Auf Bob Mould war in den letzten zehn Jahren Verlass: alle paar Jahre ein neues Album, eine Tour, mitreißende Konzerte – wenn man in den Achtzigern Fan von HÜSKER DÜ war, muss man das Schaffen von Bob auch heute noch lieben. Gerade ist „Sunshine Rock“ erschienen, das neue Album des Gitarristen und Sängers, der lange in Minneapolis, Minnesota lebte (und in Washington, D.C. und in New York City) und vor drei Jahren nach Berlin zog. Dort erreiche ich ihn auch für dieses Interview, in dem es um Berlin, HÜSKER DÜ, Rave-Kultur und Coversongs ging.
Bob, Berlin im Winter, warum tut man sich das an? Du bist gerade in die Stadt zurückgekehrt aus den USA.
Nun, in Minnesota war es noch viel schlimmer. Heute morgen hatte es hier drei Grad, es schneit nicht, eigentlich ganz okay, aber für mich ist nicht die Kälte das Schlimmste oder der Wind oder der Regen, sondern die Dunkelheit im Winter.
Ich schätze, bei all den Interviews, die du dieser Tage gibst, wird immer wieder das Thema aufkommen, dass du in Berlin lebst, was kaum jemand wusste. Deutsche sind immer noch fasziniert davon, wenn internationale Künstler nach Deutschland ziehen, und speziell bei Berlin ist man dann schnell bei diesem „Iggy Pop und David Bowie in Berlin“-Ding. Nicht zu vergessen Nick Cave. Also warum Berlin?
Ich mag die Stadt, ich lebe jetzt fast drei Jahre hier. Teilweise bin ich auch noch in San Francisco, wie zum Beispiel für die Aufnahmen des Albums. Ich bevorzuge es einfach, in dem Studio dort zu arbeiten. Berlin ist eine faszinierende Stadt mit einer interessanten Geschichte. Sie hat viel Kunst und Kultur zu bieten. Und die Restaurants hier sind auch viel besser. Außerdem habe ich hier viele Freunde aus der Musikszene, die ich teilweise schon seit Jahrzehnten kenne. In den letzten drei Jahren habe ich auch viele neue Leute kennen gelernt. Ich habe kein großes Aufhebens darum gemacht, dass ich jetzt in der Stadt bin. Ich lebe hier, gehe ins Fitnessstudio, gehe in den Supermarkt, habe ein neues Album geschrieben. Es war natürlich eine ziemliche Umstellung im Vergleich zu San Francisco. Die Gemeinsamkeiten der beiden Städte liegen aber auf der Hand: Sie sind beide sehr progressiv und tolerant. Aber es gibt auch viele Unterschiede, die Kultur ist schon anders. Ich brauchte eine Weile, bis ich mich umgestellt hatte, doch mittlerweile habe ich mich gut eingewöhnt. Ich wünschte nur, mein Deutsch wäre besser. In Berlin komme ich sehr gut klar, etwas anderes ist es, wenn ich mal nach Leipzig oder Dresden fahre und auf mich alleine gestellt bin. Mit dem Lesen klappt es schon ganz gut, beim Zuhören verstehe ich auch einiges, aber ich komme eben zu wenig zum Üben. Wenn ich Deutsch spreche, ist es meist so, dass die Leute spätestens beim zweiten Satz sagen, ich solle besser Englisch reden Zusammenfassend kann ich also sagen, dass es mir in Berlin gefällt, von den dunklen Wintern mal abgesehen. Und die letzten drei Jahre waren auch eine gute kreative Phase für mich. Und was nun diese historische Sache betrifft: Ich lebe in Schöneberg, wie damals Iggy und Bowie, aber das war ja eine andere Zeit. Damals war Punk hier groß, bevor sich alles nach Kreuzberg verlagerte, und die Mauer stand noch. Heute leben hier eher Menschen in meinem Alter, es ist eine angenehme Nachbarschaft.
Menschen deines Alters – deines echten Alters oder deines gefühlten Alters? In unserer Szene, in der man sich mit Rockmusik beschäftigt, fühlen sich viele ja erheblich jünger.
Wenn ich an Musik arbeite, fühle ich mich immer sehr jung. Aber wenn ich hier durch den Stadtteil laufe, dann fühle ich mich wie 58.
Neulich versuchte ein Mann, sein gefühltes Alter in den Pass eintragen zu lassen, weil er sich nicht wie 69 fühlt.
