Nachdem sich 2003 fünf Jungs beim Jammen mit Derrick Morgan kennen lernten, beschlossen sie, THE AGGROLITES zu gründen. Mit Leib und Seele haben sie sich dem Reggae der Jahre 1968 bis 1972 verschrieben. Dass Reggae nicht gleichbedeutend mit Bob Marley sein muss, hört man ihrem Mix aus Funk, Soul und Offbeat an. Die kalifornische Band hat vier Alben veröffentlicht und unzählige Konzerte in den USA und Europa gespielt. Das neueste Werk, „Rugged Road“, sollte, ganz im Sinne der alten Schule, eigentlich in Form mehrerer Vinyl-Singles erscheinen. Warum das alles, ob die Platten noch kommen und warum weniger Technik manchmal besser ist, haben uns Sänger Jesse und Bassist Jeff in folgendem Gespräch verraten.
Beschreibt euren Stil, ohne die folgenden Wörter zu gebrauchen: traditionell, Jamaika, Ska und Reggae.
Jeff: Es ist eine neue Herangehensweise an einen alten Musikstil und eine funkige Version von jamaikanischen Rhythmen. Es ist die Verbindung zwischen klassischen Elementen des amerikanischen Soul und klassischen jamaikanischen Rhythmen.
Jamaika war da jetzt doch drin, aber egal. Verglichen mit der Musik, die euch am meisten beeinflusst hat, der Reggae der späten Sechziger und frühen Siebziger, sind THE AGGROLITES noch jung. Was lernt man von den Künstlern dieser Zeit?
Jesse: Man lernt schon allein beim Hören der Musik viel. Speziell bei Reggae muss man so viele Details beachten, um den Groove richtig hinzubekommen. Man muss sehr auf die anderen Musiker achten, damit die Stimmung und der Swing stimmt.
Jeff: Man lernt, wie die Harmonien damals aufgebaut waren und das gesamte Zusammenspiel der Musiker. Als Band haben wir schon ein paar traditionelle jamaikanische Künstler musikalisch unterstützt, einige von uns haben mit Alton Ellis, Pat Kelly und Leonard Dillon zusammengespielt. Man lernt eine Menge, wenn man diese Leute trifft und sieht, wie sie arbeiten.
Was ist der Unterschied zwischen der Arbeitsweise von Musikern damals und heute?
Jeff: Damals mussten die Musiker ganz andere Fertigkeiten entwickeln als heute. Deswegen gibt es auch noch Sänger die jetzt so um die 60 oder sogar älter sind und immer noch toll singen können. Junge Sänger müssen heutzutage nicht unbedingt so gut sein, weil man ja technisch alles verändern kann, damit es sich gut anhört. Um überhaupt in ein Studio reinzukommen, mussten sie einen sehr hohen Level an Gesangs-Qualitäten erreicht haben. Und dann wurde das Ganze auch praktisch live aufgenommen, ohne dass danach noch mal alles überarbeitet und geschnitten wurde.
Jesse: Und sie mussten andauernd kreativ sein, weil es einfach ihr Job war. Sie haben dann einfach 15 bis 20 Songs am Tag aufgenommen und mussten nonstop an neuen Ideen arbeiten.
Was ist euch wichtiger, die Musik von damals am Leben zu erhalten und unter die Leute zu bringen, oder selbst etwas Neues zu starten?
Jesse: Irgendwie ein bisschen von beidem. Unsere Einflüsse kommen aus beiden Welten, zum Beispiel auch vom amerikanischen Soul. Wenn wir touren und Festivals spielen, dann wollen wir auf jeden Fall versuchen, den Leuten Reggae näher zu bringen, vor allem eine Art von Reggae jenseits von Bob Marley. Wir versuchen aber auch, unser eigenes Ding zu machen, das ist für uns der Dirty Reggae.
Die Musikszene im Jamaika der Sechziger und Siebziger war eng mit den Problemen der Menschen und gesellschaftspolitischen Fragen verknüpft. Wie ist eure Musik mit dem Leben verbunden?
Jesse: Durch persönliche Themen aus unserer unmittelbaren Umgebung. Wir sind nicht sehr politisch. Es gibt so viele Dinge, die man für sich aus der Musik ziehen kann, sie kann für so viele Dinge ein Sprachrohr sein. Wir sind halt eher eine Party-Band mit Feelgood-Charakter.
Wolltet ihr eurem neuen Album, „Rugged Road“, irgendeinen besonderen Touch verleihen, so wie ihr das bei früheren Alben schon gemacht habt?
Jeff: „Rugged Road“ ist mehr eine Sammlung von Instrumentalstücken. Das sollte eigentlich gar kein Album werden, sondern eine Single-Reihe, so wie es in Jamaika damals gemacht wurde. Überall auf der Welt gibt es Leute, die leidenschaftlich Vinyl und besonders Singles sammeln. Also haben wir uns entschlossen, fünf Platten zu machen. Zwei davon sind schon gepresst, die anderen kommen in den nächsten Monaten. Wir haben uns erst vor ein paar Monaten dazu entschieden, die Tracks doch erst mal alle auf einer CD zu veröffentlichen.
Wie entscheidet ihr, ob ein Song ein Instrumental bleibt oder nicht?
Jesse: Ach, das ist einfach. Wir haben keinen der Songs geschrieben, bevor wir ins Studio gegangen sind. Wir wollten es genauso machen wie die Jungs damals. Reingehen und los geht’s.
Also alte contra moderne Aufnahmetechnik?
Jesse: Ja, das sind zwei völlig verschiedene Welten. Es fühlt sich einfach anders an, wenn man einen alten Song hört, dann hört man, wie die Musiker ihn zusammen spielen, und bei moderner Popmusik hört man eigentlich nur das Abbild eines Songs. Wenn man die richtige Stimmung einfangen will, sollte man es machen wie damals, sonst funktioniert es nicht.
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