SOMETREE

Foto

Haben ihr Herz an die Musik verkauft

Gestatten: SOMETREE. Alex, Bernd, Sebastian und Björn aus Hannover sind schon seit Mitte der 90er zusammen als Band aktiv, haben mit „Moleskine“ Ende 2003 bereits ihr drittes Album veröffentlicht und im Herbst letzten Jahres eine ausgedehnte Deutschlandtour hinter sich gebracht. Die Band kommt sogar noch vor der Freundin, trotzdem wird ihnen leider immer noch nicht die verdiente Anerkennung und Aufmerksamkeit zuteil, die manche weniger begabten Kapelle in weitaus kürzerer Zeit bekommt. Das neue Werk sollte Abhilfe schaffen, wenn es denn noch Leute gibt, die gute und originelle Popmusik zu schätzen wissen. „Moleskine“ bietet wunderbare Klangwelten zwischen Stille und Lärm, hat im Vergleich zu den Vorgängern ein wenig an Komplexität gespart, und sollte allen Kategorisierwütigen ein für alle mal klarmachen, dass nicht alles Emo ist, was emotional ist. Gitarrist Sebastian stand dem Ox am Rande von SOMETREEs Deutschlandtour Rede und Antwort.

„Moleskine“ ist der Name eines schön aufgemachten und geschichtsträchtigen Notizbuchs, das ja schon Van Gogh besessen haben soll. Welche Verbindung gibt es zwischen der Musik auf eurem Album und dem Buch?


„Also, in erster Linie tragen sie denselben Namen. Da wir erst auf die Idee gekommen sind, das Album so zu nennen, nachdem die Musik schon fertig war, hat er mit der Musik im speziellen nicht allzu viel zu tun. Wir dachten unter anderem, dass es schöne Assoziationen eröffnet, wenn man ein ‚Moleskine‘ kennt. Und wenn man es nicht kennt, dann ist es nur ein Wort, was dann erst durch die Musik Bedeutung erhält.“

Habt ihr auch mal an eine, dem Titel angemessene Aufmachung des Albums gedacht?

„Ja, haben wir. Es gab eine Alternatividee zu der jetzigen, aber da wir ja auch noch ein Label haben, mit dem wir das zusammen machen, war es einfach so, dass deren Vorstellungen und unsere etwas auseinander gingen. Es musste ein Kompromiss her, und der sah halt so aus, wie er jetzt aussieht. Aber über die reguläre Version hinaus gibt es ja noch eine limitierte Version, die in ihrer Aufmachung dem Titel sehr nah kommt.“

Eure Alben werden in Deutschland auf Make My Day, aber auch auf Magic Bullet Records in den USA veröffentlicht. Wie kam es dazu?

„Der Weg in die Staaten war recht umständlich. Unser damaliges deutsches Label bei der ersten Platte, SNC-Empire, hat regelmäßig Platten mit einem anderen Label und Vertrieb in England getauscht. Dieses Label hat wiederum Platten mit Magic Bullet Records in den Staaten getauscht. Da waren dann vor Jahren auch wir dabei. Brent hat uns eine Mail geschrieben und gefragt, ob er zuerst eine Single und dann die erste Platte in den Staaten rausbringen kann, und seitdem hat er fast alles, was wir hier rausgebracht haben, auch in den Staaten veröffentlicht. Auch ‚Moleskine‘ wird dort demnächst erscheinen.“

Zwischen „Sold Heart To The One“ und „Moleskine“ liegen einige Jahre. Wieso habt ihr euch so lange Zeit gelassen, was ist in der Zwischenzeit passiert?

„Aus unserer Sicht haben wir uns eigentlich nicht so viel Zeit gelassen. Man darf nicht vergessen, dass ‚Moleskine‘ ja schon seit Januar 2003 fertig war, es nur etwas gedauert hat, bis sie auch tatsächlich erschienen ist. Es gehört natürlich zu einer Platte dazu, dass man versucht, wenn sie neu raus ist, so viel wie möglich live zu spielen. Das haben wir nach ‚Sold Heart To The One‘ auch gemacht. Des weiteren haben wir zwischen den beiden Alben ja auch noch drei andere Songs aufgenommen, die auf unserer Split-CD mit AUBURN LANE drauf sind.“

Im Bandinfo heißt es, ihr hättet in dieser Zeit euren Sound durchdiskutiert und euch neu erfunden. Wie sah das genau aus?

„Neu erfunden, das würde ich nicht sagen. Ich würde eher sagen, wir haben jeder für sich und dann gemeinsam festgestellt, dass dieses Album anders werden soll als ‚Sold Heart To The One‘. In vielerlei Hinsicht: Wir wollten einen wärmeren Sound insgesamt, und die Vertracktheit der Songs an sich sollte nicht mehr so explizit im Vordergrund stehen. ‚Durchdiskutieren‘ gibt‘s bei uns eigentlich nicht. Wir tauschen uns aus und probieren gemeinsam an allem rum. Irgendwann treffen wir uns musikalisch irgendwo, und wenn alle zufrieden sind, ist der Song fertig.“

Mir ist aufgefallen, dass die Songs häufig so klingen, als sei gar keine Gitarre dabei. Seid ihr überhaupt noch eine „Gitarrenband“?

„Natürlich sind wir noch eine Gitarrenband. Live ist das ganze immer noch sehr gitarrenlastig. In Bezug auf die Platte hast du da aber tendenziell Recht. Wie oben schon gesagt, die Vertracktheit sollte nicht mehr so im Vordergrund stehen, es ging und geht mehr um den Song als Gesamtheit, und so war es dann auch einfach mal angebracht, nicht überall noch einen Riff reinzuspielen. Mal abgesehen davon gibt es aber auf ‚Moleskine‘ nur einen einzigen Song, der ohne Gitarren auskommt.“

Ist musikalische Weiterentwicklung etwas, nach dem ihr strebt, das für euch wichtig ist?

„Ich glaube, das ist ein elementarer Bestandteil unserer Musik. Wir könnten uns alle nicht damit anfreunden, eine Platte im Prinzip zweimal aufzunehmen, sprich: Keinerlei Fortschritt in der Musik zu machen. Natürlich ist einmal für jeden von uns die individuelle musikalische Weiterentwicklung wichtig, aber dadurch haben wir noch keinen neuen Song, geschweige denn ein gutes neues Album zusammengestellt. Wichtiger war uns bei der Arbeit an ‚Moleskine‘, eine musikalische Weiterentwicklung zugunsten des Songs zu erzielen. Diese Weiterentwicklung kann somit auch bedeuten, dass zurückgeschraubt wird. Klängen ihren gebührenden Raum zu lassen kann manchmal sehr wichtig für einen Song sein.“

Wie ist eure Meinung zu der ganzen „Emo-Diskussion“, vor allem, weil man euch ständig einbezieht?

„Das ist ein leidiges Thema, aber insofern in Ordnung, da wir ja diesen Background haben. Und nicht zuletzt steht ja so was in der Art auch in unserer Biographie. Ich kann dazu eigentlich nur sagen, dass ich uns nicht mehr in der aktuellen Emo-Ecke sehe. Die Bands, die mittlerweile dort ‚gehandelt‘ werden, haben meiner Meinung nach recht wenig mit unseren neuen Platte zu tun. Darüber hinaus verstehe ich unter dem klassischen Emo etwas Anderes. Außerdem sind viele dieser Bands mittlerweile fast schon Kopien von Kopien.“