CATTLE DECAPITATION

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Bring Your Daughter To The Slaughter

Im Jahre 1996 als eine Art vegane Goregrind-Variante der ebenfalls aus San Diego stammenden Krachfetischisten THE LOCUST gegründet, erregte CATTLE DECAPITATION nicht nur durch die etwas untypischen Metzelcover erstes Aufsehen. Vor allem die textliche Komponente, die schwarzwürzig den Menschen an die Position eines Tieres im Schlachthaus oder im Versuchslabor persiflierend gleichstellt, sorgte dafür, dass man sich vom Wust der anderen CANNIBAL CORSPE- und CARCASS-Nachahmer auf erfrischendeWeise abhob. Verschiedene Line-up-Wechsel und unzählige Releases später konnten sie nun mit dem vierten Metal Blade-Release „The Harvest Floor“ auch mich endgültig überzeugen, ihnen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Ging man auf den vorangegangen Releases noch ein wenig zu unkontrolliert zu Werke, überzeugt die aktuelle Schlachtplatte durch eine fokussiertere Marschrichtung und auflockernde Experimentierfreudigkeit. Da sich die Bandmitglieder nicht nur für Tierschutz und gegen politische Ungerechtigkeiten stark machen, sondern das Ganze auch noch mit einer gehörigen Portion Humor garnieren, war es eine Selbstverständlichkeit, dem „Director Of Culinary Arts“ Travis Ryan, der ebenfalls für die „Human Resources“ zuständig ist, ein paar Fragen zukommen zu lassen.

Ich behaupte einfach mal, dass „The Harvest Floor“ euer bis dato bestes Album ist. Würdest du sagen, dass dank eures neuen Mitglieds Dave McGraw euer Songwriting komplexer geworden ist als bei euren früheren Alben?

Ja, das kann man so stehen lassen. Wir wollten schon immer an den Punkt gelangen, wo wir uns musikalisch einig sind, aber es ist nun mal schwierig, das zu erreichen mit vier verschiedenen Persönlichkeiten mit ihren jeweiligen Interessen. Wir unterscheiden uns drastisch voneinander. Aber wir haben endlich den Typen gefunden, der uns hilft, unsere Ansprüche besser zutage zu fördern.

Einen großen Stellenwert in der Death/Grind-Szene scheinen die blutrünstigen und verstörenden Plattencover einzunehmen. Welches ist dein favorisiertes Coverartwork und wieso?

Generell würde ich die Gatefold-Innenseite der „Symphonies Of Sickness“-LP von CARCASS wählen. Besser geht es einfach nicht. Von unseren Alben würde ich „Human Jerky“ wählen, weil es so simpel auf den Punkt ist. Perfekt.

Apropos: Euer aktuelles Coverartwork wurde wieder einmal von Wes Benscoter angefertigt. Ist er für euch das, was Vincent Locke für CANNIBAL CORPSE ist?

Ja! Nun ja, darauf zielen wir zumindest ab, haha ... Wes ist nicht „exklusiv“ unser Coverkünstler, so wie Locke, glaube ich, bei CANNIBAL CORPSE verpflichtet ist, aber er sitzt mit uns im gleichen Boot. Wir haben im Laufe der Jahre mittlerweile ein harmonisches Verhältnis miteinander und ich schätze seine Kunst und seinen Ideenreichtum wirklich sehr. Er ist einer der Besten!

Das Cover von „The Harvest Floor“ ist ein wenig „konsumentenfreundlicher“ ausgefallen, man sieht nicht wie zuvor nur Eingeweide und Metzeleien auf der Vorderseite. Mich würde jetzt interessieren, ob ihr, wie viele andere Bands, schon Probleme mit Zensur seitens eures Plattenlabels oder der Behörden hattet.

