DER MODERNE MAN

Unmodern

Der Bandname ist kein Tippfehler – Mann wird hier mit einem N geschrieben. Was man(n) natürlich weiß, wenn man mit dem gemeinhin als NDW bezeichneten Genre und seinen ursprünglichen Bands jenseits dessen, was die Musikindustrie in den frühen Achtzigern daraus machte, vertraut ist.

Nachdem Anfang 2009 die Doppel-CD „Drama, Spiel und Blut ... Das Archiv Teil 1“ erschienen war, auf der die EP „Umsturz im Kinderzimmer“ (1980), das erste Album „80 Tage auf See“ (1980), die Mini-Alben „Verstimmt“ (1981) und „Neues aus Hong Kong“ (1983), das „Spargel“-Tape sowie unveröffentlichte Live-Songs enthalten waren, erschien 2011 das „Unmodern“-Album von 1982 in Neuauflage.

Auf die Vinylneuauflage des Debüts „80 Tage auf See“ allerdings musste man bis zum vierzigsten Bandgeburtstag warten, den die Band am 29. Mai 2019 mit einem Auftritt im Hamburger Hafenklang beging.

Erschienen war „80 Tage auf See“ seinerzeit wie die anderen Platten auch auf No Fun Records, dem Hannoveraner Label für Punk und andere komische Musik, gegründet und betrieben von Hollow Skai.

Auch „Unmodern“ war in der Neuzeit ohne Vinylneuauflage geblieben, auf Sireena kam 2011 nur die CD, doch nun ist – wer will noch CDs? – endlich auch wieder Vinyl erhältlich, und das klingt ausgesprochen gut, inklusive der beiden Bonustracks von der 1981 erschienenen „Sandman“-7“.

1982 war der NDW-Wahnsinn schon voll angelaufen, die Majorlabels pumpten den Markt voll mit musikalischer Gülle, die vordergründig wie die Genrepioniere klangen, aber letztlich nur banal adaptierten.

Das bedeutete, so wird behauptet, letztlich auch das Aus für DER MODERNE MAN, die sich nach einer letzten 12“ – „Neues aus Hong Kong“ (1983) – 1984 auflösten. „Unmodern“ beweist noch mehr als der schon sehr komplexe Vorgänger, dass es Post-Punk nicht nur in UK gab, was seinerzeit auch von John Peel bemerkt worden war, der DER MODERNE MAN mehrfach spielte und die Band damit adelte.

GANG OF FOUR, PiL und Co. scheinen hier betreffend des Umgangs mit Rhythmus und Gitarrensounds Spuren hinterlassen zu haben, ähnlich wie bei FEHLFARBEN seinerzeit. Angedeutete Ska-Rhythmen schleichen sich ein, etwas KRAFTWERK („Blaue Matrosen“), funkige Rhythmen, sehr eingängige Elektro-Pop-Schemata, wie beim faszinierenden „Gurus & Geheimagenten“.

Hier hätte sehr viel mehr daraus werden können, ja bei dieser Vorgeschichte wundert es fast, dass Gitarrist Eckart Kurtz – hier: E.K.T. – heute mit den HAMBURG RAMÖNES fast schon konventionelle Musik macht, wie auch Bassist Jenzzz Gallmeyer später bei GIGANTOR.

Das Album ist eine absolute Perle deutscher Musikgeschichte, nicht unterzubewerten und dazu noch produktionstechnisch verblüffend gut. Kommt mit Textblatt.