Für ein Debüt ist „Hasenangst“ ziemlich ausgereift und gleichzeitig auf den Punkt – kein Wunder, sind die Flensburger ANGORA CLUB doch schon lange mit Punkrock verbunden. Im Interview gibt’s Details zum Songwriting, zu norddeutschem Punk und Wörtern, die nicht gesungen werden.
Wie kam der Kontakt mit Kidnap Records zustande?
Olli: Knott und ich kennen Alex inzwischen fast zwanzig Jahre. Wir haben damals mit MR. BURNS, unserer früheren Band, öfter mit seiner Band PASCOW zusammengespielt. Kidnap veröffentlichte dann auch eine Single und die letzte MR. BURNS-LP. Als es mit ANGORA CLUB losging und die Aufnahmen fertig waren, haben wir Alex gefragt, ob er Bock hätte, die Platte zu machen. Und er hatte Bock!
Wie lief der Aufnahmeprozess?
Olli: Wir haben im Sommer 2019 angefangen, mit Marc Mißfeld aufzunehmen, in seinem Marekords-Homestudio in Flensburg. Die Songs waren eigentlich alle soweit vorher schon fertig. Die Aufnahmen dauerten dann ungefähr zwei Monate. Natürlich nicht am Stück, aber da wir alle einzeln aufgenommen haben, konnten wir uns das ganz gut einteilen.
Wer schreibt bei euch die Texte? Gibt es da Diskussionen über Inhalte?
Knott: Für „Hasenangst“ habe ich alle Texte geschrieben, aber bei unseren neuen Songs kommen jetzt auch welche von Helge und Olli dazu. Was mich richtig freut. Inhaltlich gibt es da keine Auseinandersetzungen. Es gibt nur eine Liste von Wörtern, die Olli nicht singen will. Omi oder Putenbrust oder so.
Olli: Das ist richtig. Manche Wörter mag ich nicht. Oma, Kuchen oder Krapfen zum Beispiel, würde ich nicht singen. Klingt komisch, ist es auch.
Helge: Was ist mit Methylsulfonylmethan?
Inhaltlich geht es bei euch ja vor allem um so Mini-Sozialstudien. Könntet ihr euch vorstellen, das „große Ganze“ als Thema zu wählen?
Knott: Ich schreibe, was mir in den Sinn kommt. Meistens sind es Gefühle, die mich betreffen. Ich kann auch besser schreiben, wenn es mir scheiße geht. Das ist die beste Therapie, aus etwas Schlechtem was Gutes zu schaffen.
Olli: Na ja, die kleinen Dinge sind ja gewissermaßen ein Teil des „großen Ganzen“.Und mit „Untergang“ haben wir ja auch einen explizit politischen Song.
Simon: Ich habe zwar bisher zu den Texten nichts beigetragen, halte es grundsätzlich aber auch nicht für sinnvoll, sich in irgendeiner Weise von vornherein einzuschränken, wenn man nicht gerade ein Konzeptalbum plant. So wie Knott sagt, schreiben, was einem in den Sinn kommt. Von daher bin ich für – fast – alle Themen zu haben.
Seid ihr heimliche Heinz Sobota-Fans? Oder wie kam es zum Song „Minusmann“?
Knott: Ich habe das Buch tatsächlich dreimal gelesen. Das Cover hängt auch bei mir an der Wand. Der Titel war also Namensgeber für den Song.
Worum geht es bei „Leguan“?
Knott: „Leguan“ war der allererste Song. Da gab es ANGORA CLUB noch gar nicht richtig. Damit habe ich Olli in die Band gelockt. Den Song habe ich geschrieben, als es mir richtig scheiße ging und ich nicht alleine rausgehen konnte. Da mussten Freunde kommen und mich abholen, damit wir mit dem Hund rausgehen konnten. Wenn die Sonne schien, habe ich alle Vorhänge zugezogen ... Ich habe fast vier Wochen nur geschlafen und bin erst rausgegangen, wenn es dunkel wurde. Ekelhafte Zeit.
Und als Band: Wo liegen da eure Einflüsse?
Knott: Ich kann da nur für mich sprechen. Was das Gitarrespielen angeht auf jeden Fall Dickie Hammond. LEATHERFACE, JAWBREAKER, SAMIAM, SMALL BROWN BIKE, alles so melancholische Sachen.
Olli: Da gehe ich mit und würde noch HOT WATER MUSIC erwähnen. Die Liste wäre jetzt zu lang.
Helge: Nikotin, Alkohol und Schimmel.
Simon: In meinem Fall kann ich das gar nicht so genau sagen. Unterbewusst ist sicherlich jeder durch irgendwas geprägt. Wenn ich aber mal versuche, was in dieser oder jener Richtung zu machen, weil ich es gerade irgendwie gut finde, kommt immer was komplett anderes dabei heraus.
Gibt es einen gemeinsamen Nenner? Eine Musikrichtung, auf die sich alle einigen können?
Knott: Im weitesten Sinne Punkrock ...
Helge, Simon, Olli: Richtig!
Ihr seid in Norddeutschland ja alle keine Unbekannten mehr und seid oder wart in diversen anderen Bands aktiv. Steigt da mit den Jahren der Anspruch? Hättet ihr „Hasenangst“ auch DIY rausgebracht?
Knott: Unbewusst steigt der Anspruch auf jeden Fall. Man geht jetzt beim Songschreiben anders an die Sache heran. Wir versuchen, die Songs so einfach wie möglich zu halten. Früher hätten wir noch da eine Bridge und hier ein Break eingebaut. Davon auch manchmal etwas zu viel. Das lassen wir jetzt weg und es fühlt sich besser an. Dadurch, dass wir jetzt auf Deutsch texten, ist es natürlich auch noch mal viel persönlicher. Und natürlich hätten wir die Platte auch DIY rausgebracht.
Olli: Klar hätten wir das auch selbst gemacht, aber mit einem Label wie Kidnap im Rücken erreichst du noch mal zwei bis drei Ohren mehr. Das ist ja schon ganz schön.
Ich höre ständig was von „typisch norddeutschem Punkrock“. Ihr auch? Was ist das? Gehört ihr dazu?
Knott: Hört sich auf jeden Fall anders an als zum Beispiel Punk aus’m Ruhrpott. Und ja, wir zählen uns dazu.
Olli: Da ist immer Meeresrauschen und Möwengeschrei im Hintergrund. Und ständig sacht wer „Moin“ und „Wa?“.
Wie ist das Bandleben in Zeiten von Corona?
Knott: Langweilig!
Olli: Wir kommunizieren trotzdem viel. Und basteln an neuen Texten und Songs, jeder für sich natürlich. Das Timing, um eine Platte zu veröffentlichen, ist leider extrem beschissen, aber es ist, wie es ist. Kauft auf jeden Fall die Platte, sie ist sehr gut!
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