SUBKULTUR WESTBERLIN 1979-1989

Wolfgang Müller

Wie eine kleine Reisebibel mutet Wolfgang Müllers Buch über die Subkultur in Westberlin der Jahre 1979 bis 1989 an, und zumindest alsStandardwerk wird dieses Ding bereits beworben. Aber was, bitteschön, ist das jetzt? Die Antithese zur neuen SLIME-Biografie? (Ox #107) Oder eher: „Verschwende Deine Jugend“ im ExtendedMix?! Spätestens seit Teipels Buch wissen wir ja, dass Punk ganz anders geht, als wir Zu-spät-Geborenen gedacht haben.

Nun werden herumgrölende Gitarrenpunks aber außen vorgelassen,stattdessen erfährt der Leser/die Leserin alles über Fotografie, Performance-Kunst und (Mauer-)Malerei. Über Modegeschäfte ohne Kleider und Kinosäle mit nur einem Film.

Über Ex-Gay-Clubsund schicke Restaurants, in welchen sich dasselbe Publikum tummelte wie in den abgerissensten Squats. Musikalisch geht es um taubstumme Rapper und GENIALE DILLETANTEN.Hervorgehoben: MALARIA!, EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN und DIE TÖDLICHE DORIS; letztere des Autors eigene „Band“, die in den Mittelpunkt allen Geschehens gestellt wird.

Hier müsste der Restder Punk-Szene erneut(wie vor zehn Jahren anlässlich des immer noch fantastischen „Verschwende Deine Jugend“) keifend protestieren, jedoch ist „Subkultur Westberlin“ nicht ganz einfach zulesen, wird doch Leuten „das Wort erteilt“, welche inexistent sind, während sich andere gleich „verdoppeln“.

Außerdem lässt Müller in seinen Aufsätzen das Publikum in der Zeit hin- undherspringen, bis sich Kreise schließen und die tausend Geschichten zum großen Ganzen verflochten worden sind. Ein faszinierendes Buch! Eines Tages wird Punk hoffentlich wieder als schlauund kreativ verstanden; und die aktuelle, stumpfe Kleingeistigkeit, die wird vergessen sein.