KOTZREIZ

Nüchtern unerträglich

Manchmal THE CURE oder NEW ORDER, aber größtenteils THE SMITHS – das Berliner Punkertrio KOTZREIZ ist wieder da und geht auf „Nüchtern unerträglich“ seine musikalische Sozialisation durch. Von Street-, Deutsch- und was weiß ich noch für Punk wusste man, Post-Punk und NDW hatte man geahnt. Was schwarz gekleidete „schlecht gelaunte Vorstadtkids“ eben so hör(t)en. Verdichtet auf knappe 24 Minuten fällt auf, wie viel hier durcheinander geworfen wird, der flott runtergeschrubbte, rotzig gesungene Punk-Song steht trotzdem im Vordergrund. Wie der Titeltrack, dessen Refrain die ganze Punkerromantik mit der Feststellung summiert, „dass die Welt kein Sinn ergibt“, um in der nächsten Zeile dann „Shalala“ und Saufen anzubieten. Auch „Punkboys don’t cry“ favorisiert diesen Problemlösungsersatz, und man weiß nicht, wie man für den verbliebenen Punk an der Bar fühlen soll, wenn er wem nachtrauert, der halt jetzt was anderes macht. KOTZREIZ wollen keine Antworten liefern, sondern sich abreagieren und unterhalten, gerne auch mit Quatschtexten wie dem von „Eiskalte Ohren“. Oder mit der unbeholfenen Lovestory des NDW-Flashbacks „Toilettenstern“. Gerade deshalb kann eine einzelne Zeile über auf hoher See sterbende Menschen verstörender wirken als die nächsten drei, vier einschlägigen Songs anderer Bands. Punk bleibt eben Punk, shalalalala.