Hahaha ... Oh Mann! Das ist also die Welt, in der wir leben, wo jemand ein Bild wie das für „The Harvest Floor“ nimmt und es als „konsumentenfreundlicher“ ansieht! Das ist einfach verrückt. Was du auf dem Cover siehst, ist Völkermord! So was findet schon seit Jahren statt, und den meisten sollte wohl auch die europäische Geschichte der 1940er Jahren bekannt sein. Ich würde das Plattencover als eines unserer bisher brutalsten bezeichnen. Es bringt alle unsere Aussagen auf den Punkt, und ich kann es selber kaum glauben, dass wir damit durch die Zensur gekommen sind. Dieses Cover ist provozierender als irgendwelche „Nonnen mit raushängenden Titten“-Black-Metal- oder sonstige blutrünstigen Cover. Hier werden Menschen in ein Gebäude gepfercht, um abgeschlachtet zu werden. Wie auch immer, den blutigen Teil findet man im Booklet. So läuft halt das Spielchen, damit wir unsere Platten in normalen Plattenläden anbieten dürfen. Aber das ist okay und macht die ganze Sache nur noch interessanter, wenn du mich fragst. Im Booklet-Inneren sind wir meist blutüberströmt zu sehen, wie wir uns in einem Menschenschlachthaus versklaven. Aber wenn niemand mehr CDs kauft, wer sollte das noch mitbekommen?

Für wie wichtig hältst du demnach den visuellen Aspekt, um eure Musik zu beschreiben?

Für uns ist das Verhältnis fifty-fifty. Wir verfolgen ein bestimmtes Thema und die visuelle Ausarbeitung muss dazu passen und nimmt einen großen Stellenwert ein.

Was hält eigentlich Jarboe, die frühere Sängerin der SWANS, von eurem neuen Album?

Sie hat kürzlich erst einen Blog auf ihrer MySpace-Seite darüber gepostet. Offensichtlich liebt sie die neue Platte! Kurioserweise fragte sie mich auch nach Gesangtips, als wir in Atlanta waren. Wenn du mir vor zehn Jahren gesagt hättest, dass so was passieren würde, hätte ich wahrscheinlich mit dem Kopf geschüttelt. Ich war schon immer ein großer Fan von ihr und habe auch all ihre Projekte seit Jahren interessiert verfolgt, insofern war es eine große Ehre, sie auf unserer neuen Platte dabei zu haben. Schon allein mit ihr während einer Show zu reden und von ihr gelobt zu werden, ist ein großartiges Gefühl.

Glaubst du, dass der stereotype Death-Metal/Grindcore-Fan euren textlichen Anspruch honoriert, beziehungsweise dass ihr dadurch seine Sichtweise auf Themen wie Tierrechte ändern könntet?

Hahaha ... Nein! Ich meine, nicht im Großen und Ganzen. Es werden bestimmt hier und da ein paar Leute dadurch aufgerüttelt, sich zumindest mal hinzusetzen, um darüber mal nachzudenken, allgemein gesehen aber wahrscheinlich nicht. Aber ich glaube auch nicht, dass uns die Mehrheit das zum Vorwurf macht. Ehrlich gesagt, glaube ich sogar, dass die meisten ein falsches Bild von uns haben. Wir sind nicht Straight Edge. Wir sind keine Christen. Wir schreiben Leuten nicht vor, was sie tun oder lassen sollen, und wir versuchen erst recht nicht, mit Gewalt unsere Meinung zu vertreten. So sieht’s aus!

Kannibalismus ist für einen Großteil der Leute nichts weiter als ein Hirngespinst aus billigen Horrorfilmen, ohne von dem ethnischen oder religiösen Hintergrund überhaupt etwas zu wissen. Stell dir mal vor, Kannibalismus würde staatlich gefördert und du könntest dir mit deiner Frau in einem Fünf-Sterne-Restaurant bei Kerzenlicht Menschenfleisch mit Kartoffeln und Gemüse bestellen und mit einem Gläschen Wein runterspülen. Würden dann diese menschlichen Fleischwaren auf Farmen besser behandelt werden als Hühner oder Kühe?

