Auf einmal waren CHARTREUX aus Leipzig da, haben ein Album angekündigt und ein Video veröffentlicht – und das recht präsent durch ihr Label Gunner Records. Auf ihrer Facebook-Seite steht 14-mal „Punk“. Erklärungen fehlen. Dabei sind die vier keine Unbekannten in der Punkrock-Szene. Ein Interview mit einer Band, die gerade ihr Debüt veröffentlicht hat? In diesem Fall Pflicht!
Wer sind CHARTREUX überhaupt?
Sebastian: Wir sind Eiko, Gitarre, Sebastian, Bass, Tobi, Drums und Gesang, und Christian, Gitarre und Gesang.
Tobi habe ich schon durch OAT kennen gelernt, wo er vorher gespielt hat. Und ich meine, das auch herauszuhören.
Aiko: Ja, er ist auch ein Drummer, der nicht nur brav den Viervierteltakt runtertrommelt, sondern selbst auch viele Ideen einbringt.
Aber nicht nur Tobi war oder ist noch in anderen Bands.
Sebastian: Christian spielt bei SHUTCOMBO, Tobi war bei OAT, MILES & FEET und einer Metalcore-Band und ich spiele noch bei PIEFKE.
Aiko: Du hast aber noch eine Band, die solltest du nicht verschweigen!
Sebastian: Haha, na gut. Tobi und ich spielen mit meinem Schwiegervater noch in einer Beat- und BEATLES-Coverband.
Dafür musst du dich nicht schämen. Ich weiß zum Beispiel von den BEATSTEAKS, dass sie auch riesige BEATLES-Fans sind und einige – oder alle? – sogar den Schriftzug tätowiert haben.
Aiko: Die gehören bei vielen ja auch zur musikalischen Sozialisation. Ich habe bei TACKLEBERRY und THE FORCE WITHIN Gitarre gespielt, bei SHUTCOMBO Bass und bei WAREHOUSE gesungen. Viele der Bands sind auch bei Gunner Records, daher auch die Connection zu Gunner Records, wo unser Album „You Didn’t Doubt This“ erscheint.
Auf dem Album ist auch der Song „Harriet“, zu dem ihr auch ein Video gedreht habt. Darin sieht man euch auf Fahrrädern. Mir erscheint Fahrradfahren als kleine Art der linksgrünversifften Rebellion. War das auch eure Absicht?
Sebastian: Bei uns ist Eiko der Einzige, der mit dem Fahrrad zur Bandprobe kommt. Und er besitzt alleine mehr Fahrräder als wir alle zusammen, also: nein.
Aiko: Ich war mal Kurierfahrer und im Moment ist Fahrradfahren ein absolut pandemietaugliches Mittel, sich fortzubewegen.
Wen hasst du mehr – Fußgänger:innen oder Autofahrende?
Aiko: Man muss immer nach oben treten: Auf jeden Fall Autofahrende.
Wie geil ist Leipzig by bike?
Aiko: Die Gentrifizierung hat hier auch etwas Gutes: Viel von dem Kopfsteinpflaster wurde mittlerweile ausgebessert. Wie in Münster ist es hier aber noch nicht. Immerhin ist es hier recht flach.
Apropos flach: Welche Verkehrsteilnehmer:innen sind am ärmsten dran? Fahrradfahrende, die müssen sogar Luft pumpen! Okay, wenn offensichtlich nicht mit dem Fahrrad, wie habt ihr dann zueinander gefunden?
Sebastian: OAT und SHUTCOMBO haben mal ein paar Konzerte zusammen gespielt. Dann haben die Leute sich so ein bisschen kennen gelernt. Irgendwann hat Tobi zu Christian gesagt: Lass uns mal ein bisschen jammen. Und Eiko und ich haben uns dann eingezeckt. Das war im Spätsommer, Herbst 2019.
Kurz vor der Pandemie. Laut Facebook habt ihr nur zwei Konzerte gespielt.
Sebastian: Genau genommen sogar nur anderthalb: Eins in einer privaten Location, eins im Februar und ab da sind alle schon geplanten Shows weggefallen.
Aiko: Wir hatten ein Set von 15 Minuten fertig und wollten damit durch Deutschland touren.
Was fehlt euch dadurch, dass Touren und Konzerte nicht stattfinden können?
Aiko: Dass man sein Wochenende damit verbringt, dass man den ganzen Tag mit Menschen in einem Auto sitzt, die man hasst, um am Abend etwas zu machen, was man liebt.
Sebastian: Ich kenne Tobi schon länger, mit dem Rest der Band hatten wir – abgesehen von ein paar Proben und dem Videodreh – noch nie die Chance, uns so richtig kennen zu lernen. Das fehlt.
Auf eurer Facebook-Seite steht 14-mal „Punk“. Was ist Punk für euch?
Sebastian: Viel DIY. Die Songs haben wir im Proberaum selbst aufgenommen, das Video hat Tobi gemacht ... Wir haben uns eigentlich nur beim Mastering helfen lassen. Und eben bei der Labelarbeit.
Aiko: Ich habe durch Punk die besten Menschen kennengelernt und durch Punk die Welt sehen können, weil man mit Menschen zusammenkommt, die Sachen nicht machen, weil sie es müssen, sondern weil sie es wollen.
Seid ihr neben den Bands noch szeneaktiv?
Sebastian: Ich habe unter anderem bei Roter Stern Leipzig Fußball gespielt und Leipzig hat eine rege Demonstrationskultur, in der wir uns engagieren. Leipzig gilt zwar als roter Fleck im braunen Osten, ist aber nach Berlin die Stadt mit den meisten Todesopfern durch rechte Gewalt.
Aiko: Daneben veranstalten wir alle hin und wieder mal – wenn es denn geht – Konzerte.
Wie geht’s mit CHARTREUX weiter?
Sebastian: Im Mai kam die Platte und die ein, zwei geplanten Konzerte werden bestimmt nicht stattfinden.
Aiko: Ansonsten müssen wir uns etwas anderes überlegen. Wir schreiben schon neue Songs, drehen bestimmt noch mehr Videos. Livestream-Konzerte finden wir aber doof.
Sebastian: Das Unterwegssein, das viele Warten, das gegenseitige Hassen – ich mag das. Vielleicht rettet die Pandemie ja sogar die Band, haha! Was auf jeden Fall wichtig ist: Probleme nicht anzusprechen. Also gut, dass wir gerade nicht acht Stunden zusammen im Van sitzen!
Aiko: Zur Not betrinken wir uns einfach. Das können wir.
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