... AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD

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Rock’n’Roll Highschool

Mächtig Wirbel haben sie im letzten Jahr gemacht, die vier unscheinbar wirkenden Jungs aus Austin, Texas. Das Album „Source Tags And Codes“ wurde von Presse und Fans gleichermaßen abgefeiert, die Shows waren gut besucht. Einige Szenepolizisten riefen „Hype“ und mussten sich belehren lassen, weil große Venues von den Jungs genauso in Schutt und Asche zerlegt wurden wie die ehemals kleinen Clubs. Just dieser Tage veröffentlichen TRAIL OF DEAD eine EP mit dem Namen „The Secret Of Elena’s Tomb“. Wer glaubt, diese Veröffentlichung sei eine reine Maßnahme des Labels, um das Eisen zu schmieden, so lange es noch heiß ist, sieht sich getäuscht. Let me educate you!


Hallo Conrad, was ist mit Jason passiert? Mit ihm hätte ich eigentlich sprechen sollen.


Jason? Ich denke, er ist mal wieder auf der Suche nach Erleuchtung. Manchmal zieht er sich ein bisschen Peyote rein und verschwindet dann für mehrere Tage in der Wildnis, um dort Botschaften eines Schamanen zu empfangen.

Eure neue EP heißt „The Secret Of Elena’s Tomb“. Wer ist diese Elena und warum ist sie tot und was ist das Besondere an ihrer Grabstätte?

Elena war eine junge kubanische Frau, in die sich ein deutschstämmiger Arzt namens Carl von Cosel verliebte. Leider starb Elena an Tuberkulose. Von Cosel konnte ihren Tod nicht verwinden, und so grub er ihren Leichnam aus, schaffte ihn in sein Haus und versuchte mit allen erdenklichen Mitteln, ihn vor dem Verfall zu bewahren. Am erschreckendsten ist jedoch die Tatsache, dass der Arzt tatsächlich noch Sex mit dieser Leiche hatte. Irgendwann kam von Cosels Geheimnis ans Licht, und er wanderte ins Gefängnis dafür. Als er wieder entlassen wurde, schrieb er das Buch ‚The Secret Of Elena’s Tomb’. Es ist eine wahre Geschichte, die sich in Kalifornien in den 30er Jahren abspielte. Ein Freund meines Vaters besitzt das Copyright an diesem Buch und versucht gerade, das in ein Filmskript umzusetzen.

Sind die Songs auf „Elena’s Tomb“ Überbleibsel der letzten Album-Sessions oder sind sie neu?

Einer der ersten Songs, den wir als Band geschrieben haben, war ‚Mach Schau’. ‚Counting of the days’ und ‚Intelligence’ sind experimentelle Songs, die wir während der ‚Source Tags And Codes’-Sessions aufgenommen haben. Die anderen beiden Songs sind nagelneu.

Was hat es überhaupt mit dem deutschen Titel „Mach Schau“ auf sich? Für mich ergibt das nicht allzu viel Sinn.

Das rief das Publikum den BEATLES zu, als jene im Starclub in Hamburg gastierten. Es sollte eine Aufforderung an die Band sein, das Publikum zu unterhalten, also im Sinne von ‚Make show’. Als die BEATLES nach Liverpool zurückkehrten, hatten sie sich diese Idee des ‚Mach Schau’ auf die Fahnen geschrieben, den Vorsatz, das Publikum auf jegliche Art und Weise zu unterhalten. Und das ist eine Philosophie, an der auch wir bei unseren Liveshows festhalten. Der Song an sich dreht sich aber nicht um diese Geschichte, sondern handelt von der fränkischen Dynastie der Merowinger und ihrer Verbindung zur Prieuré de Sion, den Weisen von Zion, einer geheimen Bruderschaft außerhalb Frankreichs, die sogar heute noch existieren soll und die angeblich Beweise hat, dass Jesus Christus die Kreuzigung überlebt haben soll. Über Heirat habe sich angeblich das Blut der Merowinger mit dem der Familie Jesu vermischt, und eben darüber legitimierte sich der Herrschaftsanspruch des merowingischen Geschlechts.

Hängt diese Geschichte mit euren Forschungen und der Suche nach der „Anthropologischen Einheit“ zusammen, die ihr nach Abschluss eures Studiums aufgenommen habt? Inwieweit passt eure neue EP in diesen Forschungskontext?

