Sind die SLEAFORD MODS jetzt Gast bei PiL? Eher nicht, aber die rap-artigen Vocals von John Lydon zu Beginn des Albumopeners „Double trouble“ klingen verdammt danach. Hätte man „This Is PiL“ von 2012, das neunte Album der Band um den Ex-SEX PISTOLS-Frontmann, der lange schon nicht mehr Johnny Rotten ist, noch für ein typisches Album aus der Kategorie „Strohfeuer-Reunion“ halten können, ist „What The World Needs Now ...“ der Beweis, dass dem mitnichten so war und ist.
Seit der Reunion 2009 ist die Bandbesetzung stabil, besteht aus Lydon (Gesang), Lu Edmonds (auch von 1986 bis ’88 in der Band; unter anderem THE DAMNED), Bruce Smith (auch ’86 bis ’90; sonst bei THE POP GROUP) und Scott Firth.
Letzterer ist der einzige „Neue“ in der Besetzung, die damit stabiler ist als viele andere in der Bandgeschichte, gerade in den Jahren 1978 bis 1986 rotierte das Besetzungskarussell ständig, erst dann hat Lydon ein stabiles Line-up gefunden.
Offenbar haben sich hier nun aber vier Musiker gefunden, die Band, so erzählt Lydon, fühlt sich nicht mehr ständig wie ein Kampf an: „Es ist fantastisch, wie wir arbeiten – und es hat fast 35 Jahre gebraucht, bis wir diese Ebene erreicht haben.
Ich dachte ja früher, in einer Band zu sein, das sei automatisch mit Gefühlen wie Hass, Verachtung, Streit und Uneinigkeit verbunden. Aber das stimmt ja gar nicht, wie ich später feststellen musste, ich hatte zu Beginn einfach nur das Pech, dass die Menschen um mich herum, nun, sagen wir ,netter‘ waren als ich.
Und das führt dann zu einer ganzen Reihe von Problemen. Mit PiL ist das anders, wir sind Freunde, wir kümmern uns umeinander, und ich denke, das merkt man der Musik an.“ In der Tat hat man das Gefühl, es mit einem sehr organischen, fließenden Album zu tun zu haben, das sich stilistisch völlig frei bewegt: Eindeutig sind das PiL, Lydons Stimme ist markant, seine von den SEX PISTOLS-Klassikern oder einem PiL-Hit wie „Rise“ bekannten Trademarks setzt er immer wieder ein, zwar sparsam, aber sie sind da.
Und dann ist da der markante Bass – wenn auch lange schon nicht mehr von Lydons altem Mitverschwörer Jah Wobble gespielt – und dieser spezielle PiL-Groove treibt etwa „I’m not satisfied“ voran.
Mit erwähntem Opener, „Know now“, „Bettie Page“, „Spice of choice“ und „The one“ finden sich unter den elf Titeln gleich mehrere herausragende Unikate, und so muss man diesem Album zwar etwas Zeit und Aufmerksamkeit geben, dann aber entfaltet es sich zu voller Größe.
Und was den Albumtitel betrifft, so kann die damit gestellte rhetorische Frage laut Lydon jeder selbst beenden beziehungsweise beantworten. Seine Antwort ist aber eindeutig und dem in solchen Momenten doch noch gerne gepflegten Image als größter Krawallschachtel der Musikwelt entsprechend: „Ich denke, die Welt braucht einmal mehr ein ,Fuck off‘!“
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