BLACKUP

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Auf den Spuren der heißen Schlangen

Ausgesperrt, Katze tot, Computer hin: die Woche, in der BLACKUP im Vorprogramm der HOT SNAKES in Deutschland unterwegs waren – und dabei auch im Festsaal Kreuzberg Halt gemacht haben – hätte ich persönlich auch gut in einem tieftraurigen Blues-Song verarbeiten können. Da war das Interview mit Trommler Xavier und Gitarrist Steven doch mit Abstand das Beste, was mir in dieser vom Pech geprägten Zeit passiert ist. Und wenn’s schon richtig scheiße läuft, dann lohnt es sich wenigstens doppelt, das hübsch wütende WIPERS-HOT SNAKES-Post-Punk-beeinflusste Debüt der Belgier gleich mal so oft aufzulegen, bis die heilige Dreieinigkeit aus Nachbarn, Hausmeister und Polizei an die Tür klopft.

Wenn man Reviews über eure Platte liest, fällt auf, dass als Vergleichsgrößen immer die Kalifornier HOT SNAKES, mit denen ihr jetzt ja gerade unterwegs seid, herangezogen werden – wie seht ihr das?

Xavier: Das kriegen wir schon häufiger mit, aber wenn es um Inspirationsquellen geht, interessieren uns eher alte Bands. Die WIPERS sind sicher ein Einfluss für unseren Sound.

Steven: Wir nutzen ja auch diese Moll-Akkorde. Zusammen mit der Art, wie wir spielen, vermittelt das Ganze ein recht melancholisches Gefühl und das lässt es wohl sehr nach den WIPERS klingen. Greg Sage spielt ja auch die ganze Zeit diese Moll-Akkorde und die HOT SNAKES eben auch. Das ist schon eine Wahnsinnsband, doch wir sind nicht direkt beeinflusst von ihnen. Aber es gibt wohl genug Leute, die was von ihnen in unserer Musik finden.

Kanntet ihr die HOT SNAKES persönlich, bevor ihr jetzt mit ihnen auf Tour gegangen seid?

Xavier: Bis auf Rick kannte ich die ganze Band. Ich war mit den NIGHT MARCHERS auf Tour und da habe ich den Rest von ihnen kennen gelernt. Sie haben uns gefragt, ob wir mit auf Tour kommen wollen, und das war für uns der perfekte Zeitpunkt, weil unsere Platte gerade fertig war.

Im Netz findet man die etwas verwirrende Information, dass Rick die Produktion der Platte übernommen hat.

Steven: Ich glaube, irgendjemand hat in einer Kritik geschrieben, dass die Platte klingt, als hätte er es gemastert, aber das war nur eine Fehlinformation.

Aber Jon Spencer und Ivan Julian, der Richard-Hell-Gitarrist, waren schon beteiligt. Wie passen die in dieses Bild?

Xavier: Der Grund für die Zusammenarbeit mit Jon ist, dass ich sein Tourmanager bin. Ich arbeite seit acht Jahren mit ihm und bin oft mit der BLUES EXPLOSION und HEAVY TRASH unterwegs. Als wir zusammen auf Tour waren, habe ich mir die Demos angehört, die wir mit BLACKUP aufgenommen haben. Jon mochte die Sachen und sagte: Hey, das ist cool, ich will mit euch arbeiten. Er war dann recht hartnäckig, und als wir das Album aufgenommen haben, hat er die Tapes mit in sein Studio nach Brooklyn genommen und gemixt. Er hat uns auch ein paar Ratschläge gegeben, was wir mit den Songs noch machen können, hat sie noch mal runtergemixt und einen zusätzlichen Gitarrentrack eingespielt, was sehr gut war. Wir haben so wieder ganz neue Möglichkeiten entdeckt, die wir dann ausprobiert haben. Den finalen Mix hat aber Peter gemacht. Ivan Julian war der Techniker im Studio. Durch die Arbeit mit Jon gibt es eine recht gute Connection nach New York, so kommt eins zum anderen und deshalb stehen wir jetzt auch in Berlin.

Steven, und was machst du beruflich so?

Steven: Ich bin Psychologe und arbeite ähnlich wie ein Streetworker mit Obdachlosen, Drogenabhängigen und Menschen, die keine Aufenthaltsgenehmigung in Belgien haben. Ich arbeite also mit den Drop-outs.

Kannst du was von deiner Berufserfahrung auf die Situation bei einer Tour anwenden?