Nun ja, eigentlich betrachten wir uns schon als ewige Studenten. Wir haben die Schule eigentlich nie verlassen, denn was wir musikalisch im Kontext von TRAIL OF DEAD tun, ist grundsätzlich auch eine Art wissenschaftlicher Arbeit und entspricht somit unserem Selbstverständnis als Lehrende. Seit ich bei TRAIL OF DEAD bin, habe ich mich mehr mit der Forschung beschäftigt, als zu meiner Zeit im College. Und natürlich versuchen wir dann, unsere Forschungsergebnisse über die Band an die Leute weiterzugeben. TRAIL OF DEAD dienen quasi dazu, unserer Stimme Gehör zu verleihen. „Elena’s Tomb“ passt eher vom künstlerischen Level in unsere Forschungen, als in diesen anthropologischen Zusammenhang. Bei unseren letzten Nachforschungen stießen wir dann auf die Geschichte von Rennes-le-Château, einem kleinen Dorf in Frankreich. Dort soll im 19. Jahrhundert ein Pfarrer Hinweise auf die genealogische Verbindung zwischen Merowingern und Jesus Christus gefunden haben, wovon der Song ‚Mach Schau’ handelt. Die Katharer, die angeblich um die Kunst der Alchemie wussten, spielten auch eine Rolle.

Hast du jemals daran gedacht, ein wissenschaftliches Buch zu schreiben?

Definitiv. Allerdings eher etwas über Popkultur. Außerdem würde ich gerne Vorlesungen an Highschools geben, um den Schülern mal richtiges Kunstverständnis zu vermitteln. Ich habe auch schon in diversen Highschools rund um Austin nachgefragt, ob die Möglichkeit bestünde, Vorlesungen zu halten. Ich denke, das ist auch nötig, denn Kunst und moderne Lehrmethoden kommen viel zu kurz. Ich weiß nicht, wie es in Deutschland aussieht, aber in Amerika ist Kunst fast völlig von den Lehrplänen verschwunden.

In Deutschland ist das leider ähnlich. Der Song „Intelligence“ ist mit einem elektronischen Beat unterlegt. Sieht so das zukünftige Schaffen der Band aus oder habt ihr nur experimentiert?

Natürlich ist es eine Art Experiment. Aber eigentlich setzen wir uns und unseren musikalischen Fähigkeiten keine Ziele oder vielmehr Grenzen für die fernere Zukunft. Wir würden uns niemals dermaßen einschränken, dass wir sagen: ‚Das wollen wir unbedingt machen und das lassen wir auf jeden Fall bleiben.’ Wer weiß, unser nächstes Album könnte eine Rock-Oper oder so was werden. Wir unterscheiden bei Kunst oder Musik gar nicht großartig nach Genres, sondern betrachten das ganze eher als etwas Einheitliches. Für uns macht es keinen großen Unterschied, ob jemand mit elektronischer Musik arbeitet oder sich durch einen Rocksong ausdrücken will. Um zu erfahren, was wir musikalisch für die Zukunft planen, müsstest du allerdings jeden einzelnen von uns persönlich befragen. Jeder hat da seine eigenen Vorstellungen. Von mir aus kann ich nur sagen, dass, was immer wir auch tun werden, es hoffentlich Musik des 21. Jahrhunderts sein wird und nicht Musik des letzten Jahrhunderts.

Warum benutzt ihr eigentlich Rockmusik als Transportmittel eurer Botschaften?

Ich denke, weil wir einfach mit Rockmusik aufgewachsen sind. Sie wurde uns quasi in die Wiege gelegt. Wir entschieden uns nicht bewusst für Rockmusik. Für uns war es einfach die natürlichste Art, uns auszudrücken.

Ihr seid mit dem letzten Album und der Tour im vergangenen Jahr ganz schön durchgestartet. Seid ihr zufrieden mit der Arbeit eures Majorlabels Motor?

Ja, sind wir wirklich. Es ist großartig, auf so einem hohen Niveau arbeiten zu können und ich hoffe, dass die Zusammenarbeit mit Motor auch noch eine Weile fortdauern wird. Aber ich weiß, worauf du hinaus willst. Wir machen uns aber keine Gedanken darüber, was Leute für Mainstream oder Independent halten. Wir sind mainstream, unsere Fans sind mainstream, jedes einzelne Individuum ist mainstream. Also who cares?

Ich habe gehört, dass ihr in Interviews oft Unsinn erzählt, und die Journalisten oft nicht wissen, ob ihr ihnen die Wahrheit erzählt oder nicht. Kann ich meine Aufzeichnungen hier gleich wieder verbrennen?

Ich schwöre dir, dass ich dir keinerlei Märchen erzählt habe, im ganzen Interview nicht ... Ausgenommen die Geschichte mit Jason und seinem Ausflug in die Wildnis. Das habe ich ein bisschen aufgebauscht.

Conrad, vielen Dank für das Interview.