Beruhigt euch, TAUSEND AUGEN mögen vom Erotikfilm aus den Achtziger Jahren inspiriert worden sein, aber ihr zweites Album „Schock“ hat damit nichts zu tun. Der Noise-Krautrock-Mix klingt eher wie eine gut abgestimmte Version von ODD COUPLE und KRAFTWERK. Also durchaus hypnotisch und betörend, aber eben auf ganz andere Art und Weise. Der versprochene Schock kommt weniger brachial, hat eher die Wirkung eines starren Blicks auf ein Pendulum. Auch wenn TAUSEND AUGEN die Kompositionen unterschiedlich gestalten, verliert man irgendwann den Halt, lässt sich vom wabernden Takt ohne Zeitgefühl treiben. Moment mal, doch irgendwie erotisch? TAUSEND AUGEN verstehen Musik auf jeden Fall sehr ursprünglich, legen Wert auf Rauschhaftigkeit, weniger auf Trends und Knallbumm-Effekte. Nach und nach schälen sich besondere Momente heraus, die auch körperliche Reaktionen provozieren. Die gut abgewogene Gesellschaftskritik fällt erst beim zweiten Hinhören auf. Akzentuierte Beobachtungen zu Überwachung, Diskrepanz zwischen Land und Stadt und dem sturen Festhalten am Gestern („Der alte Mann“) schmuggelt die Band ganz geschickt mit. Bezieht sich der Schock am Ende auf den Status quo dieser Welt, kommt er deshalb langsam, aber sicher? „Schock“ von TAUSEND AUGEN klingt am besten über Kopfhörer, was auch mit dem notwendigen Abschalten der Außenwelt zusammenhängt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #153 Dezember/Januar 2020 und Wolfram Hanke
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #170 Oktober/November 2023 und Nadine Schmidt
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #169 August/September 2023 und Nadine Schmidt
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #152 Oktober/November 2020 und Wolfram Hanke