Der 1955 in Mülheim an der Ruhr geborene Multiinstrumentalist, Schriftsteller, Komiker und Schauspieler Helge Schneider ist ein echtes Phänomen und dürfte inzwischen in den meisten Bereichen der deutschen Kulturlandschaft seinen Spuren hinterlassen haben.
Bevor er Anfang der Neunziger bundesweit Bekanntheit erlangte (Wer kennt seinen Song „Katzeklo“ nicht?), dürfte sein Kultstatus aufs Ruhrgebiet beschränkt gewesen sein. Wer dort in den Achtzigern lebte, stolperte fast schon unweigerlich über „Die singende Herrentorte“ Schneider, der sich eine Zeitlang in einem Steeler Café einfand, um dort als ernsthafter Jazz-Musiker aufzutreten.
Das war aber nicht unbedingt das, was die Leute von ihm sehen wollten, denn sein eigentliches Bühnenprogramm war geprägt von einer Mischung aus schräger Komik und der Präsentation seiner beeindruckenden musikalischen Fähigkeiten, was er bereits 1986 in Werner Nekes’ Film „Johnny Flash“ kultivieren konnte.
Berühmt-berüchtigt waren und sind auch Schneiders Auftritte in Talk-Shows, denn Interview-Versuche scheitern meist daran, dass der seine Bühnenpersönlichkeit selten ablegt und mit entwaffnendem, teils brilliantem Klamauk seine Gesprächspartner in den Wahnsinn treibt.
Persönliches gibt Schneider so gut wie nie preis. Ein Dokumentarfilm hätte also ein probates Mittel sein können, um endlich zu erfahren, wer dieser Helge Schneider eigentlich ist. Der Dokumentarfilmerin Andrea Roggon ergeht es bei ihrem Versuch, diesen zu entmystifizieren, aber nicht besser als ihren Vorgängern.
Doch in diesem sympathischen Scheitern steckt auch der große Reiz von „Mülheim Texas“, der sehr gelungen auf den Punkt bringt, was die Faszination an Schneider ausmacht, auch wenn Roggon das in dieser Form vielleicht gar nicht unbedingt geplant hatte.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #123 Dezember 2015/Januar 2016 und Thomas Kerpen