Bei der RED RIDING TRILOGY handelt es sich um drei für Channel 4 produzierte Filme, die weit über das hinaus gehen, was man etwa hierzulande von Fernsehproduktionen gewohnt ist, sowohl visuell als auch hinsichtlich der Drastik des Themas.
Basierend auf den Büchern 1974, 1977, 1980 und 1983 von David Peace, denen als Hintergrund die Morde des so genannten „Yorkshire Rippers“ Peter William Sutcliffe dienten, die sich in Peaces Heimat West Yorkshire zugetragen hatten.
Da beginnen allerdings schon die Probleme, denn aus vier Büchern wurden drei nicht übermäßig lange Filme, da den Machern angeblich das Geld ausging, weshalb 1977 irgendwie in die anderen Teile der Mini-Serie integriert werden musste.
Eine komplexe, düstere, recht verstörende und fesselnde Angelegenheit, gedreht von drei verschiedenen Regisseuren – Julian Jarrold, James Marsh und Anand Tucker –, die RED RIDING durchweg einen schmuddelig braunen Neo-Noir-Look verpassten.
Ähnlich unfreundlich gestaltet sich auch der inhaltliche Teil, bei dem die Suche nach dem „Yorkshire Ripper“ ein weitreichendes Geflecht von Korruption bei der Polizei freilegt – im Schulterschluss mit Presse, Wirtschaft und Politik –, die offenbar versucht, dem Serienkiller noch andere, von ihm gar nicht begangene Morde in die Schuhe zu schieben, um ihre eigenen, niederträchtigen Interessen zu schützen.
Die jeweiligen drei „Helden“ der Filme sind allerdings auch keine Lichtgestalten: So ist es in 1974 ein zynischer junger Journalist namens Eddie Dunford, der wahnhaft-religiös motivierten Kindermorden auf der Spur ist, was in einem blutigen Amoklauf gipfelt.
Den soll der externe Ermittler Peter Hunter in 1980 endlich mal zufrieden stellend aufklären, stößt dabei auf erhebliche Widerstände bei seinen Kollegen. Und in 1983 muss dann ein verschwitzter, fetter Anwalt, dessen Vater offenbar auch in den Fall verwickelt war, endlich mal Licht ins Dunkel bringen und die ganzen losen Handlungsstränge miteinander verbinden.
Genau das gelingt den drei Filmen allerdings nur bedingt und so ist man ehrlich gesagt nach fünf Stunden immer noch genauso verwirrt wie zu Beginn. Das liegt aber nicht unbedingt an einem selbst, denn das Drehbuch lässt manchmal die nötige Tiefe vermissen und man könnte fast von „style over substance“ sprechen.
Die Schauspieler sind allerdings durchweg erstklassig – darunter als bekanntestes Gesicht Sean Bean –, die Atmosphäre stimmig, die Gewalt drastisch und dennoch wirkt dieser Blick in menschliche Abgründe manchmal etwas oberflächlich – auch wenn das grundsätzliche Vertrauen in die Polizei als Freund und Helfer durch RED RIDING empfindlich erschüttert werden dürfte (Peter Hunter: „So when someone kicks down your front door, kills the dog and rapes the wife, who you gonna call?“ - Martin Laws: „Well it certainly wouldn’t be the West Yorkshire Police – they’d already be in there, wouldn’t they.“).
Definitiv sehenswert und alles andere als langweilig, aber offenbar muss man doch wieder zum Buch greifen, um die Lücken zu schließen, die RED RIDING bei der Vereinfachung von Peaces Romanen verursacht hat, deren Subversivität dennoch gut erhalten blieb.
RED RIDING ist eine nachdenklich stimmende Reise zu einem dunklen Ort, an dem das Böse regiert, und dennoch hat man am Ende das Gefühl, eine üppige Mahlzeit zu sich genommen zu haben, die einen nicht richtig satt gemacht hat.
Der englischen Tonspur kann man in diesem Fall wirklich nur mit Untertiteln folgen, da ist zu viel Slang im Spiel, wobei die deutschen Synchros durchaus solide sind, auch wenn mich 1974 in dieser Hinsicht nicht völlig überzeugen konnte.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #90 Juni/Juli 2010 und Thomas Kerpen