PRIMAL SCREAM

Screamadelica

Als ich Anfang der Neunziger einen Freund in London besuchte, musste ich feststellen, dass der von seinem einst großen Freundeskreis von Hardcore-Fans der einzig verbliebene war – und immer noch straight edge.

Alle seine Freunde gingen auf Raves, feierten wilde Partys und warfen sich verschiedenste Drogen ein. Punk und Hardcore waren out, selbst Hausbesetzer und sonstwie politisierte Menschen waren scharenweise dem Hedonismus-Virus zum Opfer gefallen.

In jener Zeit, es war 1991, veröffentlichten auch PRIMAL SCREAM ihr Klassiker-Album „Screamadelica“, das kaum noch Ähnlichkeiten zu der Anfang der Achtziger in Glasgow gegründeten (Post-)Punk-Indie-Band erkennen ließ, die sie die Achtziger über gewesen waren, nachdem sich ihr Frontmann Bobby Gillespie statt für die weitere Ausübung des Drummer-Jobs bei THE JESUS AND MARY CHAIN für seine eigene Band entschieden hatte.

Dance, House, Techno, Acid waren die neuen Schlagworte, Gillespie und Co. fanden nichts Schlimmes daran, sich das Hirn mit Heroin und anderen Verliererdrogen zu zerbröseln, doch im Gegensatz zu vielen anderen Nightlife-Wracks schafften sie es irgendwie, diese Erfahrungen in ein Album zu kanalisieren, das bis heute als ihr Meisterwerk gilt in seiner Verbindung von House, Psychedelic und Indierock.

Zum 20. Jahrestag des „Screamadelica“-Releases wurde das Album nun neu aufgelegt, mit der „Dixie Narco“-EP als Bonus, und man kann sich überlegen, ob man einfach nur zwei, drei Bier dazu genießt oder versucht, sich mittels illegalisierter Substanzen dem mentalen Zustand zu nähern, in dem sich Band wie Fans seinerzeit befanden.

Immerhin: Gillespie und Band sind immer noch aktiv, wobei Ersterer bis in die jüngere Vergangenheit durch idiotische Aktionen und Aussagen von sich reden macht. Den popkulturellen Wert dieses Albums mindert das nicht.