CHEEKS

Wenn man in den letzten Jahren in Deutschland die Begriffe Mod oder Powerpop hörte, geschah dies nicht selten in Verbindung mit der Solinger Band THE CHEEKS. Mit ihrem Debüt-Album räumten die smarten Solinger bereits voll ab, legten nun endlich ihren zweiten Longplayer bei Wolverine Records nach und bekommen nun hoffentlich die erwarteten Lorbeeren verabreicht, die ihnen bisher in gebührender Form untersagt blieben. Wer die Jungs schon einmal live erlebt hat, wird mir zustimmen, wenn ich sage, dass sie zum besten gehören, was unser Land derzeit an melodischer, handgemachter Pop-Musik zu bieten hat. Aber keine Angst, auch wenn sich schon mal die eine oder anderer Ballade ins Repertoire der Band schleicht, so besitzt die Musik stets genug Ecken und Kanten, um nicht in belangloses Geplätscher zu verfallen. Genug der vielen einleitenden Worte, lassen wir lieber Sänger Kono zu Wort kommen, der mir meine Fragen beantwortete.

Seit eurem Debüt-Album ist ja schon einige Zeit ins Land gezogen, in der sich bei euch einiges geändert hat. So wird auf dem neuen Album auch gleich eine neue Besetzung präsentiert. Erzähl doch mal was zu dieser Entwicklung.


Nicht zu unrecht bezeichnete Gründungsmitglied Lutz Soundflat diese Formation als „The New CHEEKS“. Wer uns ´97 zum letzten mal sah, wird nun eine komplett veränderte Band vorfinden. Seit dem Debüt-Album gab es drei Umbesetzungen mit insgesamt fünf neuen Mitgliedern; dies nagt natürlich gewaltig an deiner Produktivität und ist nicht zuletzt auch der Grund für die extrem lange Phase hin zum aktuellen Longplayer. Persönlich glaube ich, dass keiner der ausgeschiedenen Freunde wirklich ohne diese Band auskommen wollte, aber es gab Krisen in jeder erdenklichen Form. Diese Akte würde soziologische Studien, Gesundheitsgutachten, sowie Artikel aus „Bild der Frau“ enthalten; von Fußballneurose über Keimphobie bis „zu schwanger zum Rocken“ war da alles vertreten.

Was bringt das für Unterschiede zu früher mit sich?

Die aktuelle Besetzung wird sich hoffentlich so bald nicht mehr verändern, denn die Motivation für gemeinsame Ziele ist stark. Entscheidend dafür ist die erlangte Musikalität und die damit verbundene Weiterentwicklung des eigenen Stils. Die Band hatte seit je her tolle Songwriter. Wer sich unsere Frühwerke genau anhört, wird feststellen, dass die Arrangements und vor allem die Tempi gar nicht unbedingt zu den Songs passen. So war die Schublade, in die uns manche auch heute noch lieber stecken würden, einzig Ausdruck unserer Unfähigkeiten, denn ein guter Powerpopsong verlangt inszenierte Harmonien, und die lassen sich nun mal nicht durch träge Minimalität vertuschen. Selbst die Könige der Minimalität, auch RAMONES genannt, waren tolle Musiker. Wie man weiß, ist Joey ausgebildeter Sänger gewesen. Aber die Powerpopbands der 70er orientierten sich genauso wie wir am Songwriting der 60er, d.h. es ist unsere Bestimmung sowie unsere Leidenschaft, Songs auszuarbeiten, bis sie poppiger gar nicht mehr sein können ...

Solingen galt ja in den 90er Jahren dank Bands wie z.B. den JET BUMPERS, CAVE 4 und nicht zuletzt euch als heimliche Rock´n´Roll-Hauptstadt unserer Republik. Wie sieht es heute bei euch aus? Was hat sich geändert, was ist geblieben?

Das Geheimnis an dieser Stadt ist, dass die wenigen Hauptakteure alle die eine Rock´n´Roll Highschool besucht haben und schon in den Achtzigern jede noch so kleine Bemühung um die Renaissance dreiakkordiger Garagenrocksongs miterleben wollten. Dafür ist man weit gereist, aber man stand stets in der ersten Reihe des guten Geschmacks. Das übertrug sich dann auch auf die ersten Versuche, selber zu glänzen, indem man STOOGES-Punk spielte - weit vor „Nevermind“ - Surf spielte - lange vor Pulp Fiction - man mithalf, Bands wie die ANGRY SAMOANS und THE KIDS neu zu erleben und den Begriff Powerpop reformierte. Der dann selbst inszenierte Rock-City-Hype war eine wirkungsvolle Methode, auf diese Innovationen aufmerksam zu machen und bekam auch nur auf Grund der vorhandenen Stilsicherheit seine Chance. Zu dieser Zeit war das Gefühl einer eingeschworenen Gemeinde in unseren Köpfen noch präsent, mit zunehmendem überregionalem Zuspruch artete dann wohl das Miteinander in ein „Jeder für sich“ aus, so dass heute leider nicht mehr viel davon geblieben ist. Trotzdem gibt es wilde Bemühungen weiterzumachen, z.B. Jenz Bumper ist immer gut für Rock´n´Roll-Action, aber es hat trotzdem den Anschein, dass jene, die sich daran erfreuen sollten sehr, sehr müde geworden sind.

In letzter Zeit stolperte ich ab und an mal über den Begriff „Neo-Mod“. Gibt es so etwas wie ein neues Mod-Revival? Wenn ja, kommt euch das zugute?

Nein, das gibt es nicht, weder hier, noch sonst irgendwo. Es scheint, als hätte dieser Begriff den Musikjournalismus hierzulande mit jahrzehntelanger Verspätung erreicht. Durch die britische Musikszene der letzten zehn Jahre haben viele Leute hier grundlegende Dinge über Mod erfahren, die bis dahin deutlich an ihnen vorbeigegangen sind, obwohl das ein wichtiger Bestandteil der britischen Rockgeschichte in den 60er Jahren gewesen ist. Für viele Mainstreambereiche ist der Begriff heute eine Möglichkeit, ihre Produkte mit dem Flair einer Epoche darzustellen, so z.B. Mode, Möbel, Lifestyle, Frisuren, Partys etc. Aber die bestehende Mod-Szene ist eine handvoll Verrückter, die darauf warten, dass ihrem Fetischismus die verdiente Anerkennung zu Teil wird. Stattdessen okkupieren verkleidete Girlies die Tanzflächen, um ihre hippen Kostüme zur Schau zu stellen; die würden allerdings schnell das Weite suchen, wenn Pete Townshend zum Höhepunkt kommt.