Vorhang auf für den zweiten Akt: Mr. Biafra und die drei Melvins sind zurück. Und mitgebracht haben sie eine Platte, die auf den ersten Blick nach Resteverwertung aussieht, nach dem ersten Hören aber etwaige Mitbewerber auf den Titel "Eine der zehn Besten des Jahres" ganz, ganz blass aussehen lässt.
Okay, "Sieg Howdy!" ist objektiv gesehen kein wirkliches Album, schon gar keines mit ausschließlich neuen Songs, aber es wirkt wie eines. Und das ist schon viel mehr, als die beliebige Ansammlung von Liedern, die einem Andere als Album verkaufen wollen.
Aber von vorne: "Sieg Howdy!" - alleine dieser geniale Titel muss erst mal übertroffen werden - beginnt eigentlich ganz profan mit dem über sieben Minuten langen Alice Cooper-Cover "Halo of flies" und einer Neuinterpretation von dem von der ersten JELLO BIAFRA & THE MELIVINS-Platte bekannten "The lighter side of terrorism", hier in einer über sieben Minuten langen Version.
Beiden Songs gemein ist ein leichter Hang zum Psychedelischen, oder, anders ausgedrückt, zum Melvinesken. Soll heißen, hier sind die MELVINS in ihrem Element, mehr Worte erübrigen sich dann wohl.
"Lessons in what not to become" und "Those dumb punk kids (will buy anything)" sind dann die ersten wirklich neuen Songs auf "Sieg Howdy". Musikalisch und textlich gewohnt grandios hätten sie stilistisch auch wunderbar auf "Never Breathe What You Can't See" gepasst, aber wenn eine Platte rund ist, ist sie nun mal rund und irgendwas bleibt dann halt auf der Strecke.
Das folgende "Kalifornia uber alles 21st Century" ist eine Liveaufnahme des bekannten DEAD KENNEDYS-Songs und textlich an den momentan dort amtierenden Gouverneur Schwarzenegger angepasst.
Für die beiden kurzen "Wholly bun bull" und "Voted off the island" gilt dasselbe wie für die oben erwähnten neuen Songs: Einfach nur großartig und das, obwohl es "nur" Überbleibsel der Aufnahmen zu "Never Breathe What You Can't See" sind.
Die letzten drei Tracks auf "Sieg Howdy" sind Remixe und obwohl so was normalerweise zum Ausschalten animiert, lohnt sich hier das Anhören. "Dawn of the locusts" wurde von DÄLEK absolut genial umgesetzt - die Bässe sind mal wieder unmenschlich - MINISTRYs Al Jourgensen hat sich "Enchanted thoughfist" sehr zurückhaltend, aber doch prägnant angenommen und auch "Caped crusader" in der Version des MELVINS-Schlagzeugers Dale Crover und des an der Produktion der Platte beteiligten Toshi Kasai überzeugt vollends.
Zehn Songs, zehn Volltreffer, zehn Punkte. Wie nicht anders erwartet. Und alle notorischen Nörgler und Super-Punks, die kürzlich naserümpfend die drei Deutschland-Auftritte JELLO BIAFRA & THE MELVINS' ignoriert oder sogar besucht und nicht goutiert haben, gehen sterben.
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© by Ox-Fanzine - Ausgabe #57 November 2004/Januar/Februar 2005 und Joachim Hiller
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #62 Oktober/November 2005 und André Bohnensack