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TSUNAMI BOMB

The Spine That Binds

TSUNAMI BOMB starteten Ende der Neunziger Jahre als poppige Synthpunk-Formation und veröffentlichten mehrere EPs. Streitereien in der Band führten zum Ausstieg einiger Gründungsmitglieder. Die Band veränderte ihren Stil, wurde etwas aggressiver, das Keyboard fiel weg und Sängerin Emily Whitehurst (Agent M) – nicht von Anfang an dabei – wird aufgrund ihrer außergewöhnlichen Stimme zentrale Figur und Aushängeschild der Band.

Mit ihr kommt der kommerzielle Erfolg. Zwei sehr gute Alben auf Kung Fu Records und zahlreiche Touren lang geht das gut, dann zermürben das viele Reisen und ständige Besetzungswechsel die Band, man trennt sich im Streit.

Whitehurst gründet zunächst ACTION DESIGN, dann SURVIVAL GUIDE. Andere Ex-Mitglieder tummeln sich bei NOTHINGTON, LOVE EQUALS DEATH, arbeiten bei Alternative Tentacles oder hängen die Musik komplett an den Nagel.

2015 gibt es dann unverhofft ein Lebenszeichen. Die frühen EPs werden von Kung Fu als Album unter dem Titel „Trust No One“ wiederveröffentlicht. Bis 2019 tut sich jedoch nichts mehr. Nun kommt auf einmal dieses Album auf Jello Biafras Label Alternative Tentacles heraus – ohne Whitehurst und mit neuer Hauptsängerin.

Mit „The Spine That Binds“ kehren TSUNAMI BOMB zum Anfang ihrer Bandgeschichte zurück. Die Keyboards sind wieder da, Härte und Uptempo raus. Heraus kommt eine poppigere Version der MURDER CITY DEVILS beziehungsweise eine punkigere Version der EPOXIES.

Nach mehrmaligem Hören bin ich immer noch nicht sicher, ob ich das mutig oder traurig finden soll. Mutig deshalb, weil die Erwartungen der alten Fanbase eben nicht erfüllt werden und die Band zur Herzensangelegenheit gemacht wird.

Traurig deshalb, weil dieser Umstand vielleicht nur der Tatsache geschuldet ist, dass Whitehurst kein Interesse an einer Reunion hatte und dies die einzige Option war, mit den vorhandenen personellen Mitteln den etablierten Namen TSUNAMI BOMB in den Ring zu werfen.

Selbst in erstgenanntem Fall ist das Album streckenweise nur Standard. Drei potenzielle Hits („Tidal“, „Naysayers“, „Sinkhole“) werden in der ersten Hälfte des Albums verfeuert. Kates Stimme ist gut, aber nicht außergewöhnlich.

Das derzeit stattfindende kleine Wave-Revival könnte dem Album etwas Aufmerksamkeit bringen. Dafür steht das Keyboard aber zu wenig im Vordergrund und plätschert teilweise unentschlossen vor sich hin.

Dem durchschnittlichen Alternative Tentacles-Hörer könnte das alles etwas zu vorhersehbar sein, dem treu gebliebenen TSUNAMI BOMB-Anhänger zu seicht. Angesichts der hoch hängenden Messlatte wird „The Spine That Binds“ in seiner Durchschnittlichkeit kaum nachhaltigen Eindruck hinterlassen.

Aber das müssen Herzensangelegenheiten – sofern sie es sind – ja auch nicht immer.