Wie weit SUICIDE oder DEVO ihrer Zeit voraus waren, beweisen für mich Platten wie diese, die irgendwie mehr vom Geist des Punk transportiert als die tausendste Gitarrencombo. Punk heißt hier ungebremste Energie und Einfallsreichtum, aber anstatt mit Gitarren kommt das Ganze mit Gameboy/Amiga/C64-Sound daher (wo der Unterschied liegt, weiß ich leider nicht, da ich meine postpubertäre Zeit nur mit LucasArts-Spielen verbracht habe).
Die Kälte, die der Computer generierte Sound erzeugt, passt auch zu Vorbildern wie THROBBING GRISTLE, und man merkt, dass auch Dub, Disco, HipHop und früher Krautrock zu den Einflüssen von Jonathan Lukens gehören.
Es ist bewundernswert, wie er ganz allein mit piepsender, fiepsender Elektronik und seiner Stimme, die er mal aggressiv, mal lasziv einsetzt, feinen Amiga-Punk kreiert. Der Promozettel fragt schelmisch, mit welchen Bands, die Jonathan gar nicht kennt, RETCONNED wohl dieses Mal verglichen wird, und einen tollen Vergleich hab ich noch: packt man auf die beste deutsche Punkplatte - richtig: PYROLATOR (damit lehne ich mich jetzt ganz schön weit aus dem Fenster, oder?) - einfach geilen Discopop-Gesang hat man im Ergebnis womöglich so was wie RETCONNED.
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© by Ox-Fanzine - Ausgabe #71 April/Mai 2007 und Chris Wilpert