AJJ

Foto

Der Heilige Krieg ist vorbei

Die Antifolker ANDREW JACKSON JIHAD heißen jetzt nur noch AJJ. Das im August erschienene Album „The Bible 2““ ist der erste Release unter dem „neuen“, auf die Initialen reduzierten Namen. Was es mit dieser Buchstabeneinsparung auf sich hat und einige weitere Fragen beantwortete mir Frontmann Sean Bonnette Ende August am Telefon.

The Band formerly known as ANDREW JACKSON JIHAD heißt jetzt nur noch AJJ. Wie kommt’s?

Ich und Ben, unser Bassist, mit mir zusammen der kreative Kopf der Band, haben über Jahre immer wieder Stellung zu dem Namen beziehen müssen. Und wir hätten auch jetzt wieder gute Geschichten um den Namen spinnen können, warum er eigentlich großartig ist und so weiter. Bloß finden wir ihn selbst nicht mehr gut. Besonders wegen „Jihad“. Das Wort kommt aus dem muslimischen Kulturkreis und wir empfanden es irgendwann nicht mehr als korrekt, uns diesen Begriff anzueignen.

Wurdet ihr durch die anti-islamische Ausrichtung irgendwelcher Haudrauf-Politiker, die aktuell in den USA für Furore sorgen, in dieser Haltung bestärkt?

Auf jeden Fall spielt das da mit rein. Auch mit dem „Andrew Jackson“ im Namen waren wir nicht mehr so glücklich. Jackson ist sicherlich eine interessante historische Persönlichkeit, er war Präsident der USA. Vor allem aber war er ein ausgemachter Indianer-Hasser, der eine treibende Kraft hinter dem Genozid an den Ureinwohnern war. Alles in allem wollten wir auch Jackson aus dem Bandnamen loswerden. Um noch mal zu dem „Jihad“ zurückzukehren: Es hätte mir auch irgendwie nicht gepasst, ein Album zu haben, das „Bible“ heißt und dann steht auf dem Cover zudem „Jihad“. Ich will keine falschen Assoziationen wecken.

Das Wort „Jihad“ willst du aus Rücksicht auf die muslimische Community nicht verwenden. Wie steht es um die religiösen Gefühle der Christen, wenn man sein Album „The Bible 2“ nennt? Ist das nicht widersprüchlich?

Ich sehe „die Christen“ in diesem Zusammenhang nicht so sehr als religiöse Gruppe, sondern es bezeichnet die amerikanischen Mainstreamkultur, und diese Leute sollen sich ruhig aufregen. Da freue ich mich drüber.

Kommen wir zum Album selbst. Für mich gibt es an „The Bible 2“ nur einen Wermutstropfen: Es ist viel zu kurz!

Hahaha! Ich mag kurze Alben. Wenn ich vor der Entscheidung stehe, ein Riff viermal oder nur zweimal zu spielen, dann spiele ich es zweimal. Ich brauche das nicht so ausufernd. Ein Album muss für mich auf den Punkt sein.

Bei meiner Recherche zum Interview bin ich auf ein Crust-Forum gestoßen, in dem es einen ganzen Thread zum „Ausverkauf“ im Folk-Punk gibt. Da wurde auch über euch geschimpft. Wirst du mit so was abseits des Internets konfrontiert?

Was regt die Leute auf? Dass wir auf Side One Dummy sind? Wenn das für die „Ausverkauf“ ist ... Mich interessiert es nicht, was in irgendwelchen Messageboards an Regeln erlassen wird, wie Musik zu sein hat. AJJ bilden mit Freunden ihre eigene Szene. Wir haben unseren eigenen Kodex.

Hast du eigentlich das, was man eine klassische Punk-Sozialisation nennen kann?

Ben war in seiner Teenagerzeit verglichen mit mir viel eher das, was man einen klassischen Punk nennen könnte. Die Musik, die ich als Kid gehört habe, war auch größtenteils kein Punk. Ich habe meinen Einstieg in die Welt der Rockmusik mit Nu-Metal gefunden, und da auch eher das Zeug, was damals angesagt war: KORN oder LIMP BIZKIT. Abgesehen davon aber auch immer so Sachen wie SIMON & GARFUNKEL.

Vor ein paar Jahren noch wäre es vielleicht schwierig gewesen, mit eurem Akustik-Folk-Punk vor einem Punkrock-orientierten Publikum zu bestehen. Heute scheinen die Leute viel aufgeschlossenerzu sein.

Sehe ich auch so. Und ich finde das großartig! Diese Abschottung verliert an Bedeutung. Die Szenen sind nicht mehr so wichtig, das kommt sicherlich auch durch das Internet. Du musst nicht mehr die „richtigen Leute“ kennen, um an spezielle Musik zu kommen. Du kannst das selber mit wenigen Klicks machen und alles Mögliche finden, was dir gefällt. Ich glaube aber auch, dass es für die Kids nicht mehr so den Zwang gibt, sich einer Gruppe zuzuordnen, anders als früher. Mein Eindruck ist auch, dass die Jugendlichen – zumindest hier bei uns – besser miteinander umgehen, als sie es noch in den Neunzigern getan haben. Es gibt mir Akzeptanz für die Weirdos.