Gute Idee. Ich versuche das mal, wenn ich meine Aufenthaltserlaubnis verlängern lassen muss, hahaha. Auch wenn ich nicht glaube, dass es klappt.
Du und ich, wir beschäftigen uns beide mit Jugendkultur, obwohl wir längst nicht mehr in jugendlichem Alter sind. Wir führen aber fort, was wir in Teenagerjahren begonnen haben. Denkst du über so was nach?
Wir alle haben eine Zeit im Leben, in der uns Musik wirklich alles bedeutet. Meist beginnt das mit 16, und es geht dann auch mal bis 25 oder 30. Die Musik, die man in diesem Alter hört, die definiert einen. Ich hatte das Glück, dass ich schon im frühen Alter von fünf Jahren Musik ausgesetzt war und sie in gewisser Weise studierte und verstand. Meine Eltern führten damals ein kleines Lebensmittelgeschäft und der Lieferant, der meine Eltern mit Bier und Zigaretten versorgte, verkaufte auch gebrauchte Musicbox-Singles. Und diese Singles waren für mich als Kind mein Spielzeug. Ich spielte sie ab und merkte mir die Lieder. Für dieses neue Album habe ich nun versucht, mich wieder in diese Situation hineinzuversetzen. Nach ein paar Jahren, die in professioneller Hinsicht erfolgreich waren, persönlich aber hart, kam ich also nach Berlin und fing an, dieses Album zu schreiben und versuchte, die Musikmagie meiner Kindheit wiederzufinden. Was nun Rockmusik betrifft, so kann man sich schon fragen, ob die heute noch dasselbe ist wie früher, in unseren jungen Jahren. In den Sixties war Rockmusik mit der Gegenkultur und Protest verbunden, sie definierte von den USA ausgehend eine ganze Generation. In den Siebzigern kam dann Punk und brachte die Menschen dazu, einfach zu sagen, was sie dachten, und auch das veränderte die Welt. Mit meiner Musik in den Achtzigern trug ich dann einige Ideen diese Bewegung weiter. Und ich und viele andere aus meiner Umgebung haben dann für ihr weiteres Leben an diesen Ideen festgehalten. Dann kamen die Neunziger und Punkrock sah anders aus, war vielleicht aus der Mode gekommen. Die Rave-Subkultur hatte seine Stelle eingenommen, war plötzlich genauso spannend und gefährlich wie einst Punk, es war eine beeindruckende Erfahrung. Die Neunziger waren in den USA eine politisch sehr aufgeladene Zeit, auch R&B und HipHop spielten dabei eine wichtige Rolle. Und dann kam das Internet und plötzlich konnte jeder alles kennen, ohne danach suchen zu müssen. Das war der Beginn einer neuen kulturellen Ära, die nun schon seit zwanzig Jahren andauert. Informationen sind jetzt überall und allgegenwärtig. Wir berühren ein Display und schon wissen wir alles über die Welt.
Wir sehen Punk und seinen Fortbestand als selbstverständlich an, aber wenn mir befreundete Lehrer erzählen, dass sie schon lange nicht mehr erlebt hätten, dass sich Schüler überhaupt für Rockmusik interessieren, dann mache ich mir schon Gedanken.
Schon damals, als Punk losging, gab es die einen, die das als eine Art von Kunst ansahen und als Werkzeug, die Mode weiterzuentwickeln. Andere betrachteten es rein als eine neue Form von Musik, andere hatten den politischen Aspekt im Blick und für wieder andere war es ein von klaren Überzeugungen geprägter Lebensstil. Und dann erlebten wir in den USA vor 15, 20 Jahren, wie Punkrock zurückkam. Oder zumindest die Optik und ein bisschen auch die Musik. Aber für mich sind die Ideen hinter Punk bedeutender und größer als das Aussehen und die Musik. Diese Aspekte gehören dazu, aber sie sind nur Teile. Mag sein, dass wir heute weniger Menschen mit Irokesen-Haarschnitt sehen, aber die Ideen leben weiter.
Du erwähntest eben die Rave-Kultur der Neunziger, du warst selbst Teil davon, warst erfolgreicher DJ. Warum spiegelte sich das so gut wie nicht in deiner Musik unter dem Namen Bob Mould wider? Es gab nur 2006 mal ein entsprechendes Album, das du unter dem Namen BLOWOFF aufgenommen hast.
