ALL SYSTEMS GO!

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Mon chi chi, tu est mon amour

„Mon Chi Chi“ heißt das zweite Album der Band um ex-DOUGHBOY John Kastner, auf das man geschlagene drei Jahre warten musste. Aber ALL SYSTEMS GO! machen auch diesmal alles richtig und liefern eine astreine Melodic-Punkrock-Scheibe ab, die mit deutlich mehr Abwechslungsreichtum glänzt als ihr gelungener Vorgänger. Über die lange Pause zwischen beiden Alben und die Besonderheiten von „Mon Chi Chi“ sprach ich mit einem bestens gelaunten Dean Bentley, der als Drummer ohne Mikrofon offensichtlich über ein recht großes Rededefizit verfügt...


Dean, euer selbstbetiteltes Debütalbum ist bereits vor drei Jahren erschienen. Warum habt ihr so lange gebraucht, um den Nachfolger fertigzustellen?


Dafür gibt es eine ganze Menge Gründe. Zuerst mal waren da die personellen Umbesetzungen: Frank, früher bei BIG DRILL CAR, und Matt sind ausgestiegen, wodurch ich kurze Zeit später in die Band kam. Deutlich länger hat es gedauert, bis wir einen neuen Bassisten fanden. Nach sechs Monaten haben wir dann Thomas D’Arcy gefunden. Zweitens sind wir halt eine kleine Band und ohne viel Kohle dauert natürlich alles etwas länger. Drittens wohnen wir alle grob geschätzt 2.000 Kilometer voneinander entfernt. Thomas und ich in Toronto, Josh und Mark Arnold in Los Angeles. Und schließlich – mein Lieblingsgrund – wollten wir nichts überstürzen, sondern präzise wie ein Schweizer Uhrwerk sicherstellen, dass nichts weniger als das perfekte Album herauskommt. Am besten du erwähnst nur den letzten Grund...

Wie habt ihr eigentlich Thomas kennengelernt, der ja genau wie vorher Frank auch Gesang beisteuert?

Richtig kennengelernt haben wir Thomas eigentlich erst, als er schon in der Band war. John kannte ihn von seiner damaligen Band THE CARNATIONS und dachte, dass er gut zu uns passt. Dabei hatte Thomas weder von den DOUGHBOYS noch von BIG DRILL CAR jemals gehört. Wir wollten auch unbedingt einen zweiten Sänger bzw. Songwriter haben. Also hat er perfekt zu uns gepasst. Glück für ihn...

Was wollt ihr denn mit dem Albumtitel „Mon Chi Chi“ ausdrücken? Das hat doch hoffentlich nichts mit diesen furchtbaren Puppen aus den Achtzigern zu tun?!

Das ist auch eine lustige Geschichte. John sagte mir eines Tages, dass er unser nächstes Album ‚Mon Chi Chi’ nennen will. Ich habe mich fast weggeschmissen vor Lachen. Ich dachte: ‚Großartig, dann können wir die Puppen auf das Cover packen.’ Aber John hatte noch nie von diesem Spielzeug gehört, genau wie der Rest der Band. Die dachten alle, das wäre etwas, was man seiner Freundin auf französisch sagt. So wie ‚Ohh, mon chi chi, tu est mon amour’, was eigentlich auch ein feiner Albumtitel wäre...

Im Vergleich zum Debüt hat sich ja eine Menge getan.

Der größte Unterschied ist einfach, dass wir in den letzten drei Jahren als Band gewachsen sind. Die erste Platte hatten wir recht schnell geschrieben, während wir an ‚Mon Chi Chi’ über mehrere Jahre hin immer wieder gearbeitet haben. Außerdem wurden diesmal die Songs von der ganzen Band geschrieben, während damals nur John und Mark für das Songwriting zuständig waren. Dazu sind diesmal ein paar Songs richtig aggressiv geworden, besonders die von John. ‚Taking up in Space’ oder ‚Fascination Unknown’ zum Beispiel sind richtig punkig. Trotzdem verbindet beide Alben eine Menge. ‚Junk Drawer’ ging zum Beispiel in eine völlig andere Richtung und diesmal haben wir mit ‚Megan’s Law’ auch ein Gegenstück zu den härteren Parts. Diese Vielseitigkeit wollen wir auch noch weiter ausbauen.

