Finnland assoziiere ich spontan vor allem mit Aki Kaurismäki, LENINGRAD COWBOYS oder ELÄKELÄISET, aber da gibt es ebenfalls eher Würgereiz auslösende Formationen wie APOCALYPTICA, HIM oder NIGHTWISH, denn auch in dieser Region ist Metal ein großes Ding. Für die eher schrullige Seite von Finnland stehen TENHI, eine 1996 ursprünglich als Trio gestartete Neofolk-Band, deren Kern inzwischen das Multi-Instrumentalisten-Duo Tyko Saarikko und Ilmari Issakainen bildet. Die Liste der zusätzlich eingesetzten Musiker:innen auf den bisherigen Platten ist allerdings recht lang. Das letzte Album „Saivo“ erschien 2011, Album Nummer sechs, „Valkama“, folgt jetzt nach längerer Pause. Als Begründer von Neofolk gelten ja britische Bands wie DEATH IN JUNE oder CURRENT 93, die in einem Post-Punk- und Post-Industrial-Kontext entstanden. TENHI (das finnische Wort für Schamane) sind mit ihrem naturverbundenen Sound dagegen eher finnischer Folklore verpflichtet, was sich schon am beschwörenden, in der Landessprache vorgetragenen Gesang zeigt. Das Grundgerüst ist eher spartanischer Natur, was teilweise zu recht gleichförmigen Kompositionen führt, die TENHI aber immer wieder geschickt durch eine vielschichtige Instrumentierung aufbrechen, zum Teil gipfelt das dann in regelrecht bombastischen, auch ein wenig kitschigen Neoklassik-Arrangements. Überwiegend produzieren TENHI elegische, introvertierte Klänge, besitzen aber auch euphorischere, expressivere Momente, die ihr episches neues Album zu einer der aktuell schönsten Versuchungen in Sachen vertonter Melancholie und Düsternis machen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #169 August/September 2023 und Thomas Kerpen