CHASTITY BELT

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Female Confidence

Ursprünglich 2010 als College-Spaßprojekt von vier Freundinnen in Walla Walla, Washington, gestartet, haben sich CHASTITY BELT im Laufe der Jahre zu einer recht ernsten Angelegenheit entwickelt. Wohin die Reise auf dem neuesten Album mit dem ironisch influencer-kritischen Titel „Live Laugh Love“ führt, erklären Julia Shapiro (Gesang, Gitarre), Lydia Lund (Leadgitarre) und Gretchen Grimm (Drums).

Ihr wohnt mittlerweile nicht mehr alle gemeinsam in Seattle, sondern verteilt euch auf verschiedene Orte. Wie funktioniert das in Sachen Songwriting?

Julia: Das ist schon ziemlich knifflig. Annie Truscott, unsere Bassistin, ist in LA, Gretchen und ich sind in Seattle, und Lydia ist in London, das verlangsamt den ganzen Prozess definitiv. Aber ja, wir haben irgendwie herausgefunden, wie wir das umgehen können. Und ja, am Ende kommen trotzdem eine Menge Songs rum, die wir in kleinen Zeitabschnitten aufnehmen, sozusagen in Schüben, das hat sich inzwischen ganz gut eingespielt. Für dieses Album haben wir das meiste Material in drei größeren Aufnahmesessions eingetütet.

Waren diese drei getrennten Sessions der Grund dafür, dass die Grundstimmung im Verlauf des Albums irgendwo zwischen Melancholie und Wärme schwankt?
Lydia: Ich denke, das ist ein wirklich schöner Vergleich. Ich glaube, das spricht in gewisser Weise für die zyklische Natur der Gefühle, die wir alle als Individuen erleben. Es gibt Zeiten, in denen sich das Zusammenspiel innerhalb der Band wirklich sehr positiv und warm anfühlt. Wir sind alle richtig gut drauf, lachen sehr viel und haben einfach eine gute Zeit. Gleichzeitig bietet die Band auch Raum, um sich wirklich beschissen zu fühlen, und als Band versuchen wir, diese Art von Raum füreinander zu lassen, weil wir wissen, dass man das alles akzeptieren muss. Aber die drei Sessions haben da meiner Meinung nach eher wenig Einfluss drauf, das ist einfach grundsätzlich so. Auch wenn du generell an einem Ort wohnst und dich regelmäßiger triffst.

Ihr wechselt während des Albums auch mehrmals die Instrumente. Wie kam es dazu?
Julia: Wir haben eigentlich schon immer hin und her gewechselt, das hat während Jams angefangen, die Instrumente hier und da ein bisschen hin und her zu wechseln und alles ein wenig auf den Kopf zu stellen. Und dieses Mal haben wir das einfach auch im Studio gemacht. Jede von uns kann verschiedene Instrumente spielen, warum das also nicht nutzen?
Gretchen: Das macht Spaß und hält die Dinge für uns auch einfach frisch.
Julia: Und das ist tatsächlich das erste Album, auf dem wir alle vier einen eigenen Song gesungen haben.

Hat jemand von euch dabei Gretchen an den Drums abgelöst?
Julia: Ich spiele Schlagzeug bei einem Song auf diesem Album. Auf den letzten paar Alben haben Gretchen und ich auch bei Songs getauscht, aber auf diesem Album drumme ich zum ersten Mal zu einem von Lydias Songs. Und Gretchen spielt Leadgitarre. Das ist neu.
Gretchen: Und Lydia spielt auf einem Track Bass, das ist auch neu.

Im Frühjahr geht es ja los und ihr könnt das tatsächlich live testen, was heißt das sonst noch für euch?
Julia: Inzwischen touren wir nicht mehr so viel wie noch vor einigen Jahren, dadurch ist das Touren etwas geworden, auf das wir uns alle freuen. Ja, und diese Tour wird wirklich ein großer Spaß, weil unsere letzte Headliner-Tour schon eine ganze Weile zurückliegt, das war Anfang 2020. Also ja, wir können es kaum erwarten, endlich mal wieder da rauskommen zu können.

Konntet ihr eure letzte Tour 2020 noch beenden oder musste sie vorzeitig abgebrochen werden?
Julia: Wir waren zum Glück knapp vor den Covid-Lockdowns fertig, unsere letzte Show war so um den 1. März herum.

Hat Covid sonst etwas innerhalb der Band verändert?
Lydia: Es hat auf jeden Fall etwas in unserem persönlichen Leben verändert und das beeinflusst dann natürlich zwangsläufig auch die Band. Ich arbeite zum Beispiel jetzt Vollzeit als Programmiererin, natürlich muss ich mein Bandleben da entsprechend dran ausrichten.
Gretchen: Na ja, ich weiß nicht, ob Covid da wirklich der Hauptauslöser war, aber zum Teil hat es mich wohl auch dazu angespornt, ein paar Dinge in meinem Leben zu verändern.
Julia: Ich glaube nicht, dass Covid mein Leben groß verändert hat, um ehrlich zu sein. Ich mache noch immer genau denselben alten Kram wie vorher, haha.