Auf dem schwedischen Label Bad Taste Records seid ihr ja als amerikanische Band eine echte Ausnahme. Wie kam es denn zu der Zusammenarbeit?

Wir haben uns auf der CMJ-Conference in New York kennengelernt. Da gab es eine Hotelparty mit jeder Menge verrückter Schweden, darunter neben den HELLACOPTERS auch die Typen von Bad Taste Records. Wir gaben denen unser Demo, es gefiel ihnen und so brachten sie es raus. Seitdem hat sich eine echte Freundschaft entwickelt, die weit über das normale Künstler/Plattenfirma-Verhältnis hinaus geht. Wir halten ständig Kontakt, und wenn wir in Schweden sind, lassen wir gemeinsam so richtig die Sau raus. Sie sind der Muhammed Ali unter den Plattenfirmen. Sie sind die Champions.

Warum haben sich eure Vorgängerbands DOUGHBOYS und BIG DRILL CAR eigentlich aufgelöst?

Es war nach elf Jahren Touren und Albumveröffentlichungen einfach Zeit dafür. Man könnte zwar sagen: ‚Was soll’s, die ROLLING STONES machen das seit 40 Jahren.’ Aber es gibt da einen klitzekleinen Unterschied, ob man Millionen verdient, und sich eigentlich nur sehen muss, wenn man gemeinsam auf der Bühne steht, oder ob man jahrelang in einer kleinen Kiste mit immer denselben Typen steckt. Beide Bands hatten Spaß an der Sache, aber das Leben war halt nicht einfach. Kennengelernt haben sie sich, als Mark bei den DOUGHBOYS an der Gitarre aushalf, während die Band mit OFFSPRING auf Tour war. BIG DRILL CAR waren zu dem Zeitpunkt praktisch aufgelöst und die DOUGHBOYS hatten dringend eine Pause nötig. Einige Zeit später machten sich Mark und John an die Arbeit. Das Resultat war das erste ALL SYSTEMS GO!-Album.

Auf „Mon Chi Chi“ gibt es ein paar interessante Gäste. Wie war es, mit Greg Dulli von den AFGHAN WHIGS und Melissa auf der Maur zu arbeiten?

Neben den beiden haben wir ja auch mit Pete Stahl von SCREAM und WOOL, Leonard Phillips von den DICKIES und einigen anderen zusammengearbeitet. Sie alle sind Freunde von John. Greg Dulli kennt er schon seit Jahren und mit Melissa hing er früher hin und wieder ab. Im Studio hatten wir deshalb natürlich auch einen roten Teppich und überall waren Papparazzi. Weil ich damit nicht umgehen konnte, habe ich tonnenweise harte Drogen genommen, nur um mit dem ganzen Rummel fertig zu werden, haha...

Was ist das absurdeste, was euch auf Tour widerfahren ist?

Scheiße, jede Tour ist eine Aneinanderreihung seltsamer Erlebnisse, weil du dich urplötzlich in den bizarrsten Situationen wiederfindest. Mit meiner alten Band spielte ich beispielsweise eine Show in Pittsburgh. Als wir anschließend unsere Sachen in den Van packten, beobachteten uns zwei ultramuskulöse Typen. Die sahen aus wie Wrestler und fragten uns immer wieder, wie lange wir noch brauchen würden. Plötzlich zerrte uns der örtliche Veranstalter beiseite und flüsterte uns zu: ‚Die beiden haben im Club Hausverbot, weil sie immer die Bands, die hier spielen, verprügeln. Sie warten nur darauf, dass ihr fertig werdet, um euch auch zusammenzuschlagen.’ Wir dachten noch: ‚Nett, dass sie warten, bis wir fertig sind.’ Einer von uns machte sich im Bus auf die Suche nach einem Baseballschläger. Als wir mit dem Beladen fertig waren, hörten wir die beiden sagen: ‚Gut, sie sind fertig.‘ Glücklicherweise hatte wir schon einen Fluchtplan: Der Veranstalter lenkte die beiden ab, während wir uns aus dem Staub machten. Aber die beiden rannten hinter uns her und traten auf den Van ein. Als wir in Sicherheit waren, haben wir uns allerdings gefragt, was der Sinn dieser Aktion war.