodischem Schweden-Death à’la IN FLAMES und AT THE GATES gemeinsam hat als mit Hardcore und MTV USA feiert das Fusion/Hardcore/Metal Kollektiv CANDIRIA. Hierzulande interessiert das leider herzlich wenig – bisher ...
Eine Zustand, der sich hoffentlich bald ändern wird. Erstens sprechen sich die musikalischen Qualitäten von den oben genannten Bands oder ZAO, BOTCH, KILLSWITCH ENGANGE (jetzt bei Roadrunner Records), ISIS, CONVERGE - um nur einige wenige zu nennen – langsam herum, und zweitens ist die Zeit reif für einen neuen, szeneübergreifenden Crossover zwischen Hardcore, Metal und Avantgarde. Ein kleines, feines Label namens CHROME SAINT MAGNUS arbeitet seit circa zwei Jahren mit wachsendem Erfolg daran, diesen Sound auch in der alten Welt salonfähig zu machen.
CSM, das sind auf deutscher Seite Dirk Kusche (SYSTRAL, Kuschelrock Studios) und Gregor Iwanoff (ex-ACME), sowie Aaron Turner und Jake Bannon, die von den USA aus für die Optik sorgen. Während Jake bei CONVERGE singt, betreibt Aaron, neben seiner Funktion als Sänger bei ISIS (jetzt beheimatet auf Neurot Recordings), das HydraHead-Label.
„Die Idee für das Label hatten wir 1999, als Dirk gerade mit SYSTRAL das Album „Black Smoker“ aufnahm“, umreißt Gregor die Geburtsstunde von CSM. „Als ich sie im Studio besuchte, fragte er mich, ob ich nicht Lust hätte, die Platte zusammen mit ihm zu veröffentlichten.“ Da die beiden Freunde ohnehin bizarren Projekten frönen, wie eine Vinylpresse für DM 17.000 zu erwerben oder ein Patent auf Simpsons-Schokoladenfiguren anzumelden, hoben sie das gemeinsame Label aus der Taufe. Durch seine Zeit bei ACME konnte Gregor fruchtbare Erfahrungen für seine heutige Arbeit sammeln: „Damals war ich ziemlich jung und habe mich nicht besonders für Vertriebs- und Labelkram interessiert. Aber wie man Bands abzieht, das weiß ich seitdem, das kommt mir heute zugute. Spaß beiseite, ACME waren bei allem eine große Hilfe, viele kennen die Band und wenn ich mich als Gregor von ACME vorstelle, dann können Leute mehr damit verbinden, als wenn ich ihnen sage: „Ich bin Gregor aus Deutschland und mache auch ein Label.“ Das ist wahrscheinlich einer der Gründe, warum Bands wie THE DILLINGER ESCAPE PLAN, CAVE IN, BREACH oder DAMNATION A.D. Platten bei uns veröffentlichen, obwohl wir noch recht neu sind.“
Der Grund, aus dem der ehemalige ACME-Drummer die Seiten gewechselt hat und heute lieber als Labelchef agiert, ist recht plausibel: „Was wir mit ACME erreicht haben, passiert einem nur einmal im Leben, und ich möchte gar nicht versuchen, das zu wiederholen. Eine coole Band zu haben, ist natürlich geil, aber das so richtig als Musiker durchzuziehen, davon kann ich eigentlich nur jedem abraten. Vielleicht lag es auch an unserem zarten Alter, dass uns die Sache irgendwann über den Kopf wuchs. Am Ende dachte unser Sänger, er sei unsichtbar - kein Witz.“ Ein Label zu betreiben findet Gregor eigentlich ganz cool, auch wenn „einen die Leute nicht beklatschen oder vor der Bühne herumspringen. Dafür kann ich zu Hause bleiben, Schokolade essen und schwitze nicht. Ich kann mich aufspielen und Bands in den Ruin treiben... mich selbst natürlich auch, kein Problem.“
Man legt zwar Wert darauf, ein Underground-Label zu sein und findet eine DIY-Einstellung sympathisch und fruchtbar, dennoch setzt man sich etwas weiter gesteckte Ziele: „Wir möchten uns nicht auf Hardcore festlegen, denn mir sind die Grenzen zu eng gesteckt und die Themen zu einseitig. Deshalb möchten wir auch andere Projekte einfließen lassen, mal ein Klassikalbum oder eine Metalband veröffentlichen, bei Gelegenheit würden wir auch mit Majors zusammenarbeiten.“
