Drei Jahre nach „Meir“, sechs Jahre nach dem titellosen Debüt, versuchen sich KVELERTAK aus Norwegen neu zu erfinden. 2013 fragte ich rhetorisch: „[...] sollten KVELERTAK ihr Pulver mit dem Debüt schon verschossen haben –oder war die Erwartungen zu groß, hat man sich die Band ,larger than life‘ vorgestellt und steht nun ernüchtert vor einem einfach nur guten Album? Die Zeit wird es zeigen [...]“.
Hätten KVELERTAK auf Nummer sicher gehen wollen mit ihrer „Nachtreise“, sie hätten einfach wieder einen Flug an die US-Ostküste gebucht, um im Godcity-Studio mit Kurt Ballou aufzunehmen, und sie hätten sich wieder von John Dyer Baizley ein Artwork mit – natürlich – Eulen malen lassen.
Doch Frontmann Erlend Hjelvik und seine einst in Stavanger gegründete Band, die mittlerweile aber dem Reiz der Hauptstadt Oslo nicht widerstehen konnte, entschied sich für eine pragmatische Lösung – und staatliche Rockförderung: Wer im Lande bleibt zum Aufnehmen, bekommt Zuschüsse für die Studiokosten, und in einer Zeit, da Albumverkäufe immer noch weiter zurückgehen, sind solch wirtschaftliche Überlegungen, wo es schnell mal in die Zehntausende gehen kann, auch für relativ gut laufende Bands offensichtlich ein Thema.
Und was das Artwork betrifft, das stärker nach Science Fiction aussieht als die von Blumen und Tieren dominierten Werke von Baizley, entschieden sich KVELERTAK für den nicht minder renommierten Arik Roper aus New York, der lange schon sowas wie der Hausillustrator von HIGH ON FIRE ist, aber auch für EARTH, SUNN O))) oder SLEEP arbeitete.
Der Roboter-Warrior neben einem Raubvogel auf einem Berg sitzend, das hat was von der Cover-Ästhetik der Rockbands der Achtziger, und dass dann der vorab als Video und Single ausgekoppelte Track auch noch die Jahreszahl 1985 als Titel trägt, ist kein Zufall.
An VAN HALEN und deren „1984“ habe die Band gedacht, sagt Hjelvik, aber auch THIN LIZZY und RAINBOW lassen hier grüßen, gerade was die Gitarrenarbeit betrifft. Auch beim Titelsong „Nattesferd“ wird der Kalender mal eben um dreißig, vierzig Jahre zurückgedreht, ebenso wie beim folgenden „Svartmesse“, das partiell an „Balls to the wall“ von ACCEPT erinnert.
Bestes Songmaterial für euphorisierte Festivalmassen also – und irgendwie erinnert diese Zitierfreudigkeit, das Spiel mit Rockstandards, an ihre Landsleute TURBONEGRO, die darauf ihre Karriere begründeten.
Summiert man all das, könnte man meinen, der originäre Input sei recht gering bei KVELERTAK, doch falsch interpretiert: „Natteferd“, ist ein schon beim zweiten Durchlauf für sich einnehmendes Album, KVELERTAK pur, was nicht nur der „Kraft der drei Gitarren“ geschuldet ist, sondern speziell Erlend Hjelviks unverkennbarem Gebrüll.
Eine Platte, die das Zeug zum neuen Liebling und Klassiker hat – aber das weiß man ja erst nach ein paar Jahren.
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