Wenn ihr zurückblickt auf eure Anfänge, was hat sich sonst noch verändert?
Lydia: Als wir angefangen haben, hatte ich auf jeden Fall noch nicht sonderlich viel Selbstbewusstsein. Ich denke gerade an unsere erste Show und daran, wie ich die Lautstärke meines Verstärkers auf die Hälfte heruntergedreht habe und niemand konnte mich hören. Und erst langsam ist mir bewusst geworden, okay, ich könnte wohl ein bisschen lauter sein, haha. Wir wurden halt nicht mit diesem männlichen Selbstbewusstsein geboren, das hat eine ganze Zeit gedauert, bis sich da was aufgebaut hat. Witze reißen, sich über sich selbst lustig machen, das baut Selbstvertrauen auf und das hat sich auf jeden Fall im Laufe der Jahre geändert. Inzwischen bringen wir, denke ich, reichlich Selbstvertrauen mit.

Ist die Band inzwischen eine ernstere Angelegenheit als zu euren Anfangszeiten?
Julia: Als wir anfingen, war es definitiv keine ernste Angelegenheit. Es wurde etwas ernsthafter, als wir nach Seattle zogen. Und dann kam es zu einem Punkt, an dem es vielleicht sogar zu ernst war. Es ist wirklich eine Menge Arbeit, in einer Band zu sein, und wir haben im Laufe der Jahre erkannt, dass wir die Band nicht als Businessangelegenheit betrachten wollen. Denn zeitweise fühlte es sich tatsächlich so an, als ginge es nur noch ums Geschäftemachen und Geldverdienen, und das war wirklich überhaupt kein gutes Gefühl. Darum haben wir das etwas zurückgeschraubt und versucht, die Band wieder zu dem zu machen, wofür wir sie ursprünglich gegründet haben: Eine Sache, die Spaß macht und aus dem Moment heraus lebt.

Ihr habt zwei ziemlich unterschiedliche Musikvideos zu zwei Songs des Albums gedreht. „I-90 Bridge“ verfolgt ja eher einen DIY-Ansatz.
Gretchen: Ja, ich habe einfach eine Kamera an mein Fahrrad geschnallt und bin mit dem Fahrrad zur I-90-Brücke gefahren und hatte echt Glück. Der Sonnenuntergang war wirklich wunderschön an diesem Tag, und ich war zur perfekten Zeit dort. Es war einfach eine glückliche Fügung. Aber ja, wenn man sich das Video anschaut, wird man wohl ein bisschen seekrank. Ich musste die Abspielgeschwindigkeit ein Stück weit beschleunigen, weil die Fahrt in der Originalgeschwindigkeit einfach zu lahm rübergekommen ist. Aber ja, jetzt ist es nicht mehr nur ein Lyricvideo, sondern hat eine hübsche visuelle Ergänzung.

Es ist wirklich schön geworden. Der Clip zu „Hollow“ geht in eine ganz andere Richtung.
Julia: Es war einfach eine Art Assoziationskette zum Albumtitel „Live Laugh Love“, dieser ganze nervige Influencer-Kram hat uns dazu inspiriert. Die Ursprungsidee stammt von Gretchen und mir. Dann haben wir uns mit Nick Shively getroffen, der Regie führen sollte, und er war sofort Feuer und Flamme dafür und hatte selbst ein paar Ergänzungen. Insgesamt haben uns eine Menge Freunde dabei geholfen, das auf die Beine zu stellen, es ist also eine Art Kollaboration mit sehr vielen Ideen im Mix, haha. Nick hat dann bei der ganzen Umsetzung geholfen. Es hat wirklich verdammt viel Spaß gemacht.

Hat DIY generell einen hohen Stellenwert für euch?
Julia: Bis zu einem gewissen Grad schon. Ich habe beispielsweise das Bild von dieser Skydancer-Werbefigur für dieses Album ausgesucht und das ist dann zum Thema des gesamten Artworks geworden. Beim letzten Album habe ich das Artwork tatsächlich auch gelayoutet. Aber davor hatten wir eigentlich immer Hilfe von Freunden. Freundschaft ist einfach ein zentraler Motor der Band.

Ihr seid gerade frisch zu Suicide Squeeze-Label gewechselt, wie kam es dazu?
Julia: Ich kenne David Dickenson, der Suicide Squeeze betreibt, schon eine ganze Weile. Er hat eine Platte meiner anderen Band CHILDBIRTH herausgebracht und auch meine Soloplatte „Zorked“. Ungefähr 2021 habe ich angefangen, für ihn zu arbeiten. Ich habe einfach gesehen, wie er sein Label führt und fand es toll, mit ihm zu arbeiten. Und eigentlich hatte David uns schon mal, kurz nachdem wir bei Hardly Art unterschrieben hatten, darauf angesprochen, ob wir mit ihm zusammenarbeiten wollen. Er ist also auch eine Art früher Unterstützer der Band. Und jetzt war einfach der Zeitpunkt gekommen, an dem wir bereit waren für eine Veränderung und ein neues Label.