Da CSM ihre Veröffentlichungen eher als (Achtung, hochtrabender Begriff im Anmarsch) Gesamtkunstwerk betrachten, spielt die Optik eine große Rolle. „Wir mögen spezielle Aufmachungen, wie Golddrucke, farbiges und schweres Vinyl, etc.. DAMNATION A.D. werden in einer DVD-Box erscheinen und für THE DILLINGER ESCAPE PLAN werden wir uns auch etwas tolles einfallen lassen.“
Ein kleines Problem stellt das noch recht lockere Vertriebsnetz von CSM dar, das es teilweise kniffelig macht, ihre Veröffentlichungen im Plattenladen zu bekommen. „In Deutschland verkaufen Leute wie Green Hell und Flight 13 unsere Sachen, aber bis auf Lumberjack in den USA haben wir keinen großen Vertrieb und verticken fast alles über Mailorder. Am besten verkaufen wir in Deutschland, Frankreich, Belgien, Spanien und Holland. England steht auch auf unsere Sachen, aber da ich dort nicht so viele Kontakte habe, läuft noch nicht so viel für uns. Das ist natürlich ein Problem, aber wir machen das Label ja noch nicht so lange.“ Wie angedeutet, sieht die Situation in den USA fast besser aus. „Dort arbeiten wir für die Promotion mit HydraHead zusammen, und Lumberjack vertreiben uns exklusiv. Ich gehe sogar davon aus, dass wir dort mehr verkaufen werden als hier. Einige unserer Bands sind dort deutlich erfolgreicher, sogar SYSTRAL und MÖRSER kennt man. Letzere waren dort auf Tour, was einfach super gelaufen sein muß.“
Entgegen der Tendenz in den USA, wo sich Bands wie THE DILLINGER ESCAPE PLAN oder CAVE IN großer Beliebtheit erfreuen, von Mainstream-Medien abgefeiert werden und wie erwähnt reges Interesse von großen, bzw. Major-Firmen ernten, sind die Reaktionen in Europa verhalten. „DILLINGER sind in den letzten zwölf Monaten deutlich bekannter geworden und das wird sicher zunehmen. Mit CAVE IN gibt es manchmal Probleme, weil ihre Musik neu ist und ganz anders klingt als unsere bisherigen Sachen. Da kommen Reviews wie: „... CAVE IN sind cool, aber MÖRSER gefallen mir viel besser.“ Bei so viel Inkompetenz fasse ich mir an den Kopf. Beide Bands trennen Welten! „Jupiter“ ist eine echte Ausnahmeplatte, und CAVE IN eine Band, die sicher noch groß werden wird. Deutschland ist leider noch nicht reif dafür. Das liegt zum Teil auch an uns, da wir nicht das Geld haben, die Bands auf breiter Ebene zu promoten.“ Die Ignoranz, die diesen Bands teilweise entgegen schlägt, führt Gregor nicht zuletzt darauf zurück, dass man sie keiner Szene zuordnen kann. „Sie bewegen sich zwar im Underground und machen entsprechende Musik, aber kein Metaller weiß, ob das überhaupt noch Metal ist, während der Punkrocker sich nicht sicher ist, ob die Band das richtige Image transportiert. Die Musik alleine reicht oft nicht. Solange sie hier nicht oder nur wenig touren, und Hörer keine Ansatzpunkte haben, werden sie es weiterhin schwer haben. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, da viele Liebhaber Bands z.B. über das Internet auschecken. Manche US-Magazine schreiben fast ausschließlich über diese Szene und das bekommt Europa irgendwann mit.“ CSM lassen sich nicht unterkriegen, denn erstens machen sie das Label nicht aus kommerziellem Interesse und zweitens warten sie einfach so lange ab, bis die Leute endlich merken, dass sich etwas neues und heißes entwickelt. „Wir alleine sind einfach auch zu klein, um einen riesigen Hype zu starten.“
Warten wir gespannt, was sich in den nächsten Monaten mit Bands wie CAVE IN, THE DILLINGER ESCAPE PLAN, DARKEST HOUR, KILLSWITCH ENGANGE, CANDIRIA, GOD FORBID, BOTCH, ZOA und Kollegen tut. Das entscheidet nicht zuletzt Ihr, werte Leser!
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #44 September/Oktober/November 2001 und Melanie Schmidt