1998 lebte ich in New York City und verbrachte viel Zeit in den Clubs und in der dortigen Schwulenszene. Und die war eben stark von elektronischer Musik geprägt, ich bekam die ganzen wichtigen DJs und Künstler jener Szene mit. Einige Jahre lang war das dann auch die Musik, die ich hörte, es war der Soundtrack von New York City. 2002 zog ich dann nach Washington, D.C. und lernte dort Richard Morel kennen, der unter anderem für das Duo DEEP DISH arbeitete. Wir wurden Freunde und starteten gemeinsam eine DJ-Partyreihe namens Blowoff, die wir dann elf Jahre fortführten. Anfangs war das eine Party mit dreißig Leuten, später kamen jeden Monat 1.500, wir waren damit in New York, in San Francisco, in Denver, in Chicago, Dallas, Atlanta. 2002 erschien mein Album „Modulate“, und es war ein sehr elektronisches Album, das meine Fans aus der Rockwelt ziemlich verwirrte.
Oh ja, das war eine verstörende Platte.
Ich beschäftigte mich viele Jahre mit House Music – Deep House, Progressive House und so weiter, tauchte tief ein in diese Szene und Blowoff war ein zentraler Teil meines Lebens, ist aber nun schon seit fünf Jahren Vergangenheit. Und wie du dir vorstellen, bist du bei Club Music raus, sobald du nur einen Monat nicht den Trends folgst. Von daher habe ich die Verbindung dazu verloren, aber ich habe immer noch Spaß daran, gelegentlich als DJ aufzulegen, ob nun Rockmusik oder House. Die Umstände müssen eben passen. Was nun meine Platten betrifft, so enthielten auch die beiden Alben nach „Modulate“ noch Elemente von House Music. Ich wandte mich dann aber immer stärker wieder der Gitarre zu, vor allem bei den letzten vier Alben. Da bin ich schon wieder sehr zu meinem traditionellen Sound zurückgekehrt. Ich finde, die letzten vier Alben sind wirklich gut gelungen.
Du beschriebst vorhin diese magische Erfahrung mit Musik als Kind, du sprachst von „the wonder of music“. Was macht Musik mit dir?
Sie lässt all den Schmerz verschwinden. Und Musik ist eine wundervolle Art von Lärm und kann die hässlichen Geräusche in der Welt übertönen. Ich habe ständig Melodien im Kopf, ich höre immer Musik in meinem Kopf. Ich träume Musik. Und wenn ich dann aufwache, erinnere mich an die Musik und mache einen Song daraus. Das hat alles einen unglaublich heilenden Effekt auf mich. Ich wuchs in einem gewalttätigen Haushalt auf und diese Songs auf den Singles hielten mich als Kind am Leben. Sie waren alles, was ich hatte, das werde ich nie vergessen. Die Bedeutung, die Musik für mich hat, hat sich seitdem nie geändert. Als ich dann Musiker wurde, später dann ein professioneller und auch anerkannter Musiker, haben sich im Laufe der Jahre die geschäftlichen Rahmenbedingungen geändert – Verpflichtungen und Erwartungen gegenüber dem Publikum, der Plattenfirma und so weiter –, aber das sind nur Äußerlichkeiten, denn sobald ich anfange zu schreiben oder zu spielen, blende ich die ganze Welt komplett aus, das ist total faszinierend.
Spielt dann die Stadt, in der du lebst, überhaupt noch eine Rolle oder ist das irrelevant?
Doch, die Umgebung ist sehr bedeutend. Schon allein das Wetter: Ist es kalt oder warm, feucht oder trocken, ist es in der Wüste oder am Meer? Oder lebe ich in einem Umfeld, wo ich Musik nur leise machen kann wegen der Nachbarn? Bin ich umgeben von Menschen, mit denen ich viel Zeit verbringe? Oder bin ich auf mich alleine gestellt und treibe so vor mich hin? All das ist so wichtig für meine Arbeit. Wenn ich hier in Berlin auf die Straße trete, sind da überall Menschen, Autos, Busse, das ist wie in New York, da vibriert das Leben, da ist es spannend, aus dem Haus zu gehen. Ich habe ständig mit Menschen zu tun, ich beobachte sie, schreibe Geschichten darüber. Die Umgebung ist also sehr wichtig und ich weiß nie, was sie mit mir anstellt, bis ich mich einen Monat oder so damit auseinandergesetzt habe und sich eine Routine entwickelt hat und ich wieder in den Arbeitsmodus komme. Das hängt also alles zusammen.
Du scheinst eher der Typ zu sein, der alle paar Jahre eine neue Umgebung braucht. Bist du in Berlin jetzt angekommen, wirst du bleiben?
