Prog-Metal steht im Pressetext von COLD NIGHT FOR ALLIGATORS, und da denke ich mir: Okay, ich bin vielleicht nicht ganz die Zielgruppe, aber hören wir mal rein. Wenige Sekunden später komme ich zur nächsten Frage, die sich auch Minuten später nicht beantworten lässt: Wo ist der Metal? Hätte ich eine Genrebezeichnung schreiben müssen, hätte ich „The Hindsight Notes“ einfach Pop genannt, vielleicht Kuschel-Pop, um es genauer zu spezifizieren. Dann versuche ich mich mal an einer Rezension für Kuschel-Pop: Produziert ist das Ganze auf jeden Fall makellos. Da gibt es keine Ausreißer, wodurch das Album stilistisch wie qualitativ sehr homogen erscheint. Der Gesang ist auch ziemlich hervorstechend: Johan Pedersen beherrscht es wirklich gut, Emotionen mit seiner Stimme zu erzeugen und auszudrücken, das kommt sogar fast ein kleines bisschen MUSE-artig daher. An ein paar ganz wenigen Stellen wird sogar gescreamt, allerdings nur sehr punktuell und akzentuiert, nicht stildefinierend. Aber die Aussage der Band, alles zur Perfektion gebracht zu haben, trifft hier definitiv zu. Man hat sich nicht mit irgendwelchen Kompromissen zufrieden gegeben. So kann ich nichts Schlechtes über „The Hindsight Notes“ sagen. Ich verstehe bloß nicht, wieso das unter dem Banner harter Musik zu laufen scheint und entsprechend in (Metal-)Kreisen geteilt wird.
© by Fuze - Ausgabe #93 April/Mai 2022 und Jeannine Michèle Kock
© by Fuze - Ausgabe #92 Februar/März 2022 und Jenny Josefine Schulz