Kaum ein Gitarrist der australischen Post-Punk Ära spielte den Punk-Blues so existenziell und aufwühlend wie Rowland S. Howard. Er beeinflusste Legionen von Bands – Howard gilt als Entdecker der DEVASTATIONS –, ohne selbst kommerziell erfolgreich gewesen zu sein, war aber immer mit einem dunklen ikonenhaften Status versehen, was durchaus auch seiner Gesamterscheinung geschuldet war: ein dürrer und oft etwas distanziert (oder abwesend) wirkender Mann, stets mit Zigarette im Mundwinkel, der seine stoische Antihaltung nicht wie Nick Cave durch explosive Ausbrüche lebte, sondern durch seine sinistere Mimik und die in sich kauernde Körperhaltung.
Howard verstarb im Dezember 2009 im Alter von nur fünfzig Jahren an Leberkrebs in Melbourne. „Teenage Snuff Film“ ist sein erstes Soloalbum von 1999, entstanden unter Mitwirkung von Brian Hopper (BEASTS OF BOURBON) sowie Mick Harvey (THE BIRTHDAY PARTY, NICK CAVE AND THE BAD SEEDS) und enthält neben acht eigenen Songs ein Cover von „White wedding“ von Billy Idol und „She cried“ von den THE SHANGRI-LAS, von denen er ein großer Fan war.
Wo Cave in der Rolle aufging, die er darstellte, schwang bei Howard so etwas wie distinguierte Distanzierung mit. Howard besaß den Tonfall dessen, der von der eigenen Verzweiflung gelangweilt manchmal geradezu lakonisch belustigt erschien.
Und mit dem dramaturgischen Gespür eines musikalischen Genies stellte er diesen Tonfall in einen Rahmen ständiger Klangeruptionen. Das Melancholisch-Düstere, die von schrillen Akkorden aufgebrochene Oberfläche, die verschleppten, manchmal trancehaft gesetzten Einwürfe machen den Sound aus.
In einem seiner letzten Interviews in der australischen Zeitung The Age kommentierte Howard die Frage, was es ihm bedeuten würde, heute zu den einflussreichsten australischen Gitarristen zu zählen, dass es ihm nicht so sehr um den musikalischen Einfluss an sich geht, sondern mehr um die persönliche Authentizität eines Musikers: „I think that the most important thing about music should be that it expresses some kind of humanity and it should express the personality of the person who is playing it“.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #89 April/Mai 2010 und Markus Kolodziej
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