RAMONES

It’s Alive

Live-Platten braucht kein Mensch. 99,9% aller Konzertmitschnitte sind überflüssige Geldmacherei, niemand will seine Lieblingssongs in komischer Live-Version hören, irgendwas stimmt immer nicht: der Sound, die Gitarre, der Gesang ...

Die wirklich gelungenen Live-Alben der Rockmusikgeschichte kann man an zwei Händen abzählen, und ganz oben in dieser Liste steht „It’s Alive“ von den RAMONES, der 1979 als Doppel-LP veröffentlichte Mitschnitt des Konzertes am 31.12.1977 im Londoner Rainbow Theatre.

Hat man die vier Seiten durchgehört, hat man 28 der besten, wichtigsten und relevantesten RAMONES-Songs in mitreißender, die Band in Höchstform präsentierender Form gehört. Johnny, Joey, Dee Dee und Tommy gaben zum Abschluss jenes Jahres, das als Synonym für den Beginn von Punkrock gilt, ein Konzert in London, dessen Mitschnitt, wie es heißt, ausgewählt wurde, weil die Stimmung hier am besten gewesen sein soll – zum Schluss zerlegten ausrastende Fans Teile der Bestuhlung.

Songs hatte die Band damals schon genug drauf, mit „Ramones“, „Leave Home“ und „Rocket To Russia“ hatten die New Yorker bereits drei Alben raus, während diverse englische Bands schon froh waren, überhaupt mal eine Single rausgebracht zu haben.

Dieses Album macht die Faszination nachvollziehbar, welche die RAMONES damals auf tausende verwirrte Teenager ausübte – diese rasend schnell gespielten Song-Miniaturen sind ein krasser Gegensatz zur selbstverliebten (Prog-)Rock-Geschniegeltheit, die bis dahin vorherrschte.

Für mich ist dieses Doppelalbum eine der besten Punk-Platten überhaupt, denn „It’s Alive“ hat festgehalten, was die RAMONES (und Punk) damals ausmachte: pure Energie, mitreißende Musik, aber mit großer Lässigkeit dargeboten.

Kritikwürdig ist die Reproduktion des Covers beziehungsweise der Fotos: Moiree-Effekte durch unsachgemäße Reproduktion sollte ein auf Rereleases spezialisiertes Label wie Music On Vinyl zu vermeiden wissen, zudem mangelt es den Bildern an Brillanz – ein direkter Vergleich zu meiner Version von Mitte der Achtziger offenbart das.