Beschauliche Stille, ein Störgeräusch - dann Spannung, Atmosphäre. Nach einer Minute ist man beruhigt, weil man das bekommt, was man von SOMETREE gewohnt ist, was so typisch ist für den Vierer, der sich im Laufe der Jahre seine ganz eigene Klangwelt geschaffen hat.
Diese besteht aus Bass und Gitarren, die Wände malen, einem Schlagzeug, das Teppiche auslegt, und dem Gesang, der zurückhaltend kleine Details zum Inventar des Hauses SOMETREE hinzufügt. Die Songs sind nur scheinbar träge, in Wirklichkeit brodelt es tückisch unter der Oberfläche, und manchmal bricht es mit Urgewalt hervor, wie etwa beim Titelsong, nur um sich sofort wieder auf die Lauer zu legen.
Ob laut oder leise, immer geschieht alles ganz selbstverständlich. Man sieht den konzentrierten Blick der Musiker beim Spielen vor seinem geistigen Auge, hört das Brummen von Verstärkern, Räuspern oder das Knarren von Holzdielen vor dem geistigen Ohr.
Atmosphäre eben. Oben schrieb ich, man bekomme, was man gewohnt sei. Das stimmt nicht ganz. "Bending The Willow" ist besser als alles, was SOMETREE je gemacht haben. Die Bläser kannten wir schon, das Klavier noch nicht, jedenfalls nicht in dieser Form.
Ansonsten ist von allem, was man kannte, ein wenig mehr da: mehr Dichte, mehr Brodeln, mehr Enthusiasmus. Da stellt sich auf einmal nicht mehr die Frage, warum die Band drei Jahre gebraucht hat, um einen Nachfolger zu "Moleskine" fertig zu stellen.
Und vielleicht hat ja auch der Umzug ins große Berlin etwas zum kreativen Wachstum beigetragen - beziehungsweise umgekehrt, denn nach Berlin, wo es vergeudete Schaffenskraft im Überfluss gibt, dahin zieht man wohl nur, wenn man gefestigt und sich seiner Sache sicher ist.
Ich gebe zu: Manches in dieser Rezension ist arg dick aufgetragen, aber das passiert mir auch nur bei Alben wie diesen. Was poetisch mitreißend daherkommt, das soll auch so beschrieben werden.
Und deshalb werde ich auch weiterhin bei Konzerten vorne stehen, die Faust vor Wonne in die Luft reißen und "Ja, ja, ja" gegen die Lärmwand brüllen. Vor allen Dingen aber werde ich hoffen, dass sich die Vier niemals streiten und getrennte Wege gehen, damit sie immer das tun, was sie hier tun.
(51:42) (9)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #54 März/April/Mai 2004 und Christian Meiners
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #66 Juni/Juli 2006 und Christian Meiners
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #68 Oktober/November 2006 und Christian Meiners
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #65 April/Mai 2006 und Thomas Eberhardt
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #52 September/Oktober/November 2003 und Christian Meiners
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #42 März/April/Mai 2001 und Jan Schwarzkamp
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #86 Oktober/November 2009 und Christian Meiners