In der nordirischen Rockszene sind ASIWYFA eine gestandene Größe. Zwischen Mathrock, Post-Rock und experimentellen Klängen hat die Band aus Belfast bereits sechs Alben veröffentlicht. Gitarrist Rory Friers spricht mit uns über den Release ihres siebten Albums „Megafauna“ und das anstehende zwanzigjährige Jubiläum der Band.
Wie fühlt es sich an zu wissen, dass ihr im zwanzigsten Jahr eurer Karriere befindet?
Es hört sich für mich super lang an, weil es mehr als die Hälfte unserer Leben ist. Es gibt wirklich nicht viele Dinge in meinem Leben, bei denen ich sagen kann, dass ich sie seit zwanzig Jahren mache. Das ist schon irgendwie verrückt. Die Band war über die Zeit ein Begleiter, der uns zusammengehalten hat und unser Weg ist, uns in der Welt auszudrücken. Das hat sich über die Jahre auch stark verändert, aber ich bin sehr stolz, dass wir immer noch viel Spaß an der Band haben und es immer noch genießen.
Hast du je gedacht, dass ihr so lange gemeinsam Musik machen werdet?
Ich glaube nicht, dass wir zu Beginnviel darüber nachgedacht haben. Ich meine, wenn mir jemand gesagt hätte, was alles passieren wird, hätte ich das enorm aufgeregt gefunden. Am Anfang wollten wir einfach nur ein paar Shows spielen und Songs schreiben und haben nicht allzu viel über die Zukunft nachgedacht.
Eure Musik mag vielen, die dem instrumentalen Post-Rock und Mathrock fern sind, komisch vorkommen. Auf der anderen Seite leben beide Genres mit dem Klischee, dass hier viele Bands sehr ähnlich klingen. Wie stehst du dazu?
Das ist eine interessante Frage. Ich meine, ich kann die Leute verstehen, für die instrumentale Gitarrenbands alle gleich klingen. Wenn man in dieser Musik nicht drinsteckt, ist das durchaus nachvollziehbar. Meine Mutter würde wahrscheinlich zu verschiedenen Jazz-Platten auch sagen, dass sie gleich singen, also sympathisiere ich auch damit. Was uns als Musiker betrifft, versuchen wir, nichts zu replizieren und immer den etwas beängstigenderen Weg zu gehen oder sagen wir weniger Sicherheit walten zu lassen. Ich glaube, dass das meist zu unserem Vorteil ist, aber auch gleichzeitig ein Risiko. Ich mag den Gedanken, dass vieles von uns nach uns klingt und zwar nur nach uns, wie ein eigenes kleines Ding, aber dann denke ich, dass wir so verrückte Musik schreiben, dass niemals 10.000 Leute zu unseren Shows kommen werden. Wir packen uns irgendwie immer in eine eigene Ecke, aber vielleicht ist das auch der Grund, warum wir das seit zwanzig Jahren machen, in unserem kleinen Safe Space.
Gab es in den zwanzig Jahren Momente, in denen ihr euch gefragt habt, ob es nicht leichter wäre, einfachere Musik zu schreiben?
Ich weiß nicht, ob wir wirklich ernsthaft darüber nachgedacht haben, unseren Sound zu ändern. Das meiste, was ich selbst höre, ist sehr leicht zugänglich. Aber bei uns läuft es eher instinktiv ab. Wir machen nicht weirde Musik, um weirde Musik zu machen ... Es ist schwer zu beschreiben, aber unsere Experimente brauchen immer ein bestimmtes Feeling, um wirklich nach uns zu klingen und eine reale Version unserer Vision darzustellen. Es ist immer ein bisschen konfrontativ, ein bisschen vorhersehbar und hat eine gewisse Aggression, ist aber auch mit einer Rohheit verbunden, die wir sehr lieben. Dabei machen wir uns frei von Überlegungen, ob es anderen gefällt, wie viele es auf Spotify hören werden und ob es gute Reviews bekommen wird. Das ist das Letzte, woran wir dabei denken.
„Megafauna“ klingt wie ein typisches ASIWYFA-Album, gab es dennoch Aspekte, die beim Songwriting diesmal anders liefen als sonst?
Das ist eine gute Frage. Ich denke, wir sind das Album angegangen, wie wir es immer tun: Ich hatte ein paar Ideen und habe sie mit in den Proberaum gebracht. Es gab Arrangements für Songs, wir haben dazu gejamt und die Songs zu viert konstruiert. Das Feeling war aber etwas anders, weil all die Tracks während des Lockdowns und der Pandemie entstanden sind. Wir haben unsere kleine Bubble gebildet und unsere Zeit darin verbracht, weshalb sich der Prozess etwas anders angefühlt hat. Es war wie eine kleine Rettungsinsel inmitten trostloser Zeiten, rauszugehen und die Möglichkeit zu haben, Zeit miteinander zu verbringen und Songs zu kreieren. Es war unsere Chance, irgendwohin zu gehen, das größer war als die vier Wände, in denen wir lebten, und wir dachten viel über unsere Freunde nach, während wir am Album arbeiteten. Wir haben uns vorgestellt, wieder live zu spielen, auf Festivals zu sein und über die Leute, die vor der Bühne stehen, weil wir aktuell nichts davon haben konnten. Das war wohl der Hauptunterschied, während der Songwriting-Ansatz eigentlich derselbe war wie immer.
Die Tracks „Mother Belfast (Part 1 + 2)“ habt ihr eurer Heimatstadt gewidmet.
Ja, genau! Weil wir in der Pandemie am Album schrieben und wir in Belfast in einer alten Leinenmühle waren, hat uns unsere Heimat, in der wir die Band gegründet haben, als wir mit Anfang zwanzig in die Stadt zogen, bei Verstand gehalten. Wir wollten ihr also Tribut zollen, genauso wie mit dem Track „North coast megafauna“, eine Art Liebesbrief an den anderen Ort, den wir Heimat nennen: die Nordküste Nordirlands, wo wir aufwuchsen, die Klippen und Felsen im ländlichen Norden.
Ist es also die Landschaft, die euren Sound bei „Megafauna“ beeinflusst hat, oder waren es mehr die Menschen?
Ich denke, es ist beides. Das Gefühl, wenn man an diesen Ort ist, aber auch die Leute dort. Die Art und Weise, wie diese Menschen ihre Liebe ausdrücken, einander unterstützen und miteinander interagieren. Das wollten wir in unserer Musik beschreiben. Der Kontrast zwischen den kalten Wintern an der Nordküste und dem städtischen Belfast. Aber es ist nicht so, dass wir ein Konzeptalbum daraus machen wollten, das sind nur die beiden wichtigsten Aspekte, die einen Einfluss auf unsere Gefühlswelt während des Songwritings hatten. Das Album ist eine Art Hommage an diese Menschen. Die an der Nordküste und die in Belfast, aber auch die, die wir vermisst haben und für die wir nicht auf der Bühne stehen konnten. Eine Community, die unsere Musik unterstützt und regelmäßig zu unseren Shows gekommen ist. Das haben wir wirklich enorm vermisst, genauso wie mit diesen Menschen nach den Shows abzuhängen.
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