Ich weiß es nicht. Das zumindest kann ich aus meiner Vergangenheit ableiten. Meine Aufenthaltserlaubnis läuft bald ab und ich muss mich jetzt darum kümmern, sie zu verlängern. Das ist eine Menge Papierkram und dann muss ich auch noch persönlich vorsprechen. Dann sehen wir weiter. Meine Absicht ist jedenfalls, so lange wie möglich zu bleiben.
Du musst jetzt also die deutschen Behörden davon überzeugen, dass du deinen Lebensunterhalt mit dem Gitarrespielen verdienen kannst.
Genau, und mein Partner ist mit mir zusammen hier und der muss das ebenfalls tun. Ich denke, es wird klappen, aber es ist eben eine Menge Papierkram.
Du hast die USA verlassen, bevor diese Parodie eines Präsidenten sein Amt angetreten hat. Hat der Wunsch, erst mal noch in Berlin zu leben, auch damit etwas zu tun?
Ich habe Anfang 2016 begonnen, mehr Zeit in Berlin zu verbringen. Im Juli 2016 habe ich dann diese Wohnung gefunden und im September übernahm ich sie. Am Tag der Präsidentschaftswahl war ich noch in New York. Es war ein wunderschöner Novembertag, kühl, klar und sonnig, alle waren guten Mutes. Und dann kamen die Ergebnisse rein, nach und nach, und der nächste Tag war kalt, regnerisch und windig und einfach miserabel. Nicht nur das Wetter hatte sich geändert, sondern die ganze Welt. Wir hatten damals noch keine Vorstellung, wie schlimm das alles noch werden sollte. Die ganze Situation ist erschreckend. Ich bin hier und beobachte, was da drüben vor sich geht, und es ist einfach ... furchtbar. Ich wünschte, die Menschen hier könnten sich ein Bild davon machen, was da gerade abläuft. Und außerdem sind solche Tendenzen wie in den USA ja auch hier zu beobachten.
Man muss sich ja nur mal den US-Botschafter in Berlin anschauen, einer dieser konservativen Trump-Zöglinge, bei dessen Weltbild es keine Rolle spielt, dass er schwul ist und mit seinem Partner nach Berlin gekommen ist.
Haha, ich glaube auch nicht, dass die hiesige Gay Community ihn als einen der ihren ansehen will. Und bei der Gelegenheit möchte ich auch daran erinnern, dass der Vizepräsident der USA, Mike Pence, ernsthaft daran glaubt, dass man Homosexuelle zu Heterosexuellen therapieren kann.
Nun ist es ja auch nicht so, dass Europa eine Insel der Seligen wäre, in Berlin sitzt die AfD im Bundestag und überall in Europa feiern die Rechtspopulisten Wahlerfolge.
Trotzdem ist es hier viel besser, weil es weniger Waffen gibt. Und die Medien haben noch Einfluss, auch weil sie sich auf wissenschaftlich erwiesene Tatsachen berufen. Wohingegen der Präsident allen Medien Lügen vorwirft. Aber ich sehe auch, wie es sich in Polen und Ungarn verändert, gerade auch im Rechtssystem. Ich hoffe, dass sich jetzt nach den Midterm-Wahlen in den USA vielleicht etwas zum Besseren wendet, weil wieder parlamentarische Kontrolle stattfindet. Und ich denke, dass auch das Rechtssystem jetzt mehr geschützt wird, denn das ist der Schlüssel zu Demokratie.
Sprechen wir über Musik, deine neue Platte. Am meisten habe ich mich darüber gefreut, dass du einen meiner absoluten Lieblingssongs gecovert hast, „Send me a postcard“ von SHOCKING BLUE aus den Niederlanden, die Single wurde 1969 veröffentlicht. Wie kam das?
