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EIN SACK VOLL MURMELN

Vincent Bailly, Kris

Joseph Joffos Memoiren „Un sac de billes“ erschienen erstmals 1973, sind bislang schon zweimal verfilmt (1975 und 2017), in etliche Sprachen übersetzt und vielfach vertont worden. Auch gibt es mittlerweile diverse vereinfachte Versionen für den Französischunterricht und eine Ausgabe des französischen Reclam-Pendants Le Livre de Poche (die zwar etwas teurer, dafür aber schöner aufgemacht sind als die gelben Reclam-Schinken). Ein echter Klassiker der französischen Literatur also, den Bahoe Books da aufgespürt und erstmals ins Deutsche übersetzt hat. Mit dieser im französischen Original 2012 erschienenen und 2014 für den Eisner Award im Bereich Best Reality-Based Work nominierten Graphic Novel schließt sich der Kreis. Szenarist Kris und Zeichner Vincent Bailly lassen den 2018 verstorbenen Joffo von seiner zunächst unbeschwerten Kindheit in Paris erzählen, die mit der Besatzung durch die Nazis ein jähes Ende findet, zunächst in ersten Repressalien wie dem Tragen eines Judensterns und schließlich in einer langen und wechselhaften Flucht quer durch Frankreich bis nach Norditalien mündet. Dabei ist der Erzählstil oft überraschend humorvoll bis selbstironisch, ohne den Schrecken der Zeit gänzlich aus dem Fokus zu verlieren. Baillys skizzenhaft schwarz umrissene und detailliert pastellfarbig aquarellierte Zeichnungen verleihen der Geschichte eine zugleich düstere und doch hoffnungsvolle Atmosphäre. Sicherlich hinkt der Vergleich der Judenverfolgung während des Zweiten Weltkriegs mit aktuellen Flüchtlingsbewegungen, allerdings hilft die Lektüre dieses Buches durchaus dabei, das Gefühl des Verlusts einer sicheren Heimat nachvollziehen zu können.