Steven: Ich glaube schon. Aber das Gute ist, dass das nicht die erste Band ist, in der ich spiele, und wir sind ja alle recht „straight“. Wir kennen uns schon seit sehr langer Zeit. Zu der Band, in der ich vorher war, muss ich sagen, dass es nach dem Heimkommen keinen großen Unterschied zwischen meinem Job und der Tour gab.

Vorher warst du ja bei der FIFTY FOOT COMBO, einer reinen Instrumental-Surf-Band. Was ist die Verbindung zwischen ihnen und dem Sound von BLACKUP?

Steven: Na ja, es ist schon sehr unterschiedlich. Bei BLACKUP ist es so gewesen, dass wir uns getroffen haben und Musik machen wollten, das war total ungeplant. Wir wollten so groovy Garage-Soul machen, ähnlich wie die DIRTBOMBS, aber nach einer halben Stunde im Proberaum ging es immer mehr in Richtung OBLIVIANS und dann waren wir bald bei dem Sound, den wir heute machen. Bei der FIFTY FOOT COMBO waren wir eher ein Mix von Leuten, die komplett unterschiedliche Musik mochten. Der Bongo-Spieler stand auf Latin, der Organist auf Easy Listening, unser Bassist kam mehr aus der Psychobilly-Ecke und ich stand halt auf Punkrock.

Wenn ich mir überlege, dass du mit BLACKUP und der FIFTY FOOT COMBO in sehr unterschiedlichen Bands gespielt hast, habe ich den Eindruck, als gäbe es in Belgien eine gute Mischung der verschiedenen Szenen ...

Steven: Nein, überhaupt nicht. Mit dem Background, den ich von der FIFTY FOOT COMBO habe, ist es für mich sehr schwer, Konzerte zu buchen. In den letzten Monaten haben wir vor einem größeren Publikum gespielt, was wohl auch daran liegt, dass wir an unserem Sound und unserem Tempo gearbeitet haben. Es stellte sich dann raus, dass alle unseren Live-Sound mochten. Aber die Szene, aus der ich komme, ist schon recht engstirnig.

Xavier: Es passt für die meisten nicht wirklich zusammen. Wir sind ein bisschen älter und wir mögen den alten Kram. 77er-Punk, WIRE, MAGAZINE, THE POP GROUP, STRANGLERS, all so was. Jetzt klingen wir mehr wie die WIPERS, eben das Zeug, mit dem wir groß geworden sind. Das ist es eigentlich, wir wollen, die Musik spielen, mit der wir aufgewachsen sind, da gibt’s keinen Plan. Wir wollen schnell und direkt spielen und dann sehen, was passiert.

Steven: Der Bass klingt bei uns schon sehr nach den Siebzigern und frühen Achtzigern. Die Siebziger finden alle noch ganz cool, aber sobald es irgendwie nach den Achtzigern klingt, brauchst du gar nicht davon reden.

Xavier: Ich glaube, es gibt in Belgien nicht wirklich eine Szene, für das, was wir machen.

Steven: Aber es gibt ein paar gute neue Bands in Belgien, zum Beispiel HIKI UNDERWORLD. Die machen zwar nicht genau dasselbe wie wir, aber es klingt wie eine modernere Version. Du fühlst auch, dass diese Art von Musik immer größer wird. Belgien ist so klein, dass man gar nicht von einer Szene sprechen kann. Darum sind wir immer so überrascht, wenn wir in Städte wie Paris oder Berlin kommen, da gibt es überall so viele gute Rock’n’Roll-Bars.

Ihr habt ein sehr hübsches Ferienbild als CD-Cover – wo habt ihr das her?

Steven: Das ist aus Lanzarote, Piet, unser Gitarrist, hat es dort aufgenommen. Am Anfang war ich nicht so recht überzeugt und habe mich gefragt: Ist das wirklich das richtige Albumcover? Einfach, weil viele unserer Songs ein bisschen melancholisch klingen. Oft kommen die Leute nach dem Gig an und fragen, ob’s mir nicht gut geht. Dann sage ich immer: Nein, mir geht’s gut, es ist nur die Musik. Das kommt eben dabei raus, wenn wir zusammen spielen, und in Kombination mit dem Cover kriegt das Ganze so ein DEPECHE MODE-Feeling. Aber ich finde, wir haben es ganz gut hingekriegt, weil wir für das Backcover ein komplett anderes Bild genommen haben. Die Vorderseite sieht aus wie Anton Corbijn und die Rückseite wie ein WEEN-Album. Ich denke, das ist der Punkt: es gibt keine wirkliche Verbindung zwischen dem Frontcover und dem, was zu hören ist. Für uns macht die Musik einfach Spaß, aber es klingt schon wütend und melancholisch.