Ich liebe den Song schon ewig. In den letzten Jahren haben wir den immer in der Umbaupause zwischen der Vorband und unserem Auftritt laufen lassen. Im Mai 2018 waren wir drei dann im Studio in Oakland in Kalifornien um dieses Album aufzunehmen, wir hatten eine Woche Zeit. Wir lagen gut im Zeitplan, alles lief perfekt. Und wir stellten fest, dass wir am Ende der Session eineinhalb Tage Zeit übrig haben. Also schlug ich vor, ein paar Coversongs aufzunehmen. Wir hörten uns also ein paar Lieder an, die infrage kamen, und darunter war „Send me a postcard“. Meine Bandkollegen meinten, sie würden den Song kennen, und ich sagte: „Klar, der läuft doch jeden Abend vor unserem Auftritt!“ Wir probten den und nahmen den instrumentalen Teil auch sehr schnell auf. Allerdings hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch keinen Gesang aufgenommen ... Uns ist immer wichtig, zuerst die Musik fertig zu haben, damit alles so tight wie möglich wird. Tja, und dann stand „Send me a postcard“ an, ich bat darum, mir den Text im Internet zu suchen und auszudrucken. Und dann ging ich den Aufnahmeraum, stellte mich vor das Mikrofon und legte los – und das ist das, was du auf dem Album hörst. Das war echt eine Herausforderung, denn im Original singt die Sängerin sehr hoch. Ganz am Anfang des Songs hört man, wie ich meine Stimme aufwärme. Und das war seltsam bei der Aufnahme, denn so eine halbe Sekunde vor meinem Einsatz hörte ich noch die Stimme der Sängerin des Originals in meinem Kopf und dachte mir, das bekomme ich niemals hin. Ich hatte dann 500 Millisekunden Zeit, mir die Melodie neu auszudenken. Drei Minuten später war ich dann durch, ich hatte nur den einen Versuch. Und ich komme in den Kontrollraum und alle nur so „Oh mein Gott!“ Da wusste ich, der Song muss auf das Album.
Mich erinnern die bei „Send me a postcard“ schon etwas an JEFFERSON AIRPLANE ... Kennt irgendwer in den USA die holländische Band?
Ja, kann man so sagen, 95%, hahaha. Bei dem Song speziell klingt das schon sehr nach Grace Slick. Ich glaube, die wurden erst etwas bekannter, nachdem BANANARAMA mit deren Song „Venus“ einen Hit hatten. Ansonsten kannte die vorher kaum jemand.
Ich kann dich nicht interviewen, ohne eine HÜSKER DÜ-Frage zu stellen. Bis zum 13. September 2017 hatte jeder Fan noch die schwache Hoffnung, es könne irgendwann noch was werden mit einer Reunion. Mit Grant Hart starb auch diese Hoffnung.
Die Band, das waren acht wichtige Jahre in unserem jungen Leben. Das waren wir, das dachten und machten wir, da steckte so viel Energie drin, wir waren Teil dieser Hardcore- und Punk-Bewegung. Und eines Tages mussten wir feststellen, dass es in dieser Szene plötzlich Regeln gab, von denen wir uns aber immer weiter entfernten. Unsere Musik wurde melodiöser, die Texte persönlicher und weniger politisch. Die letzten beiden Jahre mit der Band waren dann schwierig, es gab mehr Konflikte als uns guttat, und dann war es irgendwann vorbei. Und wir drei wollten erst mal jeder für sich weitermachen. Später war eine Reunion für keinen von uns je wirklich ein Thema. Ich glaube, so etwas wie HÜSKER DÜ hätte auch nicht wiederbelebt werden können. Und jetzt schneller Vorlauf in die letzten fünf, sechs Jahre: Grant und ich waren in der Zeit viel in Kontakt, wir trafen uns, wir hatten Geschäftliches zu erledigen. Kurz nach Grants Tod erschien dieses HÜSKER DÜ-Boxset, und daran hatten wir vier Jahre gearbeitet, alle drei Bandmitglieder und noch ein Anwalt, der das ganze Projekt managete. Ich tauschte mit Grant Ideen aus, auch im persönlichen Gespräch. Nun geht es in unserem Business viel um Geschichten: Ich erzähle was, du schreibst es auf, die Leute lesen es, und irgendwann wird Mythologie daraus. Als Fan anderer Bands hatte ich an so was auch immer Spaß, als Musiker verstehe ich, wie wichtig so was für die Leute ist, und gehe entsprechend vorsichtig damit um. Und um nun auf Grant zurückzukommen in diesem Kontext: zum Schluss lief es ziemlich gut zwischen uns beiden. Ganz am Schluss, als ich schon den Verdacht hatte, dass etwas mit ihm nicht stimmt, bekam ich dann so ungefähr ein halbes Jahr vor seinem Tod vermittelt, dass sich da ein Ende abzeichnet. Wir machten dann einfach mit der Arbeit weiter. Es war traurig, sein Tod kam einfach zu früh. Das war für mich eine harte Zeit, relativ kurz nacheinander starb erst mein Vater an Krebs, anschließend meine Mutter, und dann Grant. Ich bin froh, dass wir dieses Boxset gemacht haben, die Fans lieben es, ich bin zufrieden damit, und das war es dann wohl.
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