Nun, das ist ein witziger Gedanke. Das würde Mord voraussetzen, oder wir müssten nur Menschen essen, die entweder auf natürlichem Wege das Zeitliche gesegnet haben oder bei einem Unfall ums Leben gekommen sind oder so ähnlich. Also niemanden, der nur deshalb getötet wurde, um in der Pfanne zu landen. Da frage ich mich doch ernsthaft, warum wir aber genau das Tieren antun? Weil wir schlauer sind? Wenn du in der Wildnis lebst und du musst ein Tier töten, um zu überleben, ist das nachvollziehbar für mich. Aber Massentierhaltung? Brauchen wir wirklich so etwas, um zu überleben? Das ist Heuchelei, wenn du mich fragst, aber es passiert immer und immer wieder ...

Also würdest du sagen, dass Tierrechte immer noch nicht ernst genommen werden?

Definitiv nicht! Aber das ist ein kompliziertes Thema. Tiere können sich mit uns nicht direkt verständigen, so dass sie uns ihre Meinung sagen könnten, also wieso sollten sie überhaupt Rechte haben? Wir sollten viel mehr das Leben respektieren und die Gesetze der Natur. Massentierhaltung und Massenproduktion und -konsumbereitschaft aber verhindern das. Alles, was wir Menschen in den ganzen Jahren veranstaltet haben, steht im direkten Konflikt mit der Natur. Die Welt ist kein friedlicher Ort, insofern würde ich auch nichts ändern, außer vielleicht Intensivtierhaltung abschaffen. Aber die Natur ist auch uns nicht unbedingt freundlich gesinnt, da Natur kein Gewissen hat. Sie ist, wie sie ist, und wir wollen sie kontrollieren.

Amerika steht ja jetzt eine große Veränderung bevor mit dem neugewählten Präsidenten Barack Obama als „Galionsfigur“ für eine „hoffnungsvollere“ Zukunft. Ist der „Harvest Floor“ demzufolge Geschichte?

Hahaha, der Typ hat ja sein Amt gerade erst angetreten. Es wird noch Jahre dauern, bevor man überhaupt behaupten könnte, er hätte irgendetwas verändert, wenn überhaupt. Ich würde nicht sagen, dass der „Harvest Floor“ der Vergangenheit angehört, ich bin doch sehr pessimistisch eingestellt, aber, Mann, wir haben ja noch nicht mal angefangen, dafür zu touren! Aber egal, wir sind am Arsch. So wie die Gesellschaft unsere Zukunft moduliert hat, sind wir schon längst auf die Fresse gefallen und warten nur noch darauf, endlich ins Gras zu beißen ...

Ihr werdet hier und da öfter als Deathcore-Kapelle abgestempelt. Ich frage mich dann doch, was diese Deathcore-Kategorie überhaupt genau sein soll?

Das liegt einfach nur daran, dass wir mit solchen Bands hin und wieder zusammenspielen. Wir haben keine Breakdowns, diese reproduzierbaren, banalen und vorhersehbaren Breakdowns. Wir stimmen unsere Instrumente nicht auf Drop Z und verstecken uns nicht hinter einem E-Akkord auf einer siebensaitigen Ibanez. Genau das und die Tatsache, dass alle wie Emos und Tough-Guy-Vollspasten aussehen, kategorisiert „Deathcore“. Damit haben wir aber auch nichts am Hut. Wir spielen nicht diese Art von Musik und ich würde lieber ganz mit dem Musikmachen aufhören, bevor ich so einen Schrott spiele.

Letzte Frage: Welchen ABBA-Song würdest du gerne covern?

Sehr gute Frage, da bist du bei mir an der richtigen Stelle. Entweder „When I kissed the teacher“ oder „Knowing me, knowing you“ – ich liebe diesen Song. Ein Freund von mir hat sich gerade alle Alben mit allen B-Seiten besorgt. Insgesamt 99 Tracks, im Gegensatz zu meiner kleinen „Thank You For The Music“-Box, die nur 65 Tracks hat. Bis dahin dachte ich, ich hätte wirklich alles von ABBA ...