Auf ihrer ersten Headlinertour durch Europa haben BEACH SLANG aus Philadelphia Anfang Februar in Köln gespielt. Nach dem Soundcheck kommentierten James Alex Snyder (Gitarre, Gesang), JP Flexner (Schlagzeug) und Ruben Gallego (Gitarre) die folgende Songauswahl.
LEATHERFACE „Sour grapes“
James: Gefällt mir. Der Name sagt mir etwas, weil wir mit denen schon verglichen wurden. Ich war schon immer Fan von rohem Gesang, das klingt sehr kämpferisch. Zugegeben, ich höre überraschend wenig Musik dieser Art. Wahrscheinlich aus Angst Ideen zu klauen, wenn auch nur unbewusst. Ich schotte mich ab und versuche, mir meine eigene Welt zu schaffen. Aber es ist immer schön, mit guter Musik verglichen zu werden.
JP: Mir gefällt die Effizienz. An dem Stück ist nichts Überflüssiges. Der Schlagzeuger spielt sehr songorientiert. Ich mag keine Musiker, die etwas nur machen, um zu zeigen, dass sie ihr Instrument beherrschen.
VIOLENT FEMMES „American music“
James: VIOLENT FEMMES, eine Band, die man gar nicht genug lieben kann. Das, was JP eben über LEATHERFACE gesagt hat, trifft auch hier zu. Alles geschieht aus einem guten Grund und ist genau dort, wo es hingehört. Mit nur drei Musikern muss man den Raum gekonnt auszufüllen verstehen – deswegen sind BEACH SLANG zu viert. Auf der einen Seite werden VIOLENT FEMMES wertgeschätzt und verehrt. Auf der anderen Seite haben sich viele Bands an deren Stil orientiert, und ihn dann auf ein kommerzielles Level gebracht. VIOLENT FEMMES selbst werden immer nur die coolen Helden bleiben. Für mich reicht das aber.
Ruben: Es gibt aber auch einige wichtige Bands, die sich inspirieren lassen haben. Die WEAKERTHANS wären ohne die VIOLENT FEMMES undenkbar.
MUFF POTTER „Take a run at the sun“
Ruben: Ich habe zuerst gedacht, es ist ein SAMIAM-Stück, das ich nicht kenne.
JP: Gesang und Gitarren könnten auch von HOT WATER MUSIC sein. Cool.
GREAT APES „Arms of catastrophe“
James: Das packt einen direkt an der Kehle, fantastisch. Ich mag Bands, die einem keine Chance lassen und so direkt auf den Punkt kommen. Wer ist das?
GREAT APES, eine Band die so wie BEACH SLANG immer wieder mit JAWBREAKER verglichen wird.
James: Ich verbringe wohl mehr Zeit damit, meine Lieblingsalben und Klassiker zu hören, als mit der aktiven Suche nach neuer Musik. Heutzutage lerne ich Bands kennen, indem wir mit irgendeiner eine Show spielen, die mir dann gefällt. Auch wenn das scheiße ist, aber mir fehlt einfach die Zeit.
Ruben: Wir können uns extrem glücklich schätzen, dass Philadelphia so eine gute Szene hat. Man lernt eine Menge neue Musik durch das engere Umfeld kennen. Freunde, die Shows buchen oder so was.
DARK BLUE „Just another night with the boys“
Ruben: Keine Ahnung. Mir gefallen die Gitarren und die Richtung, in die der Gesang geht.
JP: Das setzt irgendwo nach New Wave an, Rock’n’Roll kurz vor den Neunzigern. Eine Band, die so tut, als hätte es Grunge nie gegeben, und eine Menge Offensichtliches außer Acht lässt.
Reef the Lost Cauze „The sound of Philadelphia“
Ruben: Reef the Lost Cauze, genial. Wir haben viele gemeinsame Freunde. Ich gehe auf viele HipHop-Shows in Philadelphia, Reef ist so etwas wie eine lokale Legende. Einer der unterbewertetsten Underground-Rapper, die es gibt.
James: Ich bin mit Punkrock aufgewachsen, dort habe ich meine Wurzeln. Den HipHop, den ich höre, weiß ich zu schätzen. Viel Zeug kenne ich durch Ruben, der in dieser Hinsicht immer einiges auf dem Plattenteller hat. Der Song hier gefällt mir gut.
IRON CHIC „Those heads are our heads“
JP: IRON CHIC sind bis zu ihrem aktuellen Album immer an mir vorbeigegangen. Das aber habe ich häufig gehört, ich mag es sehr gerne. Der Song hier klingt anders.
Ruben: Finde ich auch. Definitiv nicht die IRON CHIC, die ich kenne. Im Umfeld der Band wurde unsere erste Single veröffentlicht. Es ist immer seltsam, die Musik von Bekannten zu kommentieren.
James: Es kann schon sein, dass es eine Art Neunziger-Revival gibt.
KINDLING „Blinding wave“
Ruben: Sehr gut. Musik zum laut hören.
James: Coole Wall of Sound. Unterscheidet sich deutlich von dem, was wir bisher gehört haben.
BANNER PILOT „Write it down“
JP: Wer ist das? BANNER PILOT? Okay, wir kennen die Band persönlich. Der Gitarrist hat die erste Show, die wir jemals gespielt haben, gebucht. Die Sache ist folgende, ich habe während meiner kompletten Adoleszenz nichts anderes als Pop-Punk gehört. Der zwanzigjährige JP würde BANNER PILOT lieben, aber vor circa fünf Jahren habe ich aufgehört, solcher Musik große Aufmerksamkeit zu schenken. Irgendwann ist der Effekt, den diese Musik auf mich hatte, verloren gegangen, es hat mich nicht mehr so bewegt wie früher. Dadurch habe ich viel Gutes verpasst, das ist mir bewusst, aber inzwischen begeistere ich mich eher für Bands wie die SENSELESS THINGS. Auch wenn ich die Energie hier mag und es gute Musik ist.
Craig Finn „Trapper Avenue“
JP: Ist das Craig Finn solo oder THE HOLD STEADY? Verdammt gut. „Constructive summer“ war der erste Song, den ich gehört habe. Nachdem Pop-Punk für mich nicht mehr aufregend war, gab es mit THE HOLD STEADY eine Band, die mir neue Welten eröffnet hat. Textlich befasst sich Craig Finn aus einer Perspektive mit Themen, die nicht typisch ist.
Ruben: Alles, was der Typ anfasst, wird unglaublich. Als ich jünger war, habe ich wirklich versucht, THE HOLD STEADY zu hassen. Für mich hat es sich immer so angehört, als hätte Randy Newman eine Punkband gegründet. Aber irgendwann kam der Moment, in dem es klick gemacht hat. Brillant, das kann man nicht abstreiten.
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