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STERBEN

Gemeinhin tue ich mich mit deutschen Filmen eher schwer – zu kommerziell, zu doof, zu langweilig ... Das Schaffen von Matthias Glasner hatte es mir aber schon immer angetan, angefangen bei seinem ersten Kinofilm „Sexy Sadie“ (mit Jürgen Vogel als Serienmörder) von 1996, der bis heute unverständlicherweise nicht über ein Videorelease hinausgekommen ist. Mit „Der freie Wille“ (wieder mit Vogel in der Hauptrolle) war Glasner dann 2006 ein knapp dreistündiges, kompromissloses Meisterwerk über einen Vergewaltiger gelungen, der sich nach seiner Haftentlassung wieder versucht in die Gesellschaft einzufügen, aber dabei scheitert. Inzwischen ist Glasners neuer Film „Sterben“ (mit Corinna Harfouch und Lars Eidinger) auch auf DVD und Blu-ray erschienen, und es ist deutlich angenehmer, sich dieser strapaziösen Tour de Force zwischen absurder Komödie und verstörendem Familiendrama vor dem heimischen Bildschirm als im Kino auszusetzen. Glasner seziert in seinem autobiografisch gefärbten Film in fünf Kapiteln schonungslos eine völlig dysfunktionale Familie. Der Vater ist demenzkrank und stirbt im Laufe des Films, die Mutter ist nierenkrank, hat Krebs und beginnt langsam zu erblinden. Dem Sohn Tom, der als Dirigent in Berlin arbeitet, gesteht die todkranke Mutter schließlich, nachdem er das Begräbnis seines Vaters verpasst hatte, weil er mit dem gemieteten Elektroauto liegengeblieben war, dass sie ihn nie geliebt habe. Und dann gibt es noch die Tochter Ellen, eine schwere Alkoholikerin, die auch einem Buch von Bukowski entsprungen sein könnte. Glasner mutet dem Zuschauer in emotionaler Hinsicht viel zu in diesen drei Stunden. Aber auch, wenn man das Gefühl hat, dass man diesen Film nicht so schnell noch mal ansehen möchte, wäre man gerne noch länger Zeuge des inneren und äußeren Sterbens dieser kaputten Charaktere geworden.