Die e-m-s hatte uns vor kurzem schon einmal mit einer DVD von Russell Mulcahys Regiedebüt RAZORBACK von 1984 beglückt (vorher drehte der Mann Videoclips, sein erster war „Video killed the radio star“ von den Buggles), die war allerdings wie alle bisherigen deutschen Fassungen geschnitten.
Jetzt hat man aber direkt alles richtig gemacht – sieht man mal von den fehlenden deutschen Untertiteln ab – und präsentiert den Film als Special Edition mit einer zusätzlichen Disc, auf der sich ein langes Making Of befindet, ebenso wie die vier Gore-Szenen, die für die damalige Kinofassung in allen Versionen weltweit entschärft wurden und bisher nur auf der australischen DVD als deleted Scenes zu finden waren.
Ansonsten wird RAZORBACK gerne mal als JAWS mit Stoßzähnen bezeichnet, denn hier treibt ein wildgewordenes Riesenwildschwein im Hinterland Australiens sein Unwesen. Die meisten Tierhorrorfilme, die sich irgendwie an den Erfolg von JAWS hängen wollten, konnten in dieser Hinsicht kaum punkten (siehe auch der öde GRIZZLY von 1976), aber Mulcahy gelingt mit MAD MAX-Atmosphäre (kein Wunder, war hier doch MAD MAX 2-Kameramann Dean Semler beteiligt), TEXAS CHAINSAW MASSACRE-Weirdness und Videoclip-Ästhetik zumindest ein visuell dichter, teils sogar recht surrealer Film, der darüber hinwegsehen lässt, dass RAZORBACK nicht unbedingt der beste Horrorfilm aller Zeiten ist und mit der gewohnt dürftigen Handlung aufwartet.
Darin versucht ein Amerikaner das Verschwinden seiner Frau aufzuklären, eine Journalistin, die in Australien auf der Spur von Wilderern war, die es auf Kängurus abgesehen haben. Sieht man mal von diesem dezent kritischen Aspekt ab, geht es letztendlich wie in JAWS auch nur darum, wie das Riesenwildschwein zur Strecke gebracht wird, was Mulcahy spannend und stilistisch gelungen auf die Leinwand bringt, kaum ein Film dieser Art besitzt wohl so eine exquisite Ästhetik.
Die Musik dazu schrieb übrigens der damalige Icehouse-Sänger und Kopf Iva Davies. Zwei Jahre später drehte Mulcahy dann HIGHLANDER und danach kann man sich von seiner Filmografie auch schon wieder verabschieden – zumindest haben nicht viele Leute so ein gelungenes Regiedebüt vorzuweisen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #71 April/Mai 2007 und Thomas Kerpen