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JOHN CALE

POPtical Illusion

John Cale ist Jahrgang 1942, und nachdem er an seinem 81. Geburtstag am 9. März 2023 sein 17. Soloalbum veröffentlicht hatte, legt er nun fast binnen Jahresfrist mit „POPtical Illusion“ sein 18. vor. Faszinierend daran finde ich den alterslosen Gesang: diese sanfte, markante Stimme verehre ich, seit ich „Caribbean Sunset“ von 1984 und „Artificial Intelligence“ (1985) entdeckt hatte. Als Punk war ich damals auf VELVET UNDERGROUND gestoßen, jene Bandlegende, mit der Cale zusammen mit Lou Reed, Moe Tucker und Sterling Morrison (und Nico) Ende der 1960er Musikgeschichte geschrieben hatte. Zusammen mit seiner musikalischen Partnerin Nita Scott entstand in Folge von „Mercy“ ein weiteres Album, das mit 13 Songs und über einer Stunde Spielzeit recht lang geraten ist und bei dem Cale die meisten Instrumente selbst spielte. Insgesamt hatte er im Vorfeld des Albums achtzig Songs skizziert, das hier ist das konzentrierte Ergebnis – und man muss es nehmen, wie es hier zu hören ist, wie die Texte im Booklet nachzulesen sind, denn: „John Cale steht nicht für Interviews zur Verfügung.“ Irgendwie konsequent: Er hat hat hier ja viel aufgeschrieben, Sätze wie „Seeing mankind is ohh not so kind [...] We tear it all apart / Justice, rage, fear is man’s best friend / Can you see the light through the rain / Take me to the edge of reason“ (aus „Edge of reason“) oder „I’m angry and alone / I can’t stop it, stop it all night long“ (aus „I’m angry“). Cale ist offensichtlich noch nicht fertig mit der Welt, sein Beitrag zur kontemporären Musik ist immer noch relevant, und das nach über sechzig Jahren im Geschäft. Andere machen da Platten, die wirken so alt, wie sie sind, doch dieses dezent instrumentierte Album wirkt so unique und speziell, dass man es nur als zeitlos bezeichnen kann.