BILLY ZACH aus Hamburg passen mit ihrem düsteren Sound gut in die aktuelle Zeit. Immer nach vorne und dazwischen noch kurz glücklich sein, für viele ist das die gewählte Überlebensstrategie. Wir sprechen mit der Post-Punk-Band über das erste Album „A Momentary Bliss“.
Wer ist bei BILLY ZACH dabei und wer macht was?
Max: BILLY ZACH sind ein Projekt, das die Musik derzeit zu viert live umsetzt. Dirki spielt Schlagzeug, Bella spielt Bass und singt Backing Vocals, Sören spielt die Lead-Noise-Gitarre und ich spiele Gitarre und singe. Es sind neben der Live-Musik aber auch noch andere Leute an BILLY ZACH beteiligt.
Du sprichst von einem Projekt, aber ihr seid schon eine „richtige“ Band, oder?
Max: Ja, wir sind auch eine richtige Band. Ich bevorzuge nur den Begriff Projekt, da es BILLY ZACH eigentlich in anderer Form schon länger gibt und das irgendwie inklusiver klingt. Aber wir spielen und proben live zu viert wie eine richtige Band.
Ist BILLY ZACH euer gemeinsames Alter Ego?
Max: Es gibt keine Story hinter dem Bandnamen. Ein alter Freund hat mich irgendwann so genannt und ich fand, es klang cool. That’s it. Damals habe ich noch alleine Musik gemacht, eher Akustikkram mit Mundharmonika, und die Songs habe ich in meinem Kinderzimmer aufgenommen. Als sich das Ganze weiterentwickelt hat und die erste Bandbesetzung zustande kam, haben wir überlegt, „Billy Zach And The ...“ daraus zu machen oder es komplett zu ändern. Da aber alle den Namen cool fanden, haben wir uns einfach dazu entschlossen, das von mir als Person zu lösen und es als Projekt zu bezeichnen. Damit sind dann alle Leute gemeint, die auch auf andere Weise an BILLY ZACH beteiligt sind — seien es Gastvocals, Fotos, Artworks, Videos oder einfach nur Anmerkungen zum Mix. Wir finden die Idee charmant, uns wie ein kleines Kollektiv zu verstehen, auch wenn das schon sehr hochtrabend klingen mag und wahrscheinlich bei den meisten Bands der Fall sein wird, dass mehr als die eigentlichen Musiker und Musikerinnen daran beteiligt sind.
Wie würdet ihr den Sound beschreiben?
Max: Das ist natürlich immer schwierig zu beantworten. Wir sagen immer Post-Punk. Das Problem ist dann, dass viele Leute sich nichts darunter vorstellen können, weil Post-Punk ja auch so wunderbar unklar ist. Diese Unklarheit, dass es alles und nichts sein kann, ist aber auch gleichzeitig der Grund, warum wir diesen Begriff verwenden. Viele haben vielleicht eine grobe Vorstellung von etwas düsterer Musik mit monotonem Schlagzeug und traurigem Gesang, aber da ist sehr viel Raum für andere Einflüsse. TALKING HEADS werden ja beispielsweise auch als Post-Punk-Band bezeichnet und die sind nicht besonders düster. Manchmal sagen wir auch Noiserock dazu. Ich glaube, an sich bedient unsere Musik viele der klassischen Post-Punk-Klischees des monotonen, halligen und treibenden Dampflokschlagzeugs mit lakonischem Gesang und sphärischen Gitarren. Ich glaube, wir sind nur ein bisschen lauter oder noisiger.
In welchem Zeitraum und in welchen Situationen sind die Songs entstanden?
Max: Ich habe alle während der Pandemie geschrieben, direkt nachdem im Januar 2020 das erste Album „Struggle On“ rauskam. Die Situation war frustrierend, weil wir das Album nur digital veröffentlichen konnten. Meine ehemalige Live-Besetzung war zum großen Teil abgesprungen, so dass wir weder live spielen noch proben konnten. Aufgrund dessen war ich extrem motiviert, ein gutes Album zu schreiben, das diese Frustration abbildet, sich aber gleichzeitig auch positiv wendet und die dadurch entstandene Motivation einfängt. Ich habe dann circa ein Jahr an dem Album gearbeitet, es gemischt und dann zum Mastern abgegeben. Im Sommer 2022 war es schließlich fertig.
Gibt es eine bewährte Vorgehensweise das Songwriting betreffend?
Max: Bis jetzt habe ich die Songs immer alleine geschrieben und aufgenommen. Bei der ersten EP „Shallow“ gab es noch gar keine Live Besetzung und bei „Struggle On“ war diese auch erst im Entstehen. Bei „A Momentary Bliss“ haben dann erstmals mehrere Leute mitgearbeitet. Ich habe beispielsweise nicht alle Parts alleine eingespielt und versucht, es von meiner Person zu lösen. Da ich aber relativ lange ohne Drummerin und Bassistin gearbeitet habe, war das leider nicht so einfach. Als BILLY ZACH wieder in voller Besetzung existierte, war das Album schon fast fertig. In Zukunft wollen wir als Band aufnehmen, aber ich werde die Songs wahrscheinlich weiter in den Grundzügen allein entwerfen. Es ist ohnehin so, dass wir die Stücke live anders und in einem gemeinsamen Bandkontext umsetzen. Ich mag den Gedanken, auf der Bühne eine Interpretation des Studiomaterials zu performen.
Was war die Idee zum Video zu „No progression“, wer hat es gemacht?
Max: Das war unser Drummer Dirki.
Dirki: Das Video folgt überhaupt keiner Idee. Es war eher ein glücklicher Zufall und ist ganz einfach nur ein Urlaubsvideo, das ich diesen Herbst auf einer Argentinienreise gedreht habe. Die Sumpflandschaft bockt einfach und passt zum Sound. Die Bewegungen der Touriboote und des Wassers passen thematisch, denn es geht um dieses Gefühl des Herumfahrens, aber Nicht-Vorankommens, darum geht es. Genau wie die kleine Schlange bei „Snake“ auf den alten Nokia-Handys. Man kann sie nicht stoppen, kann aber auch nicht aus dem Viereck raus. Man muss einfach sinnentleert ein Bällchen nach dem anderen fressen, auch wenn es nichts bringt, außer dass man wächst und sich umso mehr selbst in den Schwanz beißt. Deep, oder?
Ein Wort, um das Album zu beschreiben?
Max: Kurzlebigkeit ... und vielleicht so was wie Genügsamkeit mit temporären Momenten.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #166 Februar/März 2023 und Nadine Schmidt
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #166 Februar/März 2023 und Nadine Schmidt